Für eine wirkungsvollere Immunisierung

Für eine wirkungsvollere Immunisierung
(c) Wiley-VCH

Per Computer entworfene Adjuvanzien beflügeln Vakzine.

Außer dem Antigen enthalten viele Impfstoffe Hilfsstoffe: Adjuvanzien, die das Immunsystem „ankurbeln“. Durch computergestütztes Moleküldesign und maschinelles Lernen hat ein chinesisches Forschungsteam jetzt zwei neuartige Adjuvanzien mit breitem Wirkungsspektrum entwickelt, die die Immunantwort auf Vakzine deutlich verstärken können. Wie in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichtet, konnte so die Immunisierung gegen bestimmte Krebsarten im Tiermodell wirksam gesteigert werden.

Adjuvanzien verstärken und verlängern die Immunisierung durch Vakzine. Bereits seit vielen Jahrzehnten werden Aluminiumsalze erfolgreich als Adjuvanzien eingesetzt. Die Alternative sind Öl-in-Wasser-Emulsionen, die auf Mustererkennungsrezeptoren von Immunzellen abzielen. Ältere Versionen waren oft jedoch nicht wirksam genug oder hatten problematische Nebenwirkungen. Neuere Versionen sind verträglich und wirksam, müssen jedoch gezielt für den jeweiligen Impfstoff entwickelt werden.

Durch computergestütztes Moleküldesign und maschinelles Lernen haben Bing Yan, Sijin Liu und ihr Team vom Research Center for Eco-Environmental Sciences sowie der Capital Medical University in Peking, der University of Chinese Academy of Sciences in Peking und in Hangzhou, der Shandong First Medical University & Shandong Academy of Medical Sciences sowie der Guangzhou University jetzt zwei neuartige Adjuvanzien mit breitem Wirkungsspektrum entwickelt, die die Immunantwort auf Vakzine deutliche verstärken können.

Die neuen Adjuvanzien sollten an sog. Toll-like-Rezeptoren (TLR) binden, eine Klasse von Proteinen, mit denen dendritische Zellen charakteristische molekulare Muster von Krankheitserregern aufspüren. Wird ein „Feind“ erkannt, wandert die dendritische Zelle in einen Lymphknoten und „präsentiert“ T-Zellen den Fund. Die dabei aktivierten T-Zellen vermehren sich und rufen weitere Immunzellen auf den Plan.

Das Team identifizierte Strukturmerkmale der Bindestellen humaner TLR und entwarf eine Sammlung, eine sog. Substanzbibliothek, mit 46 verschiedenen Liganden, die dazu passen könnten. Der besondere Kniff: Diese Liganden wurden auf der Oberfläche von biokompatiblen Goldnanopartikeln verankert. Auf diese Weise werden sie von den TLR wesentlich leichter gebunden. Zwei der Liganden wurden als besonders wirksam identifiziert. Umfangreiche Studien in vitro, ex vivo und in vivo zeigten, dass diese an mehrere verschiedene TLR binden und die Aktivierung von dendritischen Zellen, die Präsentation von Antigenen gegenüber T-Zellen sowie deren Aktivierung verstärken.

Mäuse, die mit Tumor-spezifischen Antigenen plus einem dieser neuen Adjuvanzien behandelt wurden, zeigten starke Immunantworten, die Tumorwachstum und Lungenmetastasen unterdrückten, wenn den Tieren bestimmte Krebszellen implantiert wurden.

Nach diesem Konzept weiter optimierte Adjuvanzien könnten das Problem abnehmender Immunität bei derzeitigen Impfstoffen verringern und vielleicht Booster-Impfungen überflüssig machen. Auch ein Einsatz in der Immuntherapie gegen Krebs scheint vielversprechend.

Angewandte Chemie: Presseinfo 10/2023

Autor/-in: Sijin Liu, Chinese Academy of Sciences (China), http://sourcedb.rcees.cas.cn/yw/yjy/200910/t20091010_2541857.html

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.
Die „Angewandte Chemie“ ist eine Publikation der GDCh.

Originalpublikation:

https://doi.org/10.1002/ange.202301059

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Dr. Karin J. Schmitz Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

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