Ein genauerer Blick auf die Mechanochemie
Das Team um Ferdi Schüth vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit den Phänomenen der Mechanochemie. Doch was passiert tatsächlich auf molekularer Ebene, wenn in einer Mühle zwei Kugeln aufeinander prallen? Für ihre Forschung werden die Mülheimer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun von der Europäischen Union mit rund 2,5 Millionen Euro gefördert.
Die chemische Industrie steht vor großen Herausforderungen, die neue Lösungsansätze erfordern. Wie kann es beispielsweise gelingen, Chemikalien günstiger, einfacher und schneller herzustellen, um Ressourcen zu schonen? Seit mehreren Jahren beschäftigt sich die Arbeitsgruppe um Ferdi Schüth, Direktor am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, mit dem Phänomen der Mechanochemie, der Durchführung chemischer Reaktion durch Einwirkung mechanischer Kräfte.
Nun wird Schüth für diesen Forschungsschwerpunkt von der Europäischen Union finanzielle Unterstützung erhalten: Er wird mit einem der begehrten Advanced Grants des European Research Councils (ERC) ausgezeichnet. Das bedeutet, dass er über die kommenden fünf Jahre Fördermittel in Höhe von etwa 2.5 Millionen Euro aus Brüssel erhält.
In der Mechanochemie nutzt man häufig sogenannte Kugelmühlen. In diese Mühlen werden neben den besagten Kugeln feste Ausgangsstoffe gegeben. Weitere Reagenzien können dem Behältnis gasförmig zugeführt werden. Und dann passiert, nachdem die Mühle geschüttelt wird oder zu rütteln beginnt, mithilfe der Kugeln das Besondere: Reaktionen, für die man normalerweise hohe Temperaturen und hohen Druck benötigt, laufen bei Raumtemperatur und normalem Druck ab. Die Arbeitsgruppe Schüth hat mit diesem Konzept bereits spannende Projekte realisiert, beispielsweise die Synthese von Ammoniak.
Doch bei all den Erfolgen, die die Gruppe Schüth bereits im Bereich der Mechanochemie erzielen konnte, steckt das Verständnis für die genauen molekularen Abläufe im Inneren des Mahlbehälters noch in den sprichwörtlichen Kinderschuhen. Welche Temperatur herrscht beispielsweise genau in dem Moment, in dem zwei Kugeln mit hoher Geschwindigkeit aufeinanderprallen, an deren Oberfläche – und somit in den Molekülen, die dazwischen zermahlen werden?
Unter anderem mit Hilfe einer neuartigen Laser-Konstruktion und durch Kooperationen mit anderen Arbeitsgruppen wollen Ferdi Schüth und sein Team dieser und ähnlichen Fragen auf den Grund gehen. Letztlich geht es ihm um ein tiefgreifendes, grundlegendes Verständnis für die Abläufe in der Mechanochemie.
Die Advanced Grants sind eine hochkompetitive Förderung für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Europa. Der ERC berichtet, dass sich für den aktuellen Förderzeitraum insgesamt 1829 Personen beworben haben, davon wurden nur 255 für eine Förderung ausgewählt. Die Erfolgsrate liegt somit bei unter 14 Prozent. Von den 50 Advanced Grants, die an deutsche Projekte vergeben werden, werden elf an einen Forscher oder eine Forscherin der Max-Planck-Gesellschaft gehen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Ferdi Schüth
+49 208/306-2373
+49 208/306-2995
schueth@kofo.mpg.de
Weitere Informationen:
https://erc.europa.eu/news-events/news/advanced-grants-2023-examples-projects
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