Aus trägen Stäbchen werden reaktive Häkchen: Zinkoxid reißt CO2 aus seiner Trägheit heraus
Aus chemischer Sicht ist Kohlendioxid – das wichtigste Treibhausgas – ein recht reaktionsträges Molekül. Entsprechend ist es nur schwer möglich, CO2-Moleküle aus der Atmosphäre zur Teilnahme an Reaktionen zu bewegen, bei denen Wertstoffe erzeugt werden.
Eine systematische Untersuchung der Wechselwirkung von Zinkoxid mit verschiedenen kleinen Molekülen überraschte nun die Forscher des Sonderforschungsbereiches 558 („Metall-Substrat-Wechselwirkungen in der heterogenen Katalyse“, Sprecher: Prof. Dr. Christof Wöll): Sie zeigte, dass Zinkoxid schon bei relativ niedrigen Temperaturen CO2 aktivieren kann. Auf der Oberfläche entsteht aus dem stäbchenförmigen, reaktionsträgen Kohlendioxid das stark gewinkelte Carbonat-Ion, das chemisch viel aktiver ist. Über ihr Ergebnis berichten die Forscher in der Zeitschrift Angewandte Chemie.
Theoretische Berechnungen helfen Ergebnisse zu deuten
Die durch eine Kombination verschiedener Techniken erzielten Ergebnisse zur Wechselwirkung von CO2 mit ZnO waren zunächst unverständlich und erst durch eine enge Zusammenarbeit mit den Kollegen aus der Theoretischen Chemie zu deuten, die Reaktionen im Computer ablaufen lassen und detailliert untersuchen können. „Besonders interessant ist die Art und Weise, wie die Aktivierung des Kohlendioxids stattfindet“, berichtet Prof. Wöll. „Es handelt sich hier nicht um eine Reaktion an Defekten, also an Lücken im Kristallgitter – den Reaktionsmechanismus, der momentan von Fachleuten in diesem Gebiet am wahrscheinlichsten gehalten wird – sondern um eine Anlagerung an perfekte, ungestörte Bereiche einer Zinkoxidoberfläche.“ Diese spezielle Orientierung wurde bislang als eher reaktionsträge angesehen und nicht als Kandidat für interessante chemische Prozesse betrachtet.
Schlüssel passt genau ins Schloss
Die theoretischen Rechnungen zeigen, dass die Aktivierung auf dieser Oberfläche auf ein Schlüssel-Schloss-Prinzip zurückzuführen ist: Das gewinkelte CO2 passt genau in die Oberflächenstruktur der speziellen Zinkoxidoberfläche; deswegen ist eine Aktivierung dieses in der Gasphase linearen Moleküls schon bei relativ niedrigen Temperaturen möglich. „Von wesentlicher Bedeutung dabei ist, dass die Oberfläche nicht dicht mit diesen Carbonaten belegt ist, sondern dass genug Platz bleibt, um jeweils zwischen zwei Carbonaten noch ein weiteres Molekül zu adsorbieren“, erklärt Prof. Wöll. Damit eröffnet sich eine neue Möglichkeit, aus aktiviertem CO2 durch Reaktion mit anderen Molekülen auf chemischem Wege Produkte zu erzeugen, die entweder anderweitig verwendet oder kostengünstig gelagert werden können.
Anwendung von Zinkoxid: Von Malerei bis Sonnenschutz
Zinkoxid ist ein vergleichsweise billiges Material, das vielseitig eingesetzt wird. Die Anwendungen reichen von der Malerei (Zinkweiß) bis zum Sonnenschutz. In der Chemie wird dieses Oxid neben der Reifenherstellung vor allem als Katalysator eingesetzt. Die Rolle, die Zinkoxid bei der Synthese von Methanol – der drittwichtigsten Chemikalie weltweit – spielt, ist Gegenstand der Forschungsarbeiten im SFB 558 (www.sfb558.de).
Titelaufnahme
Yuemin Wang, Roman Ková?ik, Bernd Meyer, Konstantinos Kotsis, Dorothee Stodt, Volker Staemmler, Hengshan Qiu, Franziska Traeger, Deler Langenberg, Martin Muhler und Christof Wöll: CO2-Aktivierung durch ZnO unter Bildung eines ungewöhnlichen tridentaten Oberflächencarbonats: Resultate einer kombinierten experimentellen und theoretischen Studie, In: Angew. Chem. 2007, 119, 5722-5725.
CO2 Activation by ZnO via Formation of an Unusual Tridentate Surface Carbonate, Angew. Chem. Int. Ed. 2007, 46, 5624-5627.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Christof Wöll, Lehrstuhl für Physikalische Chemie I, Fakultät für Chemie der Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, NC 5/ 74, Tel. 0234/32-25529, Fax: 0234/32-14182, E-Mail: woell@pc.ruhr-uni-bochum.de
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