Kombinatorische Krebstherapie
Vernichtung von Tumorzellen durch zwei synergistische Wirksysteme in einer Nanokapsel
Auf der Suche nach Wirkstoffen gegen Krebs stehen immer häufiger Kombinationstherapien im Mittelpunkt. Wissenschaftler aus Deutschland und China haben jetzt Chemotherapie mit photodynamischer Therapie kombiniert. Alle Wirkstoffe werden in einer Nanokapsel mit Proteinhülle verkapselt und gemeinsam zum Tumor gebracht. Dort löst, wie die Forscher in der Zeitschrift Angewandte Chemie schreiben, die Bestrahlung mit Licht eine Ereigniskaskade aus, die letztlich die Krebszellen absterben lässt.
Verschiedene Krebsmedikamente haben unterschiedliche Wirkmechanismen. So stoppen DNA-schädigende Substanzen das Tumorwachstum. Photodynamische Wirkstoffe erzeugen hingegen reaktive Sauerstoffspezies (ROS), wenn sie mit Licht bestrahlt werden. Die ROS setzen den Zellorganellen so zu, dass die Zelle in den programmierten Zelltod getrieben wird.
Einige Krebsarten haben jedoch Resistenzen entwickelt. Das Chemotherapeutikum kann nicht mehr in die Zelle eindringen, oder die Zellen reparieren die beschädigten DNA-Stränge zu rasch. Um Krebsmedikamente wirksamer zu machen, haben Forscher um Katharina Landfester und ihre Kollegen vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz und von der Dalian University of Technology (China) ein Chemotherapeutikum mit einem photodynamischen System kombiniert. Alle Wirkstoffe verpackten sie in einer Nanokapsel.
In festen Tumoren ist eine photodynamische Therapie wegen des geringen Sauerstoffgehalts häufig weniger wirksam. Weniger Sauerstoff bedeuten auch weniger ROS. Deshalb setzten die Wissenschaftler ein modifiziertes System ein, das den Sauerstoff zumindest teilweise recycelt. Hier erzeugt ein Photosensibilisator nach Bestrahlung ROS, die Zellenzyme in Wasserstoffperoxid umwandeln. Ein Reagenz namens Fenton-Reagenz – im Wesentlichen hoch oxidiertes Eisen – wandelt dann das Wasserstoffperoxid wieder in aktive ROS und Sauerstoff um.
Alle drei Reagenzien (das Chemotherapeutikum Cisplatin, den Photosensibilisator und das Fenton-Reagenz) in einer Nanokapsel zusammenzubringen, sei nicht einfach gewesen, sagten die Autoren. Cisplatin ist in Wasser schlecht löslich, während sich Ovalbumin, aus dem die Nanokapsel besteht, im organischen Lösungsmittel nicht löst. Mit einer Miniemulsionstechnik kombinierten die Wissenschaftler schließlich alle Reagenzien in einem Lösungsmittelgemisch und umschlossen sie mit einer Hülle aus Ovalbumin. Mit einem Copolymer auf Basis von Polyethylenglykol stabilisierten sie das Ovalbumin und machten es emulgierfähig.
Wie die Wissenschaftler durch Tests mit Tumorzelllinien herausfanden, drangen die Nanokapseln in die Zellen ein, setzten ihre Ladung frei und entwickelten bei Bestrahlung mit rotem Licht ROS. Das kombinierte Therapeutikum tötete auch Cisplatin-resistente Zellen oder Zellen mit besonders niedriger Sauerstoffkonzentration ab.
Die Wirkstoffkombination stoppte in lebenden Mäusen das Tumorwachstum. Den Autoren zufolge sammelten sich die Reagenzien im Gewebe an und ließen die Tumore mit der Zeit schrumpfen, ohne gesundes Gewebe oder andere Organe zu beeinträchtigen.
Wichtig sei, dass die Reagenzien verkapselt zum Tumor kommen und synergistisch wirken, so die Autoren. Ein einziges Mittel oder eine Zweierkombination habe viel weniger Wirkung gezeigt als die Kombination. Ähnliche synergistische Plattformen könnten in zukünftigen Therapiesettings eine wichtige Rolle spielen, meinen sie.
Angewandte Chemie: Presseinfo 20/2020
Autorin: Katharina Landfester, Max-Planck-Institut für Polymerforschung (Germany), https://www.mpg.de/424968/polymerforschung_wissM59
Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.
Originalpublikation:
https://doi.org/10.1002/ange.202006649
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