Neue Klasse von Membrantransportern
Nur ein Jahr nach der Entwicklung eines neuen Konzepts für Membrantransport feiern Werner Nau, Professor für Chemie, und seine Kolleg:innen von der Constructor University in Bremen, der Universidade de Santiago de Compostela und der Tschechischen Akademie der Wissenschaften einen weiteren Durchbruch in der chemischen Zellbiologie. Die Ergebnisse wurden im Juni 2023 im renommierten Journal of the American Chemical Society veröffentlicht.
Der effiziente Transport von Peptiden in das Zellinnere entwickelt sich zu einer Schlüsseltechnologie in der modernen Medizin. Die Membran stellt jedoch eine selektive Barriere dar, die den Durchgang hydrophiler Moleküle wie Peptide und anderer interessanter bioaktiver Verbindungen behindert. Es wird fortlaufend nach verschiedenen synthetischen Vehikeln für diese Ladungen gesucht, um Peptide während ihrer Reise zu komplexieren und zu schützen, ihren Abbau zu verhindern und ihre effiziente Freisetzung am gewünschten Ort zu erreichen.
Forschende der Constructor University in Bremen berichten jetzt in Zusammenarbeit mit Forschenden der Universidade de Santiago de Compostela (Spanien) und der Tschechischen Akademie der Wissenschaften im Journal of the American Chemical Society (JACS) über eine neue Klasse von Membrantransportern. Die als Cobalt-Bisdicarbollide oder COSANe („CObalt SANdwich complexes“) bezeichneten neuen Transporter verhalten sich als effiziente und selektive molekulare Transporter für wasserlösliche kationische Peptide, sowohl in künstlichen Membranmodellen als auch in lebenden Zellen. „Mithilfe von künstlichen und zellulären Membranen verwenden wir die Transporter für Peptide, die eigentlich nicht durch die Membran dringen, und zwar ohne dass hierbei die Membran destabilisiert wird“, sagt Andrea Barba-Bon, Nachwuchswissenschaftlerin an der Constructor University und fährt fort: „Obwohl sie bereits in vielen verschiedenen Bereichen der Biologie und Medizin untersucht wurden, ist dies das erste Mal, dass COSAN-Sandwich-Cluster als selektive Membrantransporter für kationische Peptide bestätigt wurden.“
Die neuen Membrantransporter verdanken ihre Aktivität ihrem sogenannten „superchaotropen“ Charakter, was bedeutet, dass die Cluster sowohl stark hydrophil (wasserlöslich) als auch gleichzeitig stark lipophil sind, also löslich in Lipiden und auch Lipidmembranen. „Wenn sie sich in den Membranen auflösen, können sie andere Moleküle, wie beispielsweise Peptidmedikamente, mit sich führen“, sagt Nau, dessen Team an der Constructor University mit der Arbeitsgruppe von Klaudia Brix, Professorin für Zellbiologie, und der Arbeitsgruppe von Mathias Winterhalter, Professor für Biophysik, zusammengearbeitet hat.
Mit der Veröffentlichung dieser Neuentdeckung knüpft das deutsch-spanische Team an sein erst vor einem Jahr vorgestelltes neues Konzept für Membrantransport an. Die neue Familie von Borclustern, die nun in JACS vorgestellt wird, eröffnet neue Forschungsrichtungen und stärkt die internationale interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die neuen Cluster-Transporter zeichnen sich durch ihre hohe Aktivität aus und haben gegenüber den bisher bekannten Membrantransportern zusätzliche Vorteile. „Im Vergleich zu anderen Clustern sind die COSAN-Transporter selektiver und transportieren vor allem kationische Peptide“, betont Javier Montenegro von der Universidade de Santiago de Compostela. Die neuen Verbindungen auf Bor-Basis könnten sich in Zukunft auf die Rezepturen von Arzneimitteln auswirken und eine neue Strategie zur Überwindung natürlicher Membranbarrieren und zur Verbesserung der Wirksamkeit von Therapien auf Peptidbasis bieten.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Werner Nau | Professor für Chemie
wnau@constructor.university | Tel.: +49 421 200-3233
Originalpublikation:
https://doi.org/10.1021/jacs.3c01623
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