Kontrolle der Zellmenge: Wann ist genug genug?
Ein Forschungsteam der Universität Basel hat aufgedeckt, wie ein zelleigener Mechanismus für die angemessene Anzahl von T-Zellen im Organismus sorgt und so sicherstellt, dass das Immunsystem richtig funktioniert. Dieser Mechanismus wurde auch bei Schleimpilzen gefunden, was darauf hindeutet, dass diese Regulation der Zelldichte evolutionär konserviert ist.
Unser Immunsystem, das Viren, Bakterien und Parasiten abwehren, aber auch das Auftreten von Krebszellen verhindern soll, besteht aus verschiedenen Zelltypen. In unserem Körper gibt es Milliarden solcher Immunzellen, darunter auch T-Lymphozyten, kurz T-Zellen. T-Zellen werden im Knochenmark produziert, im Thymus selektiert und sind für die reibungslose Funktion unseres Immunsystems unerlässlich. Dabei müssen nicht nur genügend T-Zellen vorhanden sein, auch muss der Körper dafür sorgen, dass sie eine bestimmte Dichte nicht überschreiten. Doch wie erkennt das Immunsystem, ob die richtige Anzahl an T-Zellen im Kreislauf vorhanden ist?
Coronin-Proteine steuern Populationsgrösse von T-Zellen
Forschende um Prof. Dr. Jean Pieters am Biozentrums der Universität Basel konnten nun einen zelleigenen Mechanismus aufdecken, der die Populationsgrösse von T-Zellen reguliert. In ihren vorhergehenden Studien wie auch in Arbeiten anderer Gruppen konnte bereits gezeigt werden, dass ein Protein namens Coronin 1 eine wichtige Rolle für das Überleben von T-Zellen im Körper spielt.
In der neuen Studie nun berichten die Forschenden, dass die Expression von Coronin 1, das bereits zu den am häufigsten vorkommenden Proteinen in T-Zellen gehört, weiter erhöht wird, wenn die Zahl der T-Zellen zunimmt. Dies fördert das Überleben der T-Zellen und somit eine ausreichende Grösse ihrer Population.
Aber wie entscheidet das System, wann genug genug ist? Ist der obere Schwellenwert der T-Zellen-Dichte erreicht, so fanden die Forschenden heraus, stoppt die Coronin-1-Produktion. Infolge dessen fehlen die Überlebenssignale für die Zellen, die sonst von Coronin 1 ausgelöst werden. «Die Zellen beginnen zu sterben und so wird die Dichte der T-Zell-Population wieder verringert», erklärt Tohnyui Ndinyanka Fabrice, Erstautorin der Studie «Es hat eine ganze Weile gedauert, um diesen Prozess zu visualisieren. Als wir es schliesslich geschafft hatten, glich unsere Beobachtung einem Katastrophenfilm: Wenn die Zellen zu dicht gedrängt sind, setzt im Laufe der Zeit ein Massensterben ein.»
Ein evolutionär konservierter Mechanismus
Interessanterweise zeigten die Forschungsergebnisse auch, dass die Regulation der Zellpopulation durch Coronin auch in Amöben (Schleimpilzen), die sowohl einzellige als auch mehrzellige Stadien durchlaufen, vorzufinden ist. Diese Erkenntnis eröffnet spannende Ansatzpunkte für zukünftige Forschungen. «Mitglieder der Familie der Coronin-Proteine sind evolutionär konserviert und im Reich der Eukaryonten weit verbreitet», sagt Prof. Jean Pieters. «Zukünftige Arbeiten könnten möglicherweise Aufschluss darüber geben, ob die Coronin-abhängige Regulierung der entsprechenden Populationen von T-Zellen und Schleimpilzen auch in anderen Systemen funktioniert.»
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Jean Pieters, Universität Basel, Biozentrum, E-Mail: jean.pieters@unibas.ch
Originalpublikation:
Tohnyui Ndinyanka Fabrice et al.
An evolutionarily conserved coronin-dependent pathway defines cell population size.
Science Signaling (2022), doi: 10.1126/scisignal.abo5363
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