Mit Licht auf Trab gebracht

Im Labor wird im Reagenzglas der oxidative Stress nachgebildet, der in der Leber zur Kupferspeicherkrankheit führt. Dabei nutzt das Team Photokatalysatoren, die sie mittels Licht geeigneter Wellenlänge aktivieren.
Nordlicht/LIKAT

Exzellenzinitiative am LIKAT erfolgreich abgeschlossen.

Mit einer Promotion und drei Masterarbeiten haben Nachwuchsforscher am Leibniz-Institut für Katalyse, LIKAT, ihren Part an der Landes-Exzellenzinitiative PePPP abgeschlossen. Sie erkundeten photochemische Mechanismen zur Synthese von Therapeutika gegen die sogenannte Kupferspeicherkrankheit. Dabei beeinträchtigen z.B. fehlgefaltete Proteine die Aufnahme von Kupfer und begünstigen oxidativen Stress in den Körperzellen. LIKAT-Chemiker testeten u.a. katalytische Verfahren um die Proteine bei der exakten Faltung zu unterstützen und wieder funktionstüchtig zu machen.

In dem Forschungsverbund sollten Nachwuchskräfte aus der Pharmazeutik, Klinik, Chemie, Physik und Ethik neue Wege für die Entwicklung von Therapien bei Leber- und Pankreaserkrankungen beschreiten. Das Projekt wurde von der EU für vier Jahre mit fünf Millionen Euro gefördert. Neben dem LIKAT waren fünf Partner-Institute an den Universitäten Rostock und Greifswald beteiligt.

Baseball oder Tennisball?

Kupfer ist ein wichtiges Spurenelement, unser Organismus braucht es u.a. für die Zellatmung. Ein Zuviel davon allerdings schadet, wie das seltene Stoffwechsel-Leiden Morbus Wilson zeigt, bei dem sich Kupfer in Zellen der Leber anreichert. Grund sind Mutationen eines einzigen Gens, was für Baufehler im zuständigen Protein sorgt. Das Protein büßt seine Funktion ein, es vermag überschüssige Kupferatome nicht mehr einzufangen.
Nachwuchsgruppenleiterin Dr. Jola Pospech erläutert die verantwortliche Protein-Struktur, mit der die Chemiker im Labor auf der molekularen Ebene zu tun hatten: „Wir können sie uns das Protein wie eine Hand vorstellen, die einen Baseball, hier also das Kupferatom, umschließen soll. Ist das Protein falsch gefaltet, bleibt die Hand vielleicht offen und kann den Ball bezihungsweise das Kupfer nicht greifen. Oder die Hand greift den falschen Gegenstand, sagen wir einen Tennisball, und das Kupfer hat keinen Platz mehr.“ In beiden Fällen gelangt das Kupfer nicht in den Stoffwechsel, es sammelt sich in der Zelle.

Aufgabe der beteiligten LIKAT-Chemiker war es, das fehlerhafte Protein katalytisch auf Trab zu bringen, d.h. es durch chemische Impulse dazu zu bewegen, gewissermaßen seine Hand um das Kupfer zu schließen bzw. den Tennisball loszulassen, um Platz für den Baseball zu schaffen.

Stoffwechsel photokatalytisch imitiert

Dr. Pospech: „Wir testeten unterschiedlichste Substanzen auf ihre Fähigkeit, das Protein bei der richtigen Faltung zu unterstützen.“ Um diese Faltungshelfer zu synthetisieren, nutzten sie Katalysatoren, die sie mit Licht aktivierten. Dadurch können Verbindungen hergestellt werden, die auf thermischen Weg schwer zugänglich sind. Das Team um Jola Pospech verwendete dabei Katalysatoren, die den Enzymen in diesem natürlichen Prozess in der Leber sehr ähnlich sind, und konnte so auch oxidativen Stress im Reaktionsgefäß künstlich erzeugen. Dr. Pospech: „Auf diese Weise bekommen wir Zugang zu den Stoffwechselprodukten der Faltungshelfer, den sogenannten Metaboliten, die nun gezielt hergestellt und auf ihre Effektivität getestet werden können.“

Außerdem synthetisierten die Projektbeteiligten am LIKAT Kupfer-Sonden-Moleküle, mit denen ihre Partner im Forschungsverbund die Menge des Kupfers ermitteln können, das sich in den Zellen ansammelt. Die Sonden zeigen den Befund durch Fluoreszieren an, und zwar umso stärker, je höher die zelluläre Kupfer-Belastung.

Mit dem Projekt flügge geworden

Von einem neuen Therapeutikum gegen Morbus Wilson sind die Forscher noch weit entfernt. Das sei auch gar nicht vordergründig das Ziel gewesen, wie Jola Pospech sagt. Die Exzellenzinitiative sollte dem wissenschaftlichen Nachwuchs vor allem die Scheu vor der Nachbardisziplin nehmen und Gelegenheit zu interdisziplinärer Forschung bieten.

Am LIKAT seien die Beteiligten, ein Promovend und drei Masterabsolventen, „recht flügge geworden“, wie ihre Forschungsleiterin Dr. Pospech sagt. Sie nehmen jetzt die nächsten akademischen Hürden an den Universitäten in Regensburg und Aarhus, auch bei der Bayer AG. „Ein Kollege, Chemiker wie wir, wird jetzt im Fachbereich Physik promovieren.“

Insgesamt förderte das Verbundprojekt PePPP im Land zwei NachwuchsgruppenleiterInnen, 9 Postdocs, 11 Promovenden und 16 wissenschaftliche bzw. studentische Hilfskräfte.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Jola Pospech, E-Mail: jola.pospech@catalysis.de, Tel.: +49 (0)381 1281-177

http://www.catalysis.de

Media Contact

Dr. Martha Höhne Pressestelle
Leibniz-Institut für Katalyse

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