Neue DFG-Forschergruppe zur Biogenese von Chloroplasten

Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Chloroplasten. Oben: Struktur eines Chloroplasten der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana). Unten: Detailvergrößerung der Thylakoidstapel (Grana). Aufnahme: Labor für Elektronenmikroskopie der Universität Bayreuth; mit Quellenangabe zur Veröffentlichung frei.

Ohne Chloroplasten gäbe es kein höheres Leben auf der Erde. Chloroplasten sorgen in pflanzlichen Zellen für die Photosynthese. Dabei wird die Energie des Sonnenlichts in chemische Energie umgewandelt. Die chemische Energie setzen die Pflanzen für ihren Stoffwechsel ein, so dass sie neue Biomasse bilden und wachsen können. Die so entstehende Biomasse ist wiederum die Grundlage für die Nahrungsketten, durch die sich Tiere und Menschen ernähren.

Chloroplasten sind kleine und nur unter dem Lichtmikroskop sichtbare Organellen in pflanzlichen Zellen. Damit sie aus den Sonnenstrahlen Energie für den Stoffwechsel gewinnen können, muss das Licht zunächst von sogenannten Lichtsammelkomplexen absorbiert werden. Anschließend wird die Energie des absorbierten Lichts in Reaktionszentren weitergeleitet, wo die eigentliche Photosynthese – die Umwandlung in chemische Energie – stattfindet.

Beide Funktionseinheiten, die Lichtsammelkomplexe und die Reaktionszentren, befinden sich in einem besonderen Teil der Chloroplasten, in den Thylakoiden. Es handelt sich hierbei um hochkomplexe Membranen. Diese bilden ein zusammenhängendes Lamellensystem im Inneren eines jeden Chloroplasten. An einigen Stellen sind sie zu geldrollenähnlichen Strukturen übereinandergestapelt, die Grana genannt werden.

Auch wenn die Thylakoide zu den komplexesten Membranen gehören, die bisher bekannt sind, ist ihre Struktur und Funktion bereits relativ gut erforscht. Wie sie entstehen, liegt jedoch weitgehend im Dunkeln. Klar ist nur: Thylakoidmembranen bilden sich dadurch heraus, dass Proteine, Lipide, Pigmente und anorganische Faktoren sich schrittweise zusammenlagern.

Dabei müssen die einzelnen Schritte nicht nur zeitlich, sondern auch räumlich klar getrennt sein. Man nimmt an, dass dieser Vorgang, die Thylakoidbiogenese, an spezialisierten Membranstrukturen beginnt. Dann schreitet er, vergleichbar mit einer Fließbandmontage, bis zur Fertigstellung einer hochgeordneten Membran voran.

Die Prozesse, die an der Entstehung der Thylakoide beteiligt sind, möglichst weitgehend aufzuklären – dies ist das Ziel einer neuen, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschergruppe. Sie trägt den Titel: „Biogenesis of thylakoid membranes: Spatiotemporal organization of photosynthetic protein complex assembly“. In diesem Verbund, der „FOR 2092“, kooperieren Arbeitsgruppen der Universität Bayreuth, der Humboldt-Universität Berlin, der Ruhr-Universität Bochum, der Technischen Universität Kaiserslautern, der Ludwigs-Maximilians-Universität München und des Max-Planck-Instituts für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam-Golm.

Das Bayreuther „Key Lab“ für Elektronenmikroskopie übernimmt in diesem Verbund eine Schlüsselrolle. Denn die Thylakoidstrukturen, die auf ihre Entstehung hin untersucht werden sollen, sind so klein, dass sie – im Unterschied zu den Chloroplasten – unter dem Lichtmikroskop nicht klar erkennbar sind. Dafür bedarf es der weitaus anspruchsvolleren Technik der Elektronenmikroskopie. Der Leiter der Bayreuther Arbeitsgruppe, PD Dr. Stefan Geimer, verfügt über langjährige Erfahrungen in der elektronenmikroskopischen Analyse von Chloroplasten.

Er hat bereits in der Vergangenheit mit einigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der DFG-Forschergruppe mit großem Erfolg zusammengearbeitet. „Wenn es uns gelingt, die Entstehung von Thylakoidmembranen aufzuklären, wäre das nicht nur ein Fortschritt für die zellbiologische Grundlagenforschung“, erklärt Dr. Geimer. „Die Prozesse des ‚Light harvesting‘, also der pflanzlichen Energiegewinnung aus Sonnenlicht, sind heute vor allem deshalb so spannend, weil man auf der Suche nach neuen und hocheffizienten Techniken für die Gewinnung erneuerbarer Energien ist. Dazu könnte unsere Grundlagenforschung eines Tages einen – wenn auch nur indirekten – Beitrag leisten.“

Die Universität Bayreuth bietet die Infrastruktur für eine Vielzahl elektronenmikroskopischer Verfahren, wie etwa die Präparation von Proben durch chemische Fixierung oder Hochdruckgefrierung. Techniken der Immunogold-Elektronenmikroskopie erlauben eine hochauflösende Lokalisierung von Proteinen, und mithilfe der Elektronentomographie lassen sich dreidimensionale Darstellungen von Thylakoidmembranen erzeugen. Die hohe Forschungskompetenz auf diesen Gebieten und der damit verbundene internationale Ruf waren die Voraussetzung für den Erfolg in der Drittmitteleinwerbung. Die DFG wird das Bayreuther Labor für Elektronenmikroskopie als „Zentralprojekt“ für die Forschergruppe in den nächsten drei Jahren mit Personal- und Sachmitteln fördern.

Ansprechpartner:

PD Dr. Stefan Geimer
Elektronenmikroskopie / Zellbiologie
Universität Bayreuth
95440 Bayreuth
Tel. +49 (0)921 / 55-2164
E-Mail: stefan.geimer@uni-bayreuth.de

Media Contact

Christian Wißler Universität Bayreuth

Weitere Informationen:

http://www.uni-bayreuth.de

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