Ginkgo im Sicherheits-Check
Extrakte aus den Blättern des Ginkgo-Baums werden seit Jahrzehnten in der Medizin verwendet. Sie kommen unter anderem bei Tinnitus und Schwindel oder bei nachlassender Konzentrations- und Gedächtnisleistung zum Einsatz, etwa bei Alzheimer-Patienten.
Häufig sind es ältere Menschen, die regelmäßig die frei verkäuflichen Ginkgo-Präparate einnehmen. Nun brauchen Senioren oft mehrere Medikamente gleichzeitig, etwa gegen Diabetes, Herzschwäche oder Bluthochdruck. Darum stellt sich die Frage, welche Wechselwirkungen zwischen Ginkgo und den anderen Mitteln ablaufen.
Verdacht aus Labortests begründet
Ginkgo-Extrakte stehen in diesem Zusammenhang unter Verdacht: Aus Labortests ist bekannt, dass die Mittel aus der Natur in höheren Konzentrationen dazu in der Lage sind, bestimmte Stoffwechselenzyme und Proteine zu hemmen oder zu aktivieren. Beides kann die Wirkung anderer Medikamente stören.
Wie aber wirken sich Ginkgo-Präparate im lebenden Organismus aus? Den Stand des Wissens hierzu hat jüngst Matthias Unger vom Lehrstuhl für Pharmazeutische Chemie der Universität Würzburg zusammengefasst. Sein Übersichtsartikel ist in der August-Ausgabe der Zeitschrift Drug Metabolism Reviews erschienen. Ungers Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Hemmung von Enzymen durch pflanzliche Arzneistoffe.
Entwarnung bei Beachtung der Tagesdosis
Ungers Fazit: “Die Einnahme des standardisierten Ginkgo-Präparats EGb 761 mit anderen Medikamenten scheint sicher, so lange die empfohlene maximale Tagesdosis von 240 Milligramm eingehalten wird.” In diesem Fall seien keinerlei klinisch relevante Wechselwirkungen bekannt. Selbst wenn die Tagesdosis überschritten wird, komme es nur zu geringfügigen Veränderungen der Enzymaktivität.
Fraglich bleibt dem Würzburger Wissenschaftler zufolge, ob dieser Befund auf andere Ginkgo-Zubereitungen ebenso zutrifft. Diese Unsicherheit gelte auch für die kaum standardisierte Verwendung von Ginkgo in Teemischungen oder Nahrungsergänzungsmitteln.
Matthias Unger: “Pharmacokinetic drug interactions involving Ginkgo biloba”, Drug Metabolism Reviews, August 2013, Vol. 45, No. 3 , Pages 353-385, DOI: 10.3109/03602532.2013.815200
Kontakt
PD Dr. Matthias Unger, Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie der Universität Würzburg, T (0931) 31-85463, m.unger@pharmazie.uni-wuerzburg.de
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.uni-wuerzburg.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Raum-Zeit-Kristall
Wichtiges Puzzleteil auf dem Weg zu neuen optischen Materialien. Photonische Raum-Zeit-Kristalle sind Materialien, die drahtlose Kommunikation oder Lasertechnologien leistungsfähiger und effizienter machen könnten. Sie zeichnen sich durch die periodische Anordnung…
Neuer Meilenstein in der Quantenforschung
Google Quantum AI und Quantenphysiker der Freien Universität Berlin veröffentlichen wegweisende Ergebnisse zu Hamiltonoperatoren. Ein Forschungsteam der Freien Universität Berlin und von Google Quantum AI hat eine innovative Methode zur…
Maßgeschneiderte Köpfe für den 3D-Druck
So gelingt individuelle Funktionsintegration. Fraunhofer IWU auf der Formnext, 19. – 22. November 2024, Halle 11.0/Stand E38. Wire bzw. Fiber Encapsulating Additive Manufacturing (WEAM/FEAM) könnte die industrielle Fertigung von Bauteilen,…