Membranscheibchen als Gegengift

Membranscheibchen als Gegengift
(c) Wiley-VCH

Nanodisks aus Erythrocyten-Membranen neutralisieren Bakterien-Toxine.

Winzige scheibenförmige Membranstückchen, sogenannte Nanodisks, eröffnen interessante Perspektiven für die Nanomedizin. Während sie bisher meist aus synthetischen Lipiden und Proteinen hergestellt werden, stellt ein Forschungsteam in der Zeitschrift Angewandte Chemie jetzt Nanodisks auf Basis von Zellmembranen menschlicher roter Blutkörperchen vor, die gefährliche bakterielle Toxine neutralisieren können.

Nanodisks sind scheibenförmige Lipid-Doppelschichten mit Durchmessern meist unterhalb von 20 nm, die gerüstartig von Proteinen, Peptiden oder synthetischen Polymeren umfangen und so stabilisiert werden. Dank ihrer Scheibenform werden sie wesentlich weniger von Immunzellen „verschluckt“ und zerstört als ihre kugelförmigen Pendants. Das macht sie attraktiv für Anwendungen wie den gezielten Wirkstofftransport. Aufgrund der geringen Größe und der Scheibenform können Nanodisks effektiv in Lymphknoten eindringen und könnten daher auch interessante Nanovakzine bilden.

Bisher basieren Nanodisks meist auf synthetischen Lipid-Doppelschichten, deren Lipid-Zusammensetzung für spezifische Anwendungen jedoch sorgfältig und aufwändig optimiert werden muss. Zudem können synthetische Lipide unerwünschte Immunreaktionen hervorrufen. Das Team um Liangfang Zhang von der University of California San Diego (La Jolla, USA) setzt nun auf natürliche Zellmembranen als Ausgangspunkt für Nanodisks. Natürliche Membranen enthalten native Lipide und Proteine, deren biologische Funktionen in den Nanodisks erhalten bleiben und therapeutisch nutzbar sein könnten. Anhand von Membranen roter Blutkörperchen demonstrierte das Team die Machbarkeit des Konzepts.

Rote Blutkörperchen wurden zum Platzen gebracht, die Membranen abgetrennt und mit einem Copolymer aus Styrol und Maleinsäure gemischt. Dabei bilden sich Nanodisks (NDs), die aus den natürlichen Membranlipiden und –proteinen roter Blutkörperchen (red blood cells, RBC) bestehen und vom Copolymer stabilisiert werden. Die als RBC-NDs bezeichneten winzigen Gebilde sind lange lagerbar, biokompatibel und nicht-toxisch.

Interessanterweise sind die RBC-NDs in der Lage, bestimmte bakterielle Toxine effektiv zu neutralisieren, wie Tests mit α-Toxin aus einem Methicillin-resistenten Stamm von Staphylococcus aureus ergaben. S. aureus kommt fast überall vor und ist an sich harmlos. Bei (immun)geschwächten Patient:innen, offenen Wunden, nach Operationen etc. können sie sich jedoch ausbreiten und z.B. lebensbedrohliche Lungenentzündungen, Toxischen Schock und Blutvergiftung hervorrufen. Besonders gefährlich sind Stämme, die gegen Antibiotika resistent sind. α-Toxin, das Hauptgift, zerstört rote Blutkörperchen (Hämolyse). In vitro konnten RBC-NDs α-Toxin binden und dessen Hämolyse und Cytotoxizität aufheben. In vivo verbesserte die Injektion von RBC-NDs die Überlebenschancen von Mäusen erheblich, denen α-Toxin bzw. eine komplexe Mischung der verschiedensten von S. aureus abgesonderten Proteine verabreicht wurde.

Die Design-Strategie für die RBC-NDs könnte auch auf andere Arten von Zellmembranen übertragen werden für eine breite Anwendung.

Angewandte Chemie: Presseinfo 12/2023

Autor/-in: Liangfang Zhang, University of California, San Diego (USA), http://nano.ucsd.edu/~l7zhang/

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.
Die „Angewandte Chemie“ ist eine Publikation der GDCh.

Originalpublikation:

https://doi.org/10.1002/ange.202301566

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Dr. Karin J. Schmitz Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
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