CO2-Speicherung im Ozean

Experiment zum Wachstum von Mikroalgen im Reinraum-Laborcontainer.
Foto: Tim Kalvelage

Wie Spurenelemente die CO2-Speicherung im Ozean verändern.

Eisen und Mangan beeinflussen das Algenwachstum und damit auch den Kohlenstoff-Transport im Südpolarmeer.

Der richtige Mix von Spurenelementen ist entscheidend für eine gesunde Ernährung. Diese Devise gilt auch für das Phytoplankton. Die winzigen Algen im Südpolarmeer haben als Kohlendioxid-Speicher maßgebliche Effekte auf das Weltklima. So zeigt eine neue Studie des AWI und der Uni Bremen einen interessanten Zusammenhang: Wenn das Phytoplankton gleichzeitig mehr Eisen und Mangan bekommt, verändert sich seine Lebensgemeinschaft. Die Algen können dann mehr CO2 binden und bilden mehr klebrige, kohlenstoffreiche Kolonien, die besser auf den Meeresgrund sinken. Dadurch holen sie den Kohlenstoff effizienter aus der Atmosphäre, berichtet das Forschungsteam im Fachjournal Current Biology.

Da das Südpolarmeer reich an Nährstoffen wie Nitrat und Phosphat ist, sollte man dort eigentlich auch ein üppiges Algenwachstum erwarten. Doch in den meisten Regionen gibt es erstaunlich wenig Phytoplankton. Schon länger ist bekannt, dass hinter dieser Wachstumsschwäche vor allem ein kräftiger Eisen-Mangel steckt, teilweise ist aber auch Mangan knapp. Ob das auch für das südliche Weddellmeer gilt, wusste bisher allerdings niemand. Nun aber haben Forschende des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) sowie der Universität Bremen nicht nur die Mengen beider Elemente in den abgelegenen und schwer erreichbaren Gewässern am 77. Breitengrad untersucht. Zum ersten Mal haben sie während der COSMUS-Expedition im Jahr 2021 auch getestet, welchen Einfluss beide Spurenmetalle auf die dortigen Algengemeinschaften haben.

Dabei hat sich herausgestellt, dass im Vergleich zu ihrer möglichen Photosynthese-Leistung die Algen im gesamten südlichen Weddellmeer erstaunlich schlecht wachsen und somit auch weniger Kohlenstoff zum Meeresgrund transportieren als eigentlich möglich wäre. Dieses Ergebnis passt zu der ebenfalls schlechten Versorgung mit Spurenelementen: „Tatsächlich haben wir überraschend geringe Konzentrationen von Eisen und Mangan gefunden“, berichtet Erst-Autorin Jenna Balaguer, deren Doktorarbeit von Scarlett Trimborn betreut und am AWI und der Universität Bremen durch das Schwerpunktprogramm Antarktisforschung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wurde. „Für manche Phytoplankter scheinen beide Substanzen sehr knapp zu sein, während andere nur Eisen benötigen.“ Und das hat offenbar weitreichende Folgen.

Diese wurden deutlich, als die Gruppe Meerwasser aus der Region in Behälter füllte und dann entweder Eisen oder Mangan oder beides dazugab. „Dabei hat sich gezeigt, dass die Eisenversorgung tatsächlich nicht der einzige entscheidende Faktor ist“, sagt AWI-Forscher und Studienmitautor Florian Koch. „Erst durch die Kombination von Eisen und Mangan konnten wir das Wachstum der Algen so richtig ankurbeln.“ Damit aber nicht genug: Da die einzelnen Arten durchaus unterschiedliche Ansprüche an die Versorgung mit Spurenelementen haben, veränderte sich mit den Zugaben auch die Zusammensetzung der Lebensgemeinschaft.

Das aber ist nicht nur ökologisch interessant, sondern hat auch weitreichende Konsequenzen für das Kohlenstoffbudget der Erde und damit für das Klimagleichgewicht. Denn das Phytoplankton hat einen wichtigen Einfluss auf den Kohlenstoff-Transport im Meer. Sobald die grünen Winzlinge per Photosynthese Energie gewinnen, setzen sie nämlich nicht nur große Mengen Sauerstoff frei. Gleichzeitig nehmen sie auch das Treibhausgas Kohlendioxid auf und bauen den darin enthaltenen Kohlenstoff in ihre Zellen ein. Wenn sie dann absterben und auf den Meeresgrund sinken, nehmen sie diesen Kohlenstoff mit. Statt in der Atmosphäre für weiter steigende Temperaturen zu sorgen, wird er durch diese biologische Pumpe also in die Tiefsee exportiert.

Gerade die Vorgänge im Untersuchungsgebiet der Studie sind in dieser Hinsicht besonders interessant. Immerhin geht etwa ein Viertel des insgesamt von den Organismen des Südpolarmeers aufgenommenen Kohlenstoffs auf das Konto des Phytoplanktons, das südlich des 55. bis 60. Breitengrades im Weddellmeer treibt. „Zum ersten Mal haben wir deshalb auch untersucht, wie der Eisen- und Mangan-Mangel dort den Kohlenstoff-Export beeinflusst“, sagt Jenna Balaguer.

Tatsächlich zeigen die Experimente, dass schon relativ kleine Veränderungen in der Artenzusammensetzung einen unerwartet großen Effekt auf diesen Prozess haben können. Denn je nach Größe, Form und sonstigen Eigenheiten sinken manche Zellen schneller und häufiger auf den Meeresgrund als andere. So führte die Zugabe von Spurenelementen zu einem starken Wachstum der Alge Phaeocystis antarctica. Diese gesellige Art bildete größere und mehr kohlenstoffreiche Kolonien, die dann zusammen mit den örtlichen Kieselalgen auch besonders gut absanken. Reicherte das Forschungsteam das Wasser nur mit Eisen an, verdoppelte sich dadurch das Export-Potential für Kohlenstoff. Eine Kombination von Eisen und Mangan ließ es um das Vierfache ansteigen.

Was aber bedeutet das für die Zukunft des Südpolarmeeres? Momentan lässt sich laut dem Studienteam nicht genau vorhersagen, welche Phytoplankton-Arten vom höheren CO2-Gehalt profitieren werden und wieviel mehr CO2 der Ozean dann aufnehmen kann als heute. Allerdings zeigt die Studie klar, dass ein zusätzlicher Eintrag von Eisen und Mangan durch Eisschmelze und Sedimente das Algenwachstum drastisch ankurbeln und die biologische Kohlenstoffpumpe auf Hochtouren arbeiten lassen könnte. Was der Klimawandel tatsächlich bewirken wird, lässt sich nur mithilfe von Modellen einigermaßen abschätzen. Und die sollten die neuen Erkenntnisse nun unbedingt integrieren, schließen die AWI-Forschenden, denn die Auswirkungen von Mangan auf die Kohlenstoffpumpe hatten die Modelle bisher nicht auf der Rechnung.

Originalveröffentlichung:

Jenna Balaguer et al. 2023. Iron and manganese availability drive primary production and carbon export in the Weddell Sea. Current Biology. DOI: https://dx.doi.org/10.2139/ssrn.4342993

Informationen für Redaktionen:

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