Bild oder Spiegelbild?
Bild und Spiegelbild sind nicht immer leicht auseinander zu halten, wenn es sich um Moleküle handelt. Allerdings kann diese Chiralität genannte Eigenschaft von Molekülen den Unterschied zwischen einem Medikament und einem Gift ausmachen. Ein neuer Ansatz zur Unterscheidung ist die chirale Erkennung in der Gasphase.
Dabei werden mit Synchrotron-Strahlung aus einem Teilchenbeschleuniger Elektronen aus den Molekülen herausgeschossen und deren Ausbreitungsrichtungen analysiert. Deutsche Wissenschaftler legen jetzt in der Zeitschrift Angewandte Chemie dar, dass diese Unterscheidung auch mit einem kompakten Lasersystem gelingt.
Der Trick: Statt mit einem einzigen hochenergetischen Lichtteilchen wird das Molekül mit drei Laser-Photonen über Zwischenniveaus angeregt, bis es ein Elektron freisetzt (REMPI-Technik, Resonance-Enhanced-Multi-Photon-Ionization). „So können auch mit weniger energiereichem aber intensiverem Licht Elektronen herausgeschossen werden“, erklärt Thomas Baumert von der Universität Kassel.
Für die Messungen muss das Licht zirkular polarisiert sein. Was heißt das? „Gewöhnliches“ Licht besteht aus Wellen, die in allen Raumrichtungen senkrecht zur Ausbreitungsrichtung schwingen. Bei linear polarisiertem Licht schwingen die Lichtwellen nur in einer einzigen Ebene. Bei zirkular polarisiertem Licht schwingt die Lichtwelle wendelförmig, denn die Amplitude beschreibt einen Kreis um die Ausbreitungsachse – rechts oder links herum.
Moleküle in der Gasphase sind zufällig orientiert und werden daher in allen möglichen Winkeln vom Laser-Licht getroffen und die freigesetzten Elektronen fliegen in unterschiedlichsten Richtungen aus dem Molekül. Mithilfe spezieller Messanordnungen und Berechnungsverfahren ist das Team in der Lage, die Winkelverteilung ihrer Flugbahnen zu ermitteln. Im Falle von linear polarisiertem Licht ist diese Verteilung symmetrisch. „Werden die Elektronen mit zirkular polarisiertem Licht herausgeschossen, findet man jedoch eine deutliche Asymmetrie in Bezug auf den Laserstrahl, unter welchen Winkeln die freigesetzten Elektronen gefunden werden“, berichtet Baumert.
„Diese Asymmetrie ist spiegelbildlich, je nachdem ob links oder rechts zirkular polarisiertes Licht verwendet wurde, ein Effekt, der als Photoelektronen-Zirkulardichroismus bezeichnet wird. Den gleichen Effekt beobachten wir, wenn wir bei festgehaltener zirkularer Polarisation von der „rechtshändigen“ zur „linkshändigen“ Struktur des untersuchten chiralen Moleküls wechseln.“ Die Forscher konnten dies anhand der chiralen Verbindungen Campher und Fenchon demonstrieren.
„Dieser Zirkulardichroismus-Effekt wurde bisher nur mit Synchrotronstrahlung beobachtet. Unser Ansatz hingegen nutzt ein kompaktes Lasersystem, sodass die Methode nicht nur der Grundlagenforschung dienen, sondern, wegen der beachtlichen Größe der beobachteten Effekte, auch Einzug in die Analytik halten könnte“, so Baumert.
Angewandte Chemie: Presseinfo 09/2012
Autor: Thomas Baumert, Universität Kassel (Germany), http://www.physik.uni-kassel.de/de/484.html
Angewandte Chemie, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201109035
Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany
Media Contact
Weitere Informationen:
http://presse.angewandte.de/Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Zeit zum Auszug? Enthüllte Einblicke in die Brutpflege von Buntbarschen
Muschelbewohnende Buntbarsche kümmern sich intensiv um ihre Nachkommen, die sie in verlassenen Schneckenhäusern aufziehen. Ein Team des Max-Planck-Instituts für Biologische Intelligenz verwendete 3D-gedruckte Schneckenhäuser, um herauszufinden, was im Inneren passiert….
Intelligente Textilien: Innovative bequeme Wearable-Technologie
Forscher haben neue Wearable-Technologien demonstriert, die sowohl Strom aus menschlicher Bewegung erzeugen als auch den Komfort der Technologie für die Träger verbessern. Die Arbeit basiert auf einem fortgeschrittenen Verständnis von…
Stabilität bewahren – Studie zeigt, dass Golfstrom im Nordatlantik robust bleibt
Eine Studie der Universität Bern und der Woods Hole Oceanographic Institution in den USA kommt zu dem Schluss, dass die ozeanische Zirkulation im Nordatlantik, zu der auch der Golfstrom gehört,…