Forscher definieren eine Großkatze neu: Auf den Spuren der Vergangenheit des Nebelparders

Bereits 2006 hatten Wissenschaftler herausgefunden, dass sich der Neofelis in zwei räumlich isoliert voneinander lebende Arten aufteilt. Die Nebelparder Borneos und Sumatras unterscheiden sich genetisch und morphologisch so stark von ihren Verwandten auf dem Festland (Neofelis nebulosa), dass sie eine eigene Art, den Sunda-Nebelparder (Neofelis diardi) bilden. Die zwei Populationen des Sunda-Nebelparders auf Borneo und Sumatra leben seit mindestens 10.000 Jahren ebenfalls getrennt, nachdem die eiszeitlichen Landbrücken zwischen den Inseln verschwunden waren.

Das Forscherteam unter der Führung von Andreas Wilting und Jörns Fickel vom IZW sammelte deshalb weltweit in Naturkundemuseen Fell- und Knochenproben des Sunda-Nebelparders und untersuchte, inwieweit sich die räumlich getrennten Populationen schon verschieden entwickelt haben. „Obwohl wir vermuteten, dass die Nebelparder auf Borneo und Sumatra schon seit der letzten Eiszeit geographisch getrennt gewesen sein mussten, konnten wir nicht sagen, ob sich beide durch diese lange Isolierung bereits so verändert haben, dass sie als getrennte Unterarten anzusehen seien“, erklärt Wilting. In ihrer Studie gelang es den Wissenschaftlern jedoch, große genetische Unterschiede zwischen den beiden Populationen aufzuzeigen. Auch ein Vergleich der Schädelmorphologie zeigte Unterschiede zwischen den Populationen, wie Per Christiansen von der Aalborg Universität, ein Ko-Autor dieser Studie, feststellte.

Interessanterweise stellte ein weiterer Ko-Autor, Andrew Kitchener vom Nationalen Museum in Schottland aber fest, daß die Unterschiede in der Fellzeichnung nur gering waren. Die Autoren vermuten, dass für letzteres der auf Borneo und Sumatra ähnliche tropische Lebensraum verantwortlich ist. Aufgrund der entdeckten Unterschiede beschreiben die Wissenschaftler nun formal zwei Unterarten des Sunda-Nebelparders; eine ausschließlich auf Sumatra lebende und eine nur auf Borneo vorkommende.

„Über die genauen Abläufe in der Evolution des Nebelparders können wir bisher nur spekulieren“, sagt Jörns Fickel. Die Wissenschaftler vermuten, dass Naturkatastrophen und globale Klimaperioden für die Aufteilung in mehrere Arten und Unterarten verantwortlich sind, wobei dem Ausbruch des Supervulkans Toba auf Sumatra vor ca. 75.000 Jahren eine besondere Rolle zukommen könnte. Fickel erklärt, dass der Ausbruch mit Sicherheit extreme Konsequenzen für die lokale Tier- und Pflanzenwelt Südostasiens hatte. Deshalb vermuten die Wissenschaftler, dass sehr wahrscheinlich nur zwei Populationen von Nebelpardern überlebt haben – eine in Südchina (Neofelis nebulosa) und eine auf Borneo (Neofelis diardi). Letzteren gelang es den Wissenschaftlern zufolge, über eiszeitliche Landbrücken wieder nach Sumatra vorzudringen, wo sie sich dann zu einer eigenständigen Unterart weiterentwickelten.

Beide Unterarten sind stark vom Aussterben bedroht, da sie wie andere Großkatzen auch in sehr geringen Dichten leben und große Streifgebiete zum Überleben brauchen. Deshalb sei es zum Schutz des Sunda-Nebelparders notwendig, große Waldflächen auf Borneo und Sumatra nachhaltig zu bewirtschaften oder zu schützen, so Wilting. Aus diesem Grund wurden sowohl dieses Projekt, als auch eine ergänzende Freilanduntersuchung am Nebelparder auf Borneo in enger Zusammenarbeit mit der Malaysischen Naturschutzbehörde durchgeführt. Im Ergebnis dieser Zusammenarbeit gelang es im Jahre 2009 erstmals, Sunda-Nebelparder in freier Wildbahn zu filmen.

Quelle:
Wilting A, Christiansen P, Kitchener AC, Kemp YJM, Ambu L, Fickel J (2010). Geo-graphical variation in and evolutionary history of the Sunda Clouded Leopard (Neofelis diardi) (Mammalia: Carnivora: Felidae) with the description of a new subspecies from Borneo. Molecular Phylogenetics & Evolution. doi:10.1016/j.ympev.2010.11.007.
Informationen:
Leibniz-Institut für Zoo- und Wildttierforschung (IZW)
Im Forschungsverbund Berlin e.V.
Alfred-Kowalke-Str. 17
10315 Berlin
Deutschland
www.izw-berlin.de
Andreas Wilting, 0049 30 5168 619, wilting@izw-berlin.de

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