Laborexperiment identifiziert Asphalt als Quelle

Wei­ße Mi­kro­ben­mat­ten sie­del­ten sich be­reits nach we­ni­gen Ta­gen auf den Asphaltstü­cken in künst­li­chem Meer­was­ser an. Foto: MARUM – Zen­trum für Ma­ri­ne Um­welt­wis­sen­schaf­ten, Uni­ver­si­tät Bre­men; J. Brün­jes

… schwer abbaubarerer Schwefelverbindungen und Kohlenstoff

MARUM-Pu­bli­ka­ti­on: Na­tür­li­che Asphalt­ab­la­ge­run­gen als En­er­gie­quel­le in der Tief­see.

Gelangt Erdöl in das Meer, ist das nicht immer die Folge eines Ölunglücks. Es gibt natürliche Austrittsstellen, an denen Mikroorganismen das sickernde Öl als Energie- und Nahrungsquelle nutzen. Forschende vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen und des Instituts für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) der Universität Oldenburg haben erstmals in einem Laborversuch herausgefunden, was mit dem natürlich austretenden wasserlöslichen Teil des Öls geschieht: Während ein Teil als Energie- und Nahrungsquelle für Mikroorganismen dient, werden auch biologisch nicht abbaubare Komponenten freigesetzt, die in den Ozeanen für Jahrtausende verweilen. Die Ergebnisse ihres Laborexperiments hat das Team im Fachjournal Environmental Science & Technology veröffentlicht.

„Öl in den Ozeanen stammt zur Hälfte aus natürlichen Austrittsstellen. Die andere Hälfte stammt von menschengemachten Verunreinigungen. Wenn wir verstehen, wie lange es dauert, im Öl enthaltene Toxine abzubauen und zu ersetzen, dann können wir von der Natur lernen“, erklärt Erstautor Jonas Brünjes. Dem Team der Forschenden vom MARUM und der Universität Oldenburg ging es darum, wasserlösliche Ölkomponenten und deren mikrobiellen Abbau in der Tiefsee zu identifizieren. Bei menschengemachten Ölaustritten sind die Mengen oft so groß, dass das Ökosystem stark belastet und überlastet wird. Bei natürlichen Austritten aber handelt es sich um kleine Mengen und größere Zeitskalen, in denen das Öl austritt und die ein Ökosystem in der Tiefsee besser abbauen kann. Was genau dabei geschieht, haben Brünjes und seine Kolleg:innen in einem Laborversuch getestet.

Sie haben den Fokus dabei auf Schweröl beziehungsweise Asphalt gelegt. Solch ein so genannter Asphaltvulkan wurde erstmals im Golf von Mexico beschrieben, von dort – genauer vom Chapopote-Asphaltvulkan im südlichen Golf – stammen auch die Proben für den Laborversuch. Sie wurden bei einer METEOR-Expedition 2015 gewonnen.
Für den Versuch haben sie das Material aus einer Wassertiefe von etwa 2.500 Metern über vier Wochen in künstlichem Meerwasser aufbewahrt. Künstliches Meerwasser deshalb, weil es im Vergleich zu echtem Meerwasser zwar die Nährstoffe beinhaltet, nicht aber organische Stoffe. Folglich kamen als Quelle für organische Verbindungen im Laborversuch nur der Asphalt und dessen Abbauprodukte in Frage. „So konnten sich im Labor die Bakterien auf dem Asphalt ansiedeln, die auch in der Natur in Gemeinschaften an solch eigentlich toxischen Orten leben. Sie bilden die Nahrungsgrundlage in der Tiefsee für andere Lebewesen“, fasst Dr. Florence Schubotz zusammen. Sie hat das Projekt ins Leben gerufen und war auch bei den Probennahmen dabei.

Das Öl, das an so genannten Asphaltvulkanen austritt, ist komplex und enthält für uns Menschen hoch giftige Verbindungen. In der wasserlöslichen Fraktion des Asphalts fanden die Wissenschaftler:innen neben schwer abbaubaren Schwefelverbindungen auch sogenannten schwarzen Kohlenstoff (Black Carbon), der als biologisch nicht abbaubar gilt. Bislang war als Quelle für diese über zehntausende Jahre im Meer stabilen Verbindungen nur Ruß, der zum Beispiel bei Waldbränden entsteht, bekannt.

Die Studie bildet die Grundlage für weitere Untersuchungen, vor allem mit Blick auf Stoffkreisläufe in der Tiefsee und Elementzyklen, die bislang nicht vollständig verstanden sind. Neben dem rein quantitativem Ansatz, bei dem Budgets beziffert werden, geht es auch darum, in einem qualitativen Ansatz zu erforschen, was mit schwer abbaubarem Material in der Tiefsee geschieht.

Den Wissenschaftler:innen geht es darum, von der Natur zu lernen, darum wird am MARUM und im Rahmen des Exzellenzclusters „Der Ozeanboden – unerforschte Schnittstelle der Erde“ der Abbau unter anderem von Schweröl unter anaeroben und aeroben Bedingungen untersucht. Mit Letzterem hat sich Jonas Brünjes experimentell in seiner Dissertation beschäftigt.

Das MARUM gewinnt grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse über die Rolle des Ozeans und des Meeresbodens im gesamten Erdsystem. Die Dynamik des Ozeans und des Meeresbodens prägen durch Wechselwirkungen von geologischen, physikalischen, biologischen und chemischen Prozessen maßgeblich das gesamte Erdsystem. Dadurch werden das Klima sowie der globale Kohlenstoffkreislauf beeinflusst und es entstehen einzigartige biologische Systeme. Das MARUM steht für grundlagenorientierte und ergebnisoffene Forschung in Verantwortung vor der Gesellschaft, zum Wohl der Meeresumwelt und im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Es veröffentlicht seine qualitätsgeprüften, wissenschaftlichen Daten und macht diese frei zugänglich. Das MARUM informiert die Öffentlichkeit über neue Erkenntnisse der Meeresumwelt, und stellt im Dialog mit der Gesellschaft Handlungswissen bereit. Kooperationen des MARUM mit Unternehmen und Industriepartnern erfolgen unter Wahrung seines Ziels zum Schutz der Meeresumwelt.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Jonas Brünjes
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften
Universität Bremen
E-Mail: jonas.bruenjes@uni-bremen.de

Dr. Florence Schubotz
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften
Universität Bremen
Telefon: 0421 – 218 65724
E-Mail: fschubotz@marum.de

Originalpublikation:

Jonas Brünjes, Michael Seidel, Thorsten Dittmar, Jutta Niggemann, and Florence Schubotz: Natural Asphalt Seeps Are Potential Sources for Recalcitrant Oceanic Dissolved Organic Sulfur and Dissolved Black Carbon. Environmental Science & Technology Article ASAP. DOI: 10.1021/acs.est.2c01123

Weitere Informationen:

http://www.marum.de/Entdecken/Asphaltablagerung.html

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Ulrike Prange Pressestelle
MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen

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