Long Covid: Auf der Suche nach den Auslösern

Fluoreszenzkonfokales Bild von kultivierten humanen Zellen. Zu sehen ist die Reaktivierung von HHV-6 (GFP-positive Zellen, grün), die den Verlust von Mitochondrien (rot) verursacht. Die Zellkerne sind blau gefärbt.
AG Prusty / Universität Würzburg

Manche Covid-19-Patienten sind noch Monate nach der Infektion dauerhaft geschwächt. Ihre Symptome gleichen denen des Chronischen Erschöpfungssyndrom. Ein Forscher der Uni Würzburg sucht jetzt nach den Parallelen.

Die Betroffenen sind ständig müde und erschöpft, schon am Morgen fehlt ihnen häufig die Kraft aufzustehen oder auf die Arbeit zu gehen. Dazu gesellen sich bei vielen von ihnen Muskelschmerzen, Nervenstörungen und grippeähnliche Symptome, die über Jahre anhalten können. An ein normales Leben ist für sie kaum mehr zu denken.

Das Chronische Erschöpfungssyndrom (CFS), mittlerweile auch Myalgische Enzephalomyelitis (ME) genannt, stellt Wissenschaft und Medizin seit vielen Jahren vor große Rätsel. Noch immer hat die Suche nach den Ursachen der Erkrankung keinen wirklichen Durchbruch verzeichnet, viele Faktoren stehen als Auslöser unter Verdacht – angefangen bei Infektionen über Hormonstörungen bis zu einer Fehlreaktion des Immunsystems. Und eine Therapie gibt es dementsprechend auch nicht.

Weltweit führender Experte für CFS/ME

Dazu kommt: Seit dem Beginn der Corona-Pandemie hat sich die Situation verschärft. Denn während der Großteil der an Covid-19 Erkrankten die Krankheit vergleichsweise glimpflich übersteht, leidet ein geringer Prozentsatz der Betroffenen auch Monate später noch unter Beschwerden, die einem Chronischen Erschöpfungssyndrom sehr stark ähneln. Von „Long Covid“ oder dem „Post-Covid-Syndrom“ sprechen Mediziner in diesem Fall. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Long Covid inzwischen als eigenständige Erkrankung anerkannt und die Ähnlichkeit mit dem Erschöpfungssyndrom attestiert.

Einer der wenigen Wissenschaftler, die sich weltweit mit den Ursachen der Myalgischen Enzephalomyelitis beschäftigen, ist Dr. Bhupesh Prusty, Gruppenleiter am Lehrstuhl für Virologie der Julius-Maximilians-Universität. Prusty hat ein spezielles Virus als Auslöser dieser und etlicher anderer neurologischer Krankheiten im Verdacht: das Humane Herpes Virus-6 (HHV-6).

Angriff auf die Kraftwerke der Zellen

Wie Prusty und andere Wissenschaftler in der Vergangenheit zeigen konnten, integriert sich das Virus häufig in das menschliche Erbgut. Entgegen der vorherrschenden Meinung legt es damit nicht zwangsläufig seine Aktivitäten dauerhaft ab. Bestimmte Faktoren können es wieder aktivieren – beispielsweise eine zusätzliche Infektion mit Chlamydien oder Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken – wie Prustys Arbeiten zeigen.

Dann greift HHV-6 die Kraftwerke der Zelle an, die Mitochondrien, und verursacht dort Fehlfunktionen. Befallene Mitochondrien erzeugen weniger ATP – Energielieferanten im menschlichen Körper – und zeigen starke Schwankungen in ihrem Kalzium-Haushalt. Gut möglich, dass auch eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus die Herpesviren erneut aktiv werden lässt.

Viel Geld von zwei britischen Stiftungen

Ob das tatsächlich so ist: Daran kann Prusty in den kommenden Jahren mit besonderem Nachdruck forschen. Zwei Stiftungen statten ihn dafür mit viel Geld aus: Insgesamt 900.000 US-Dollar – umgerechnet rund 750.000 Euro – erhält Prusty von der Amar Foundation. Die US-amerikanische Wohltätigkeitsorganisation finanziert damit Prustys Arbeiten zu SARS-CoV-2, dem Ursprung des Chronischen Müdigkeitssyndroms und der mitochondrialen Dysfunktion bei ME/CFS.

Mit rund 200.000 Pfund – umgerechnet etwas über 240.000 Euro – unterstützt eine britische Stiftung Prustys Arbeit auf dem gleichen Gebiet: die ME Research UK, eine Organisation, die sich das Ziel gesetzt hat, „qualitativ hochwertige wissenschaftliche Untersuchungen zu den Ursachen, Folgen und der Behandlung der Myalgischen Enzephalomyelitis / des Chronischen Erschöpfungssyndroms in Auftrag zu geben und zu finanzieren“.

Genauer Blick auf die Vorgänge in den Zellen

„Wir hier in Würzburg haben ein spezielles Arbeitsmodell, um sowohl an Long Covid als auch an der Myalgischen Enzephalomyelitis zu arbeiten“, erkärt Bhupesh Prusty. Mithilfe spezieller Techniken und Verfahren können Prusty und seine Arbeitsgruppe einen genauen Blick in das Innere einzelner Zellen zu werfen und dabei detailliert zu entschlüsseln, zu welchem Zeitpunkt welche Gene aktiviert sind und welche Prozesse sie dabei in Gang setzen. „Auf diese Weise werden wir in der Lage sein besser zu verstehen, wie Krankheitserreger, insbesondere Herpesviren wie HHV-6, spezifische menschliche Zellen einschließlich der Immunzellen verändern, um diese Krankheiten zu verursachen“, sagt Prusty.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Bhupesh Prusty, Lehrstuhl für Virologie, T: +49 931 31-88067, bhupesh.prusty@biozentrum.uni-wuerzburg.de

http://www.uni-wuerzburg.de

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Kristian Lozina Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

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