Die Kubanische Landschnecke ist „Weichtier des Jahres 2022“
Sie ist farbenfroh, lebt an Land und pflanzt sich mit ausgeklügelten Paarungsritualen fort: die Kubanische Landschnecke (Polymita picta) ist „Weichtier des Jahres 2022“. Nachdem der von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, dem LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik (TBG) und der weltweiten Gesellschaft für Molluskenforschung (Unitas Malacologica) initiierte Wettbewerb bereits in seiner ersten Runde 2021 auf großes Interesse gestoßen war, erfolgte auch in diesem Jahr der Aufruf an Wissenschaftler*innen und Laien, Weichtiere zu nominieren. Anschließend konnten alle Interessierten online ihre Stimme für eine der fünf Finalisten-Arten abgeben.
Mit im Rennen um den Titel „Weichtier des Jahres 2022“ waren zuletzt drei Schneckenarten, eine Muschelart und ein Kahnfüßer. Die Jury aus Forscher*innen der den Wettbewerb ausrichtenden Institutionen hatte sie aus knapp 50 Nominierungen ausgewählt. Von den insgesamt 16.388 eingegangenen Stimmen erhielt die Kubanische Landschnecke mit großem Vorsprung die meisten Stimmen – sie wurde von 10.092 Teilnehmer*innen gewählt. Als „Lohn“ für ihren Gewinn wird nun über das LOEWE-Zentrum TBG ihr gesamtes Genom entschlüsselt.
Die zwei bis drei Zentimeter große Kubanische Landschnecke ist für die farbenfrohen Variationen ihres Gehäuses bekannt. Zudem verfügt sie über einen rätselhaften „Liebespfeil“ – einen Kalkpfeil, mit dem Paarungspartner gestochen werden, um Sexualhormone zu übertragen. Die Schnecken sind gleichzeitig männlich und weiblich, ohne sich selbst befruchten zu können, und pflanzen sich in der Regenzeit fort. Sie werden etwa ein bis zwei Jahre alt. Die Kubanische Landschnecke kommt nur entlang eines schmalen Küstenstreifens im Osten Kubas vor. Dort besiedelt sie jedoch eine große Bandbreite an Lebensräumen, von extrem trockenen Standorten bis hin zu Regenwäldern. Sie ernährt sich von Moos und Flechten auf Baumrinden. Auf diese Weise trägt sie dazu bei, Bäume gesund zu halten, und unterstützt damit die lokale Landwirtschaft. Aufgrund von Lebensraumverlust und Wilderei gilt sie als vom Aussterben bedroht.
„Wir freuen uns, dass mit der Kubanischen Landschnecke eine sehr interessante Weichtier-Art ausgewählt wurde. Ihr Genom wird uns wichtige Informationen über die genetische Grundlage der Farbvariationen ihres Gehäuses liefern können“, ist sich Jurymitglied Dr. Carola Greve, Laborleiterin am LOEWE-Zentrum TBG, sicher. „Bei den Weichtieren gibt es bisher nur wenige Arten, deren Genom vollständig sequenziert ist – und dass, obwohl sie nach den Gliederfüßern den zweitgrößten Tierstamm bilden“, so Greve.
Für Dr. Julia Sigwart, Sektionsleiterin der Abteilung Malakologie am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt, ist das erneut hohe Interesse am Wettbewerb ein großer Erfolg: „Als wir den Wettbewerb Ende 2020 initiierten, war es unser Ziel, Weichtiere und ihre enorme Artenvielfalt bekannter zu machen. Damit sind wir nun auf einem guten Weg. Besonders bedanken möchten wir uns bei denjenigen Forscher*innen und Weichtier-Liebhaber*innen, die so viele besondere und schöne Arten nominiert haben.“
Die Kubanische Landschnecke wurde von Dr. Bernardo Reyes Tur, Forscher am Fachbereich Biologie und Geographie der Universidad de Oriente in Santiago de Cuba, Kuba, für den Titel „Weichtier des Jahres 2022“ nominiert. Während der zweieinhalb-wöchigen Laufzeit des Wettbewerbs wurden insgesamt 16.388 Stimmen aus 148 Ländern abgegeben. Die Kubanische Landschnecke (Polymita picta) setzte sich mit 10.092 Stimmen und damit 62 Prozent gegen die vier weiteren zur Wahl stehenden Arten durch. Den zweiten Platz belegt der Seeschmetterling (Cymbulia peronii) mit 2.773 Stimmen, gefolgt vom Seeschiffsbohrwurm (Teredo navalis) mit 1.643 Stimmen. Der Kahnfüßer (Fustiaria rubescens) erhielt 1.115 Stimmen, die Sedimentschnecke (Telescopium telescopium) 765 Stimmen.
Die Mitglieder der Wettbewerbsjury waren beim „Weichtier des Jahres 2022“ neben Dr. Julia Sigwart und Dr. Carola Greve wieder Dr. Tilman Schell, Bioinformatiker des LOEWE-Zentrums TBG, und Prof. Dr. Yasunori Kano, Mitglied der weltweiten Gesellschaft für Molluskenforschung (Unitas Malacologica).
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Julia Sigwart
Sektionsleitung Abteilung Malakologie
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt
Tel. +49 (0)69 7542-1272
julia.sigwart@senckenberg.de
Dr. Carola Greve
Laborleitung
LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik (TBG)
Tel. +49 (0)69 7542-1844
carola.greve@senckenberg.de
Weitere Informationen:
https://tbg.senckenberg.de/de/molluscoftheyear-2022/ Informationen zu den fünf Finalisten-Arten beim Wettbewerb „Weichtier des Jahres 2022“
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