Neuartiges Krebs-Therapeutikum
… mit Komponenten aus der Grundlagenforschung am FMP geht in klinische Phase.
Wegweisende Innovationen von Forschenden des Leibniz-Forschungsinstituts für Molekulare Pharmakologie (FMP) lieferten die Basis für die Entwicklung eines Antikörper-Wirkstoff-Konjugats (ADCs) durch das Unternehmen Tubulis, das nun im Rahmen einer Phase-I/IIa-Studie bei Tumor-Erkrankten eingesetzt wird. Durch eine neue Linkerchemie, die so genannte P5-Technologie, wird der Wirkstoff sicher an sein Ziel gebracht und kann seine Wirkung zudem über lange Zeit entfalten. Die klinische Erprobung nur wenige Jahre nach der Entdeckung der P5-Technologie stellt einen bedeutenden Erfolg dar, der das Potenzial für angewandte Forschung in einem Grundlagenforschungsinstitut aufzeigt.
Um Krebserkrankungen zu bekämpfen, sind Wirkstoffe gefragt, die gezielt erkrankte Zellen ansteuern und sie vernichten – ohne dass das umliegende gesunde Gewebe oder andere Körperfunktionen Schaden nehmen, wie häufig bei klassischen Chemotherapien beobachtet. So genannte Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADCs) sind in der Lage, Tumorzellen gezielt anzugreifen, indem die Antikörper toxische Wirkstoffe an gesunden Zellen vorbei direkt am Tumor abliefern. ADCs werden bereits seit vielen Jahren eingesetzt, haben aber oft nur eine begrenzte Wirksamkeit. Das liegt vor allem daran, dass Wirkstoffe ihr Ziel, die Tumorzelle, gar nicht erst erreichen, sondern vorher abfallen. Ein Team von Prof. Hackenberger am FMP hat genau dieses Problem adressiert und die neuartige P5-Technologie entwickelt, die eine der zentralen Komponenten des vom Unternehmen Tubulis entwickelten ADCs ist. Hackenberger forscht seit knapp 20 Jahren an chemischen Verfahren, mit denen sich Proteine und Antikörper gezielt funktionalisieren lassen. Hierbei entdeckte er mit seinem Team am FMP Reaktionen, die stabile Konjugate von Wirkstoffen und Antikörpern liefern und dabei hervorragende Löslichkeits-eigenschaften aufweisen.
„Mit der P5-Technologie lassen sich hochstabile, lösliche Antikörper-Konjugate herstellen, die sich hervorragend als potenzielle Therapeutika eignen“, so Marc-André Kasper, der diese Reaktion in seiner Doktorarbeit am FMP entwickelt hat und nun die chemische Forschung bei Tubulis leitet. „Dabei fungiert der Antikörper, auf dem der Wirkstoff sitzt, als eine Art Spürhund, der die Krebszelle findet.“ Ein weiterer Vorteil der neuen Technologie ist die langanhaltende Wirksamkeit. Bereits bei einmaliger Gabe zeigte sich in präklinischen Vorstudien eine komplette Regression des Tumors, die bestehen bleibt. Frühere ADCs lösten dagegen häufig unerwünschte Nebenwirkungen aus, weil der Wirkstoff vom Antikörper abfiel, bevor er die Zielzelle erreichen konnte.
„Unser Labor und besonders ich, sind sehr stolz, dass wir mit unserer aus der Grundlagenforschung entwickelten Technologie einen wichtigen Beitrag zu einem ADC-Kandidaten liefern konnten, der jetzt in Krebspatienten erprobt wird, und dabei helfen könnte ihre Tumorerkrankung effektiv zu bekämpfen“, sagte Prof. Hackenberger, Leiter der Forschungsgruppe am FMP, das die Basis für die P5 Technologie lieferte. „Diese Technologie bietet ein großes Potential für die Entwicklung neuartiger ADC-Produktkandidaten und ich bin begeistert von den Fortschritten, die das Tubulis Team in den letzten Jahren bis zu diesem großen Meilenstein erreicht hat.“
Im nächsten Schritt wurde die P5-Technologie von der Firma Tubulis, einer gemeinsamen Ausgründung des FMP mit der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, angewendet, um einen Topoisomerase 1-Wirkstoff mit einem spezifischen Antikörper für Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs) sowie das Lungenkarzinom zu koppeln. Beide Tumor-Arten sind mit einer hohen Mortalität verbunden. Es entstand der ADC TUB-040, welcher nun durch das Unternehmen in einer Phase-I/IIa-Studie bei Krebspatienten in den USA, Deutschland, Spanien und dem Vereinigten Königreich getestet wird.
In naher Zukunft wird ein weiteres ADC-Molekül (TUB-030) ebenfalls in Phase-I/IIa-Studien getestet. Tubulis wird die Technologie auch in weiteren ADC-Produktkandidaten und in seinen Partnerschaften einsetzen, während das FMP weiter an der Technologie forschen und diese auf andere Gebiete der Grundlagenforschung ausweiten wird.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Christian Hackenberger
Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP)
Leibniz-Humboldt-Professur für Chemische Biologie, Humboldt-Universität zu Berlin
Phone +49 (0)30 / 94793 – 181
E-Mail hackenbe@fmp-berlin.de
Web fmp-berlin.de/hackenbe
Twitter: @PhosphorusFive
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