Experiment bildet Elektronentransfer im Molekül ab

Laserstrahlen in einem Anregungs-Abfrage-Experiment.
Sven Döring/Leibniz-IPHT

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena entwickeln in dem neuen Projekt „Multiskalen Pump-Pump-Probe-Spektroskopie zur Charakterisierung mehrschrittiger Elektronentransferkaskaden“ (kurz: „Multiscale P3S“) eine bisher einzigartige Untersuchungsmethode, um genau unter die Lupe zu nehmen, was in einem Molekül passiert, wenn es von Licht angeregt wird.

Licht kann chemische Reaktionen auslösen. Dieses Phänomen ist in der Natur – beispielsweise während der Photosynthese der Pflanzen – allgegenwärtig. Künstlich ausgelöst und technologisch genutzt, bietet es großes Potenzial für Anwendungen im Bereich erneuerbarer Energien. Doch dafür ist es notwendig, sämtliche Einzelschritte eines photokatalytischen Prozesses, wie beispielsweise die Wasserspaltung, abzubilden und genau zu verstehen.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena entwickeln deshalb in dem am 1. November startenden Projekt „Multiskalen Pump-Pump-Probe-Spektroskopie zur Charakterisierung mehrschrittiger Elektronentransferkaskaden“ (kurz: „Multiscale P3S“) eine bisher einzigartige Untersuchungsmethode, um genau unter die Lupe zu nehmen, was in einem Molekül passiert, wenn es von Licht angeregt wird. Unterstützt werden sie dabei vom Thüringer Wissenschaftsministerium, das das Projekt mit 400.000 Euro finanziert.

Was passiert mit einem Molekül bei Anregung durch Licht?

„Um Materialien zu gestalten, die Licht absorbieren und mit der so aufgenommenen Energie eine chemische Reaktivität auslösen, müssen wir im Vorfeld solche Systeme genau charakterisieren“, erklärt der Projektleiter Prof. Dr. Benjamin Dietzek von der Universität Jena. „Das heißt, wir müssen zum einen ihre molekularen Strukturen erfassen und zum anderen ihre Funktionalität beobachten und die einzelnen Prozessschritte verfolgen, die ein Molekül dazu veranlassen, nach Lichtabsorption seine Struktur so zu verändern, dass es beispielsweise Wassererstoff als Energieträger aus Wasser entwickeln kann.“

Ein etabliertes Mittel, um diese schnellen intra- und intermolekularen Prozesse abzubilden, sind spektroskopische Untersuchungen – etwa die sogenannte Pump-Probe-Spektroskopie. Dabei wird ein Molekül mit einem kurzen Laserpuls angeregt. Durch die Aufnahme des Lichts ändert sich die molekulare Struktur und somit auch die Farbe des Moleküls. Das veränderte Farbspektrum wird durch einen zweiten Laserpuls aufgenommen und gemessen. „So verfolgen wir, dass im Molekül eine Ladungsverschiebung stattfindet“, sagt Dietzek, der auch am Leibniz-Institut für Photonische Technologien tätig ist. „Für die Spaltung von Wasser allerdings braucht es mehr als einen solchen Elektronentransfer und somit komplexere Prozesse innerhalb des Moleküls.“

Elektronentransfer in Echtzeit

Um dieser Komplexität in Experimenten gerecht zu werden, wollen die Jenaer Chemiker deshalb im Rahmen des Projektes „Mulitscale P3S“ die Methode der Pump-Pump-Probe-Spektroskopie realisieren. Hierbei wird das Molekül durch zwei aufeinanderfolgende Laserpulse angeregt. Dabei lässt sich nicht nur ein einzelner Schritt im Inneren des Moleküls verfolgen, sondern mehrere Phasen des gesamten Prozesses der mehrschrittigen intra- und intermolekularen Ladungsdichteumverteilung.

Das Besondere der Jenaer Entwicklung ist es, die Intervalle der beiden Anregungspulse und des Abfragepulses so zu variieren, dass Vorgänge über ganz verschiedene Zeitskalen – von wenigen Piko- bis Mikrosekunden – untersucht werden können. „Somit können wir den Prozess des Elektronentransfers – also der Ladungsverschiebung – innerhalb eines Moleküls erstmals in Echtzeit innerhalb eines Experiments verfolgen und erfahren, was das Molekül dazu befähigt, Elektronen an einen Reaktionspartner abzugeben oder von ihm aufzunehmen“, sagt der Jenaer Chemiker.

„Mit dieser Entwicklung können wir solche intrinsischen chemischen Prozesse, die über ganz verschiedene Zeitschienen ablaufen, abbilden und beobachten“, sagt Dietzek. „Durch einen solchen Ausbau der wissenschaftlichen Infrastruktur, der den Forschungsstandort Thüringen erheblich stärkt, verstehen wir viel besser, wie Photokatalysatoren und katalytisch aktive Materialien, die im Sonderforschungsbereich „CataLight“ mit Kollegen aus Jena und Ulm untersucht werden, funktionieren und wie Strukturänderungen innerhalb dieser Systeme die Reaktivität verändern und sie somit effizienter gestaltet werden können.“

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Benjamin Dietzek
Institut für Physikalische Chemie der Universität Jena
Helmholtzweg 4, 07743 Jena
Tel.: 03641/948360
E-Mail: benjamin.dietzek[at]uni-jena.de

https://www.uni-jena.de/201028_Elektronentransfer+

Media Contact

Sebastian Hollstein Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Selen-Proteine …

Neuer Ansatzpunkt für die Krebsforschung. Eine aktuelle Studie der Uni Würzburg zeigt, wie ein wichtiges Enzym in unserem Körper bei der Produktion von Selen-Proteinen unterstützt – für die Behandlung von…

Pendler-Bike der Zukunft

– h_da präsentiert fahrbereiten Prototyp des „Darmstadt Vehicle“. Das „Darmstadt Vehicle“, kurz DaVe, ist ein neuartiges Allwetter-Fahrzeug für Pendelnde. Es ist als schnelle und komfortable Alternative zum Auto gedacht, soll…

Neuartige Methode zur Tumorbekämpfung

Carl-Zeiss-Stiftung fördert Projekt der Hochschule Aalen mit einer Million Euro. Die bisherige Krebstherapie effizienter gestalten bei deutlicher Reduzierung der Nebenwirkungen auf gesundes Gewebe – dies ist das Ziel eines Projekts…