Mehr Zucker aus der Rübe holen
Zuckerrüben, die wichtigsten Zuckerpflanzen in den gemäßigten Breiten, könnten schon bald einen deutlich höheren Ertrag erzielen. Denn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Pflanzenbau und -züchtung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) haben nach dem Zuckerrübengen BTC1, welches das sogenannte „Schossen“ (die Streckung von Trieben und Ausbildung von Blütenständen) reguliert, ein weiteres Gen identifiziert, das den Blühzyklus steuert – und damit auch indirekt die Speicherung von Zucker in der Wurzel. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind im Journal PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences USA) veröffentlicht.
Die Zuckerrübe speichert Zucker in einer verdickten Speicherwurzel und ist die einzige Kulturpflanze, die in Europa zur Zuckerproduktion angebaut wird. Zuckerrüben sind von Natur aus zweijährig, das heißt, sie benötigen eine längere Kälteperiode, um zu blühen.
Da das so genannte Schossen, die Streckung der Sprossachse mit dem anschließenden Blühen, die Wurzelmasse und damit auch den Zuckerertrag reduziert, werden Zuckerrüben zur Zeit als einjährige Pflanzen kultiviert und vor Wintereinbruch geerntet. Winterrüben, die im Herbst gesät und erst im darauffolgenden Jahr geerntet werden, könnten den Ertrag erhöhen.
Dafür ist es jedoch notwendig, dass Winterrüben nach dem Winter nicht oder zumindest zeitverzögert schossen oder blühen. Für die Kultivierung von Zuckerrüben ist die Blühzeitkontrolle also von erheblicher Bedeutung. „Das ist ein wichtiger Schritt, um die Zucht von Winterzuckerrüben zu verbessern“, sagt Professor Christian Jung, Direktor des Instituts für Pflanzenzüchtung der CAU.
Zuletzt wurde 2012 das Schossgen BTC1 (B) in einem internationalen Kooperationsprojekt identifiziert. In Zusammenarbeit mit der Universität Bielefeld ist es nun gelungen, ein weiteres Schossgen, BvBBX19 (B2) zu identifizieren.
„Wir haben rund 6000 Pflanzen der zweiten Folgegeneration und deren Nachkommen unter anderem phänotypisch (auf äußere Merkmale) untersucht und dafür jede Pflanze zwei Mal wöchentlich begutachtet“, beschreibt Nadine Dally, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung, ihr Aufgabengebiet.
„Wir haben schon damit gerechnet, dass wir am Ende meiner Arbeit das Gen identifizieren, aber wir konnten nun sogar zusätzlich seine Funktion ermitteln“, erzählt sie.
Die Ergebnisse zeigen, dass in der Zuckerrübe nicht wie erwartet nur ein Schossgen (BTC1), sondern mindestens die beiden Gene B und B2 gemeinsam die Blüte regulieren. Sobald eines der beiden Gene mutiert ist, und damit eine sogenannte rezessive Merkmalsausprägung vorliegt, sind die Pflanzen zweijährig und benötigen eine Kälteperiode, um zu blühen.
Das lässt darauf hoffen, dass durch Kombination der beiden rezessiven Gene die Pflanzen auch nach dem Winter gar nicht oder nur sehr verspätet schossen und somit als Winterrüben angebaut werden können. Die Zuckerrübe könnte so länger wachsen und mehr Zucker speichern. Um rund 25 Prozent höhere Erträge wären möglich. „Damit könnte die Rübe auch eine Alternative zum Mais als Substrat für die Biogasanlagen werden“, fügt Nadine Dally hinzu.
Die Forschungsarbeit dieses Gemeinschaftsprojektes wurde finanziert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Projektpartner war das Centrum für Biotechnologie (CeBiTeC) der Universität Bielefeld.
http://www.pnas.org/content/early/2014/06/25/1404829111.abstract – Originalpublikation:
http://Nadine Dally, Ke Xiao, Daniela Holtgräwe, and Christian Jung: The B2 flowering time locus of beet encodes a zinc finger transcription factor, PNAS 2014 ; published ahead of print June 25, 2014, doi:10.1073/pnas.1404829111.
http://www.uni-kiel.de/pressemeldungen/index.php?pmid=2014-251-zuckerruebe – Pressemitteilung auf den Seiten der CAU Kiel
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