Gentherapie verbessert Herzfunktion bei hypertropher Kardiomyopathie
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf haben in einer wegweisenden Studie gezeigt, dass die dauerhafte Aktivierung der Tubulin-Tyrosinierung eine neue Behandlungsoption für die genetische Herzkrankheit hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) sein könnte. HCM führt zu einer Verdickung der Herzmuskulatur und beeinträchtigte die diastolische Funktion. Sie ist die häufigste genetisch bedingte Kardiomyopathie und die häufigste Ursache für den plötzlichen Herztod bei jungen Menschen.
Das Enzym Tubulin-Tyrosin-Ligase (TTL) spielt eine wichtige Rolle in der Regulation der Stabilität von Mikrotubuli – ein Teil des Zytoskeletts – die für die Struktur und mechanische Stabilität von Zellen verantwortlich sind. TTL fügt die Aminosäure Tyrosin an die Tubulinproteine der Mikrotubuli an (Tyrosinierung). Dieser Vorgang beeinflusst, wie stabil oder flexibel die Mikrotubuli sind und damit auch, wie die Zellen auf mechanische Belastungen reagieren. In Herzmuskelzellen ist dies besonders wichtig für die Kontraktionsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit des Herzens an erhöhte Druckbelastung.
Herzmuskel bei Mäusen nach 12 Wochen weniger steif
In einer Reihe von Experimenten konnte das Team um Erstautor Dr. Niels Pietsch nachweisen, dass die gezielte Überexpression von TTL die Herzfunktion signifikant verbessert. In Versuchen mit Mäusen zeigte sich nach zwölf Wochen eine reduzierte Steifigkeit der Herzmuskelzellen und eine verbesserte Fähigkeit zur Kontraktion.
Auch bei menschlichen Herzmuskelzellen, die aus Stammzellen von HCM-Patienten gewonnen wurden, zeigte sich eine Normalisierung der Zellgröße. Diese positiven Effekte deuten auf eine mögliche künftige Therapieoption hin, die eine Verbesserung der Herzfunktion ohne invasive Eingriffe verspricht.
Hoffnung auf neue Behandlungsmöglichkeiten für Patienten
Für die etwa 160.000 HCM-Patienten in Deutschland könnten diese Forschungsergebnisse eine bedeutende Erleichterung darstellen. Die neue Methode könnte die herkömmliche medikamentöse oder chirurgische Behandlung ergänzen und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessern, indem die Herzfunktion stabilisiert und das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt wird. Dies könnte besonders für Patienten wichtig sein, die unter schweren Symptomen wie eingeschränkter Herzleistung oder Herzversagen leiden.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Modulation des zellulären Zytoskeletts durch Tubulintyrosinierung eine vielversprechende therapeutische Strategie darstellt, um die Herzfunktion bei genetischen Herzerkrankungen wie HCM zu verbessern“, sagt Prof. Lucie Carrier vom Institut für Experimentelle Pharmakologie und Toxikologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und leitende Wissenschaftlerin des Projekts.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Lucie Carrier, Institut für Experimentelle Pharmakologie und Toxikologie, Cardiovascular Research Center, Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, l.carrier@uke.de
Originalpublikation:
Chronic Activation of Tubulin Tyrosination Improves Heart Function. Pietsch, N. et al., Circulation Research, 2024
https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/CIRCRESAHA.124.324387
Gentherapie verbessert Herzfunktion bei hypertropher Kardiomyopathie
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen
An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…
Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean
20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….
Resistente Bakterien in der Ostsee
Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…