Neuer Meilenstein in der Magnetresonanztomographie von Pflanzen

Nicht-invasive CEST-MRT der
Zucker- (links) und
Aminosäurenverteilung (rechts)
in einer Kiwi (Actinidia deliciosa)
(c) IPK Leibniz Institut

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist eine vielseitige Technik in der Biomedizin. Ihre Anwendung zur Untersuchung des pflanzlichen Stoffwechsels in vivo stellt die Wissenschaft jedoch noch vor Herausforderungen. Ein Forschungsteam unter der Leitung von Dr. L. Borisjuk (IPK Leibniz-Institut) und Prof. P.M. Jakob (Universität Würzburg) hat nun mit dem ‚Chemical Exchange Saturation Transfer‘ (CEST) eine neue Methode für die Pflanzen-MRT entwickelt. Sie ermöglicht einen nicht-invasiven Zugang zum Stoffwechsel von Zuckern und Aminosäuren in komplexen Speicherorganen (Samen, Früchte, Pfahlwurzeln und Knollen) wichtiger Kulturpflanzen (Mais, Gerste, Erbse, Kartoffel, Zuckerrübe und Zuckerrohr).

Die „Omics“-Technologien – Genomik, Transkriptomik, Proteomik und Metabolomik – spielen in der modernen Pflanzenwissenschaft und Systembiologie eine entscheidende Rolle für die Entdeckung neuer Erkenntnisse. Im Gegensatz zu dem eher „statischen“ Genom sind das Metabolom und die darin gemessenen Produkte sehr dynamisch. Sie werden sowohl räumlich als auch zeitlich reguliert. In der Biomedizin ist die leistungsfähigste technologische Plattform für In-vivo-Stoffwechseldiagnostik und Funktionsstudien die Kernspintomographie (NMR) oder die Magnetresonanztomographie (MRT). In der Pflanzenbiologie wird schon seit langem nach einer ähnlichen Methode gesucht.

Die interdisziplinäre Forschungsgruppe „Assimilatallokation und NMR“ am IPK erforscht das Potenzial der NMR-Bildgebung in den Pflanzenwissenschaften. Die Einrichtung der neuen NMR-Plattform, die durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und die Investitionsbank des Landes Sachsen-Anhalt finanziell ermöglicht wurde, ist dafür eine wichtige Grundlage.

Die herkömmliche 1H-NMR-Bildgebung biologischem Gewebes etwa stützt sich auf Signale, die vor allen von Wasser- oder Lipidprotonen stammen. Da die Protonenkonzentration von Metaboliten typischerweise um mindestens drei Größenordnungen niedriger ist als die von Wasser, erfordert der (direkte) In-vivo-Nachweis von Metaboliten eine wirksame Unterdrückung des Wassersignals. Das aber ist in pflanzlichen Proben schwer möglich.

Eine Lösung könnte CEST bieten. Bei CEST wird die Magnetisierung von anderen Molekülen auf Wassermoleküle übertragen, sodass der Sättigungseffekt und die damit verbundene Signalreduktion, die ursprünglich bei der Zielspezies beobachtet wurde, auch in Wasser beobachtet werden kann. „Auf diese Weise ermöglicht CEST den Nachweis verschiedener Metaboliten aufgrund ihrer Fähigkeit, Protonen mit Wasser auszutauschen, und liefert so einen zusätzlichen MRT-Kontrast“, erklärt Simon Mayer, Erstautor der aktuellen Studie und Forscher am IPK. „Aufgrund der hohen Empfindlichkeit der Signaldetektion und der geringen Anfälligkeit für Magnetfeldinhomogenitäten analysiert CEST heterogene botanische Proben, die für konventionelle Magnetresonanzspektroskopie unzugänglich sind.“

Die Ergebnisse, die jetzt in der Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlicht worden sind, sind sehr vielversprechend. „Unsere Studien zeigen, dass CEST ein leistungsfähiger MRT-Ansatz ist, der die In-vivo-Stoffwechselanalyse in Pflanzen erleichtert und trotz der magnetischen Heterogenität der Proben eine mikroskopische Auflösung und dynamische Bewertung der Zucker- und Aminosäureverteilung ermöglicht. Die Anwendung auf verschiedene Pflanzen zeigt, dass CEST zur nichtinvasiven Visualisierung von Metaboliten in unterschiedlichen Pflanzenarten-, Sorten und zur diagnostischen Analyse von Organen genutzt werden kann, ohne dass eine vorherige Markierung oder aufwendige Probenaufbereitung erforderlich ist“, erläutert Dr. Ljudmilla Borisjuk, Leiterin der Arbeitsgruppe „Assimilatallokation und NMR“ am IPK.

Das Forschungsteam zeigte in der aktuellen Studie die Dynamik von Metaboliten in sich entwickelnden Samen. Eine Analyse die bisher mit herkömmlichen Techniken nicht möglich war. Für die Pflanzenzüchtung sind die bessere Kenntnis der räumlichen und zeitlichen Dynamik von Zuckern oder Aminosäuren in den Speicherorganen sehr wichtig. Ihre Verteilung beeinflusst den Stofftransport und den Stoffwechsel in vielerlei Hinsicht, und dieses Wissen fließt letztlich in die Verbesserung von Kulturpflanzen ein.

CEST bietet neue Möglichkeiten zur Analyse dynamischer Veränderungen von Metaboliten in lebenden Pflanzen. Es ist besonders wichtig für das Verständnis der Merkmalsbildung und für die Unterstützung der Züchtung durch In-vivo-Tests der metabolischen Reaktionen auf gentechnische und/oder entwicklungsbedingte Veränderungen.

„Die Visualisierung der Metabolitendynamik in lebenden Pflanzen ist ein hervorragendes Instrument, um strukturelle und metabolische Interaktionen bei der Reaktion von Pflanzen auf sich ständig verändernde Umweltbedingungen besser zu verstehen. Daher ist die Einführung von CEST, das die interne Gewebestruktur und die Metabolitendynamik sichtbar macht, ein wichtiger Meilenstein“, sagt Dr. Ljudmilla Borisjuk.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Ljudmilla Borisjuk
Tel.: +49 39482 5687
borisjuk@ipk-gatersleben.de

Originalpublikation:

Mayer et al. (2024): Metabolic imaging in living plants: A promising field for chemical exchange saturation transfer (CEST) MRI. Science Sdvances. DOI: 10.1126/sciadv.adq4424

http://www.ipk-gatersleben.de

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Christian Schafmeister Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung

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