Für den Notfall gewappnet: Neues Forschungsprojekt zum Einsatz von Flüssigkeitsbeatmung gestartet

Dieses Lungenmodell wird im Projekt für die Simulation verwendet (c) TU Bergakademie Freiberg/Dr. Katrin Bauer

Das Projekt „Instationärer Gastransport während der Flüssigkeitsbeatmung“ untersucht das Strömungsverhalten der Flüssigkeit in der Lunge – und liefert so wichtige Parameter für die Anwendung in der Medizin.

Flüssigkeitsbeatmung ist bereits aus dem Science-Fiction-Film „Abyss“ aus dem Jahr 1989 bekannt. Darin konnten Taucher mittels Flüssigkeitsbeatmung in Meerestiefen vordringen, die noch kein Mensch zuvor erreicht hatte. Denn mit Flüssigkeit in den Lungen wurde sie mit zunehmendem Wasserdruck in der Tiefe nicht zusammengedrückt.

Dieses Prinzip macht sich heute auch die Akutmedizin zu eigen: „Patienten mit Erkrankungen der Lunge können von der Flüssigkeitsbeatmung profitieren. Denn sie arbeitet mit weitaus geringeren Drücken als es bei der Überdruckbeatmung der Fall ist, die heute bei Atemnot meist angewandt wird“, erklärt Dr. Katrin Bauer vom Institut für Mechanik und Fluiddynamik.

Flüssigkeit in der Lunge – das mag zunächst ungewöhnlich klingen. Doch auch ein Fötus im Mutterleib hat solange er wächst Flüssigkeit in der Lunge. Forscher gehen also davon aus, dass Atmung auch mithilfe von speziell angereicherten Flüssigkeiten funktionieren kann. Allerdings ist das Verfahren bisher eine rein experimentelle Alternative zur Beatmung in der Akutmedizin, sie kommt etwa bei Frühgeborenen oder schwer lungenkranken Patienten zum Einsatz.

Dazu wird die Kohlenwasserstoffverbindung Perfluorcarbon (PFC) in die Lunge gepumpt. Diese Flüssigkeit ist für den Körper gesundheitlich unbedenklich und besitzt die Fähigkeit, sehr hohe Mengen an Sauerstoff zu lösen (ca. das 20-fache im Vergleich zu Wasser). „Die Idee dahinter ist, dass die vergleichsweise sehr hohe Schwerkraft der Flüssigkeit im Vergleich zur Luft viel einfacher in kollabierte Lungenbereiche eindringen kann, diese wieder öffnet und somit die Versorgung der ehemals kollabierten Lungenbereiche mit Sauerstoff wieder ermöglicht“, sagt Dr. Katrin Bauer.

Viele Parameter für den Einsatz der Flüssigkeitsbeatmung sind bislang jedoch unbekannt: Wie verteilt sich das PFC in der Lunge? Und wie verhalten sich wiederum die Atemgase Sauerstoff und Kohlendioxid im PFC? Diesen Fragen nimmt sich nun das Projekt „Instationärer Gastransport während der Flüssigkeitsbeatmung“ unter Leitung von Dr. Katrin Bauer an. Sie will den Transport von gelöstem Sauerstoff bei Flüssigkeitsbeatmung mit Perfluorcarbon durch ein Modell der oberen Atemwege untersuchen. Dafür kommen neuartige Methoden zum Einsatz, wie die bildgebende Messung der Sauerstoffkonzentration mittels sauerstoffsensitiver Tracer-Partikel.

„Analog zur Untersuchung der Sauerstoffverteilung soll auch das Strömungsverhalten der Flüssigkeit in der Lunge mittels optischer Messmethoden untersucht werden“, erläutert die Wissenschaftlerin das Vorgehen. „Nur wenn wir das Transportverhalten der gelösten Gase kennen, können wir die Beatmungsparameter bei der Flüssigkeitsbeatmung optimal einstellen.“

Das Projekt ist auf zwei Jahre angelegt und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 200.000 Euro gefördert. Fachliche Beratung auf medizinischem Gebiet erhält das Projekt auch von Prof. Mario Rüdiger von der Neonatologie der TU Dresden, der intensiv auf dem Gebiet der Flüssigkeitsbeatmung forscht.

http://www.tu-freiberg.de

Media Contact

Madlen Domaschke idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Menschen vs Maschinen – Wer ist besser in der Spracherkennung?

Sind Menschen oder Maschinen besser in der Spracherkennung? Eine neue Studie zeigt, dass aktuelle automatische Spracherkennungssysteme (ASR) unter lauten Bedingungen eine bemerkenswerte Genauigkeit erreichen und manchmal sogar die menschliche Leistung…

KI-System analysiert subtile Hand- und Gesichtsgesten zur Gebärdenspracherkennung.

Nicht in der Übersetzung verloren: KI erhöht Genauigkeit der Gebärdenspracherkennung

Zusätzliche Daten können helfen, subtile Gesten, Handpositionen und Gesichtsausdrücke zu unterscheiden Die Komplexität der Gebärdensprachen Gebärdensprachen wurden von Nationen weltweit entwickelt, um dem lokalen Kommunikationsstil zu entsprechen, und jede Sprache…

Forscherin Claudia Schmidt analysiert durch Gletscherschmelze beeinflusste Wasserproben arktischer Fjorde.

Brechen des Eises: Gletscherschmelze verändert arktische Fjordökosysteme

Die Regionen der Arktis sind besonders anfällig für den Klimawandel. Es mangelt jedoch an umfassenden wissenschaftlichen Informationen über die dortigen Umweltveränderungen. Forscher des Helmholtz-Zentrums Hereon haben nun an Fjordsystemen anorganische…