Gefäßaufbau von Pflanzen umfassend charakterisiert
Biologie: Schlüsselpublikation in The Plant Cell
Zwei Teams von durch die Alexander von Humboldt-Stiftung geförderten Pflanzenforschern und Bioinformatikern unter Leitung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) ist es gelungen, erstmals die Funktionen der verschiedenen Zelltypen im Gefäßsystem der Blätter von Pflanzen zu identifizieren. Ihre grundlegenden Ergebnisse stellen sie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „The Plant Cell“ vor.
Das Gefäßsystem der Pflanzenblätter spielt eine Schlüsselrolle beim Transport von gelösten Stoffen von ihrem Entstehungsort – z.B. aus den Photosynthese-treibenden Blattzellen – zu ihren Speicher- oder Nutzungsorten. Zucker und Aminosäuren werden über die Leitbahnen von den Blättern zu den Wurzeln und Samen transportiert.
Als Phloem bezeichnet man den Teil des Leitbündels bei Gefäßpflanzen, der aus den Siebelementen – in denen der eigentliche Transport stattfindet – und ihren Geleitzellen, als auch den begleitenden Parenchym-Zellen besteht. In den Blattvenen gibt es mindestens sieben verschiedene Zelltypen mit spezifischen Rollen bei Transport, Stoffwechsel und Signalübertragung.
Über die Gefäßzellen in Blättern, insbesondere die funktionellen Zellen darin (das Phloemparenchym, kurz PP), ist bisher wenig bekannt. Zwei Teams von Alexander von Humboldt-Professuren in Düsseldorf und Tübingen, einer Kollegin aus Champaign Urbana in Illinois/USA und einem Bioinformatik-Lehrstuhl aus Düsseldorf legen die erste umfassende Analyse der Gefäßzellen in den Blättern der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) durch Einzelzellsequenzierung vor.
Das Team der Alexander von Humboldt-Professorin Dr. Marja Timmermans von der Universität Tübingen hatte vor kurzem als erste Einzelsequenzierung in Pflanzen eingesetzt, um die Zellen der Wurzel zu charakterisieren. Hier haben Forscherinnen und Forscher aus dem Team des Alexander von Humboldt-Professors Dr. Wolf Frommer in Düsseldorf mit ihrer Hilfe erstmals die Zellen aus Blättern isoliert, um daraus einen Atlas aller steuernden RNA-Moleküle (das Transkriptom) des Blattgefäßsystems zu erstellen. Indem sie die Stoffwechselwege analysierten, konnten sie die Rolle der verschiedenen Zellen definieren.
Unter anderem wies das Forschungsteam erstmals nach, dass in den Parenchymzellen Transportproteine für Zucker (SWEET) und Aminosäuren (UmamiT) gebildet werden, die diese Stoffe von ihren Produktionsorten ins Leitungssystem abführen. Anschliessend werden diese über einen zweiten Transportersatz (SUT bzw. AAP) aktiv in den Siebelement-Geleitzellenkomplex importiert und dann aus dem Blatt exportiert.
Bei diesen umfassenden Untersuchungen spielten Biologen Hand in Hand mit HHU-Bioinformatikern um Prof. Dr. Martin Lercher und konnten feststellen, dass Phloemparenchym und Geleitzellen komplementäre Stoffwechselwege besitzen und daher in der Lage sind, die Zusammensetzung des Phloemsafts zu kontrollieren.
Erstautorin und Arbeitsgruppenleiterin Dr. Ji-Yun Kim von der HHU hebt hervor: „Unsere Analyse liefert völlig neue Einsichten in das Blattgefäßsystem und die Rolle und Beziehung der einzelnen Blattzelltypen.“ Institutsleiter Prof. Frommer ergänzt: „Die Kooperation der vier Arbeitsgruppen ermöglichte es, neue Methoden einzusetzen, um erstmals Einsichten in die wichtigen Zellen in den Leitbahnen von Pflanzen zu gewinnen und damit eine Basis für ein besseres Verständnis des Stofftransports in Pflanzen zu gewinnen.“
Originalpublikation:
Ji-Yun Kim, Efthymia Symeonidi, Tin Yau Pang, Tom Denyer, Diana Weidauer, Margaret Bezrutczyk, Manuel Miras, Nora Zöllner, Thomas Hartwig, Michael M. Wudick, Martin Lercher, Li-Qing Chen, Marja C.P Timmermans & Wolf B. Frommer, Distinct identities of leaf phloem cells revealed by single cell transcriptomics, The Plant Cell, 2021
DOI: 10.1093/plcell/koaa060
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