Kleine Moleküle steuern bakterielle Resistenz gegen Antibiotika

Cholera bacteria under the microscope.
Image: Kai Papenfort

Sie haben die Medizin revolutioniert: Antibiotika. Durch ihren Einsatz können Infektionskrankheiten, wie Cholera, besser behandelt werden. Doch entwickeln die krankmachenden Erreger zunehmend Resistenzen gegen die angewandten Mittel. Nun sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena einem Molekül auf die Spur gekommen, das die Resistenz von Cholera-Bakterien beeinflusst. Ihre Ergebnisse haben sie im Fachjournal Nature Communications veröffentlicht.

Antibiotika entfalten ihre Wirkung auf unterschiedliche Weise. Einige, beispielsweise Penicillin, greifen die Zellwand der Bakterien an, indem sie deren Synthese hemmen. Doch sind die Bakterien diesem Angriff nicht hilflos ausgeliefert. „Wir konnten eine kleine Ribonukleinsäure identifizieren, welche die Resistenz des Cholera-auslösenden Bakteriums Vibrio cholerae entscheidend beeinflusst“, sagt Kai Papenfort, Professor für Allgemeine Mikrobiologie der Universität Jena.

Das Protein CrvA kommt im periplasmatischen Raum des Bakteriums vor. Dieser liegt zwischen der äußeren Zellwand und der ebenfalls von einer Membran umgebenen Grundsubstanz der Zelle, dem Cytoplasma. Dort bestimmt CrvA die Krümmung des stäbchenförmigen Bakteriums V. cholerae. „Bisher war nicht bekannt, wodurch das Protein reguliert wird. Wir konnten mit der kleinen Ribonukleinsäure VadR ein Molekül identifizieren, das die Synthese dieses Proteins hemmt“, sagt Papenfort. Kleine Ribonukleinsäuren enthalten im Gegensatz zur Boten-RNA keine Erbinformationen, beeinflussen diese allerdings – meist nach der Überschreibung der DNA zur Boten-RNA.

Für die Antibiotikaresistenz entscheidend

„Cholera-Bakterien, bei denen das Protein CrvA nicht durch VadR unterdrückt wird, zeigen eine verminderte Überlebensrate bei Kontakt mit Penicillin“, so Papenfort. Das weise darauf hin, dass der Erhalt der Zellform durch VadR für die Antibiotikaresistenz entscheidend sei, fügt der Mikrobiologe hinzu. Die Forschenden deckten weitere Funktionen der kleinen RNA VadR auf, darunter auch auf die Bildung von Biofilmen, die eine wichtige Rolle bei der Pathogenität von V. cholerae spielen.

„VadR ist eines von vielen Molekülen, die in die Genexpression bei V. cholerae eingreifen können. Wenn wir all diese Moleküle, deren Funktionen und ihr Zusammenspiel verstehen, können wir daraus neue Therapieansätze ableiten. Die zunehmenden Resistenzen gegen Antibiotika machen dies dringend erforderlich“, sagt Papenfort, der mit seiner Forschung einen wichtigen Beitrag dazu im Exzellenzcluster „Balance of the Microverse“ der Universität Jena leistet.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Kai Papenfort
Lehrstuhl für Allgemeine Mikrobiologie & Exzellenzcluster Balance of the Microverse der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Tel.: 03641 / 949311
E-Mail: kai.papenfort[at]uni-jena.de

Originalpublikation:

Peschek N, Herzog R, Singh PK, Sprenger M, Meyer F, Fröhlich KS, Schröger L, Bramkamp M, Drescher K, Papenfort K (2020) RNA-mediated control of cell shape modulates antibiotic resistance in Vibrio cholerae, Nature Communications 2020, DOI: 10.1038/s41467-020-19890-8

http://www.uni-jena.de/

Media Contact

Alena Gold Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Wirkstoff-Forschung: Die Struktur von Nano-Genfähren entschlüsseln

LMU-Forschende haben untersucht, wie sich kationische Polymere beim Transport von RNA-Medikamenten auf molekularer Ebene organisieren. Kationische Polymere sind ein vielversprechendes Werkzeug für den Transport von RNA-Therapeutika oder RNA-Impfstoffen und werden…

Entwicklung klimaneutraler Baustoffe

…aus biogenen Materialien unter Einsatz phototropher Mikroorganismen. Das Fraunhofer-Institut FEP in Dresden bietet skalierbare Forschungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, um technologische Innovationen auf neue Produktionsprozesse anzuwenden. Angesichts der steigenden Nachfrage nach klimaneutralen…

Optimiertes Notfallmanagement dank App

Wie die eGENA-App bei Notfällen in der Anästhesie hilft. Mit der eGENA-App hat die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) ein digitales Werkzeug geschaffen, das den Klinikalltag bei…