Mikroben schicken Elektronen in magnetischen Partikeln auf den Langstreckentransport
Bakterien können Elektronen – gleichzusetzen mit „Energie“ – direkt in feste leitfähige magnetische Mineralien, sogenannte Magnetite, pumpen und im Magnetit über lange Strecken transportieren. Das hat ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Dr. James Byrne und Professor Andreas Kappler vom Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Universität Tübingen festgestellt.
Dies bedeutet für die Forscher einen Durchbruch bei der Frage, wie Mikroorganismen über weite Entfernungen Zugang zu Energiequellen finden. Die Entdeckung, die im Journal Scientific Reports veröffentlicht wurde, hat nach Einschätzung der Forscher das Potenzial, den Weg zu neuen Energiespeichertechnologien zu öffnen, bei denen einfach zu züchtende Bakterien mit in der Umwelt reichlich vorhandenen magnetischen Eisenablagerungen zusammengebracht werden könnten.
Der Austausch von Elektronen zur Bereitstellung von Energie ist schon lange als treibende Kraft allen Lebens auf der Erde erkannt worden. „Bakterien setzen Energie für den Eigengebrauch frei, indem sie Elektronen von einer Quelle zu einem Ablagerungsort auf niedrigerem Energieniveau verschieben “, erläutert James Byrne, der Erstautor der Studie. Geeignete Elektronenspender und -empfänger zu finden, könne jedoch eine große Herausforderung für die Bakterien sein. Daher hätten viele Organismen besondere Strategien entwickelt, um alle möglichen Materialien für diese Zwecke nutzen zu können.
Mithilfe von magnetischen Messungen, hochauflösender Elektronenmikroskopie und der leistungsstarken Synchrotroneinrichtung Diamond Light Source in Großbritannien konnte das Forscherteam nun nachweisen, dass viele der Mikroben Elektronen direkt in magnetische Eisenteilchen hineinpumpen oder aus ihnen abziehen können. Auf diese Weise können die Partikel genutzt werden, um Energie zu speichern – oder sogar als Energieüberträger über relativ weite Entfernungen.
„Das ist besonders interessant, wenn man bedenkt, über welche Distanzen diese Prozesse ablaufen“, sagt Byrne. „Bakterien sind meistens nur einen Mikrometer lang, also hundertmal kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haars. Der Elektronentransfer läuft aber teilweise über mehrere Zentimeter hinweg. Auf den Menschen übertragen müsste dieser noch in der Lage sein, einen Apfel in mehreren Kilometern Entfernung zu verzehren.“
Einige Typen von Bakterien können bei der Eisenoxidation die Elektronen nur aus den äußeren Nanometern der Magnetit-Partikel herausziehen, andere Bakterientypen sind dagegen bei der Eisenreduktion in der Lage, die Elektronen ins Innere des Magneten zu pumpen. Dies spiegelt sich auch im Verhalten der Bakterien: Die Eisen-oxidierenden Bakterien können für die Aufrechterhaltung ihres Stoffwechsels und das Wachstum nur die kleinsten Teilchen verwenden; die Eisen-reduzierenden Typen zeigten sich hingegen wenig wählerisch und nutzten Magnetit-Teilchen aller Größen als Elektronenempfänger.
Byrne sagt zusammenfassend: „Unsere Ergebnisse machen deutlich, dass Bakterien Elektronen in praktisch überall verfügbaren Materialien lagern können. Die Elektronen können zu einem späteren Zeitpunkt oder einem weiter entfernten Ort wieder abgezogen werden – durch die Bakterien selbst oder auch zur industriellen Nutzung.“
Publikation:
James M. Byrne, Gerrit van der Laan, Adriana I. Figueroa, Odeta Qafoku, Chongmin Wang, Carolyn I. Pearce, Michael Jackson, Joshua Feinberg, Kevin M. Rosso, Andreas Kappler (2016), Size dependent microbial oxidation and reduction of magnetite nano- and micro-particles, Scientific Reports, in press.
Kontakt:
Dr. James Byrne und Prof. Dr. Andreas Kappler
Universität Tübingen
Zentrum für Angewandte Geowissenschaften
james.byrne[at]uni-tuebingen.de; Telefon +49 7071 29-75496
andreas.kappler[at]uni-tuebingen.de; Telefon +49 7071 29-74992
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