Licht liefert händische Moleküle ohne Spiegelbild

Professor Dr. Eric Meggers und sein Team schreiben in „Nature“ über asymmetrische Katalyse. (Foto: Philipps-Universität Marburg / Rolf K. Wegst)

Das berichtet eine Forschergruppe um Professor Dr. Eric Meggers von der Philipps-Universität Marburg in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Nature“. Wie das Team ausführt, reicht sichtbares Licht als Energiequelle aus, um sortenreine händische Kohlenstoffverbindungen herzustellen – ohne die Beimengung von spiegelbildlichen Molekülen.

„Sichtbares Licht – zum Beispiel in Form von Sonnenlicht – gilt als umweltschonende Energieform, um chemische Umwandlungen in Gang zu bringen“, sagt Arbeitsgruppenleiter Eric Meggers von der Philipps-Universität, Mitverfasser der aktuellen Veröffentlichung. Die in der Studie geschilderten Experimente nutzen sichtbares Licht für die so genannte asymmetrische Katalyse.

Viele chemische Verbindungen liegen in zwei spiegelbildlichen Formen vor. Ihre Konfigurationen verhalten sich zueinander wie die linke und rechte Hand: Sie sind durch keinerlei Drehung miteinander in Deckung zu bringen. Man spricht deshalb von der Eigenschaft der Händigkeit oder Chiralität.

Beispiele für chirale Moleküle – so genannte Spiegelbildisomere oder Enantiomere – sind die linksdrehende und rechtsdrehende Milchsäure, wie man sie aus Lebensmitteln kennt; man unterscheidet sie nach der Richtung, in der sie die Polarisationsebene des Lichts drehen. „Ein Großteil der organischen Chemiker weltweit arbeitet an der Lösung des Problems, wie chirale Moleküle einer bestimmten Konfiguration hergestellt werden können“, sagt Meggers. Medizinische Anwendungen erfordern nämlich Wirkstoffe in nur einer der beiden Formen, da deren Mischung fatale Folgen haben kann, wie das Beispiel des Medikaments Contergan vor 50 Jahren drastisch vor Augen führte.

Will man die beiden Formen nicht nachträglich sortieren, so bietet sich die asymmetrische Katalyse an. Ein Katalysator setzt die Energie herab, die für eine chemische Reaktion erforderlich ist, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. „Wir haben einen metallhaltigen Katalysator entwickelt, der sichtbares Licht als Aktivierungsenergie nutzt und eine effektive stereoselektive Synthese anstößt“, erläutert Meggers.
Obwohl der Katalysator strukturell recht einfach ist, vereint er in sich mehrere Funktionen, die ansonsten in einzelnen Schritten abgearbeitet werden müssen. So dient er dazu, Licht als Energiequelle heranzuziehen und steuert gleichzeitig die Händigkeit der Reaktionsprodukte.

Neben Meggers und seinen Mitarbeitern sind die Arbeitsgruppe um Professor Dr. Gerhard Hilt sowie die Kristallstrukturanalyse um Dr. Klaus Harms an der aktuellen Veröffentlichung beteiligt. Die Arbeit an der Publikation wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie durch ein Doktorandenstipendium des „China Scholarship Council“ gefördert.

Eric Meggers’ Arbeitsgruppe im Fachbereich Chemie der Philipps-Universität forscht über die Anwendung metallorganischer Verbindungen in der Medizin und zur Katalyse. Meggers betreut außerdem eine Arbeitsgruppe an der Universität von Xiamen in der Volksrepublik China. Der Hochschullehrer ist Sprecher des Marburger Forschungsverbunds „Innovative Synthesechemie für die selektive Modulation biologischer Prozesse (SynChemBio)“, der durch die Hessische Landesinitiative „LOEWE“ gefördert wird. Ausführliche Informationen zu Eric Meggers und seiner wissenschaftlichen Arbeit bietet die Broschüre „Forschen in Marburg“ der Philipps-Universität, die soeben erschienen ist.

Originalveröffentlichung: Haohua Huo & al.: Asymmetric photoredox transition-metal catalysis activated by visible light, Nature 2014, DOI: 10.1038/nature13892

Weitere Informationen:
Ansprechpartner: Professor Dr. Eric Meggers,
Fachbereich Chemie
Tel.: 06421 28-21534
E-Mail: meggers@chemie.uni-marburg.de
Internet: http://www.uni-marburg.de/fb15/ag-meggers

Pressemitteilung zum „LOEWE“-Schwerpunk „Innovative Synthesechemie für die selektive Modulation biologischer Prozesse (SynChemBio)“: http://www.uni-marburg.de/aktuelles/news/2013c/0712b

Eric Meggers im Marburger Unijournal 2009: http://www.uni-marburg.de/aktuelles/unijournal/juli2009/22-25

Broschüre „Forschen in Marburg“: https://www.uni-marburg.de/service/shop/forschungsbroschuerepdf 

Media Contact

Johannes Scholten idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

3D-Tumormodelle für Bauchspeicheldrüsenkrebsforschung an der Universität Halle

Organoide, Innovation und Hoffnung

Transformation der Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) bleibt eine der schwierigsten Krebsarten, die es zu behandeln gilt, was weltweite Bemühungen zur Erforschung neuer therapeutischer Ansätze anspornt. Eine solche bahnbrechende Initiative…

Leuchtende Zellkerne geben Schlüsselgene preis

Bonner Forscher zeigen, wie Gene, die für Krankheiten relevant sind, leichter identifiziert werden können. Die Identifizierung von Genen, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, ist eine der großen…

Effizientere Autodesigns mit KI

8.000 Open-Source-Modelle für nachhaltige Mobilität. Neue Fahrzeuge zu designen ist teuer und zeitaufwendig. Daher kommt es zwischen den Modell-Generationen in der Regel nur zu kleinen Veränderungen. Mit DriverAerNet++ haben Forschende…