Neues Ökosystem unter hydrothermalen Schloten entdeckt
Hinweise auf hydrothermale Tiere im Pazifik.
Bei einer Forschungsfahrt entdeckte ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Meeresbiologin Monika Bright von der Universität Wien ein neues Ökosystem in der Tiefsee. Dieses befindet sich unter der Oberfläche von hydrothermalen Schloten eines gut untersuchten Unterwasservulkans am Ostpazifischen Rücken vor Mittelamerika. Monika Bright leitete die bahnbrechende 30-tägige Expedition an Bord des Forschungsschiffs Falkor (too) des Schmidt Ocean Institute und wurde von einem internationalen Wissenschaftsteam aus den Vereinigten Staaten, Deutschland, den Niederlanden, Frankreich, Costa Rica und Slowenien begleitet.
Seit über 40 Jahren ist bekannt, dass an Hydrothermalquellen Leben existiert. Monika Bright und ihrer Kooperationspartnerin Sabine Gollner vom Königlich Niederländischen Institut für Meeresforschung gelang jedoch nun eine bahnbrechende Beobachtung. Sie entdeckten, dass Tiere Hohlräume im Gestein unter Hydrothermalquellen besiedeln. Damit fanden die Forscher*innen einen gänzlich unbekannten Lebensraum. Mithilfe des Unterwasserroboters SuBastian wurden Teile der Vulkankruste umgedreht. Der Einblick offenbarte eine Vielzahl von lebenden Würmern, Schnecken und chemosynthetischen Bakterien, die in 25 Grad Celsius warmem Wasser existieren. „Mit dieser Entdeckung hat sich unser Verständnis des tierischen Lebens in den Hydrothermalquellen der Tiefsee erheblich erweitert“, so Bright. „Es gibt zwei dynamische Lebensräume in den Quellen. Tiere oberhalb und unterhalb der Erdoberfläche gedeihen gemeinsam, abhängig von der Thermalflüssigkeit von unten und dem Sauerstoff im Meerwasser von oben.“
So kam es zur Entdeckung des unterirdischen Ökosystems
Hydrothermalquellen sind Unterwasserquellen, die infolge tektonischer Aktivitäten durch Risse in der Erdkruste entstehen. Röhrenwürmer sind die am besten untersuchten Tiere der Hydrothermalquellen. Bisher wurden jedoch nur sehr wenige ihrer Larven im Umgebungswasser gefunden. Monika Bright stellte daraufhin die These auf, dass die Larven sich durch die Erdkruste verbreiten um Quellen von unten zu besiedeln. Diese These konnte nun durch den sensationellen Fund am pazifischen Feuerring in 2.500 Meter Tiefe bestätigt werden.
Dafür führte das wissenschaftliche Team Experimente mit dem Unterwasserroboter ROV SuBastian des Schmidt Ocean Institute (SOI) durch. Dabei wurden Boxen über Risse der Vulkankruste geklebt und die Ränder abgedichtet. Als die Boxen nach einigen Tagen entfernt wurden und der Teil des Gesteins auf dem sich die Boxen befanden aufgestemmt und umgedreht wurde, entdeckten die Forscher*innen zu ihrem Erstaunen eine hohe Anzahl bereits ausgewachsener Tiere.
Entsteht eine neue hydrothermale Quelle, kann sich solch ein Ökosystem schnell etablieren, da Tiere das Gebiet rasch besiedeln können. Die gewonnenen Beobachtungen liefern einen starken Hinweis, wie dieser Besiedelungsprozess ablaufen könnte. Die erhobenen Daten werden von den Wissenschafter*innen in den kommenden Monaten ausgewertet. Diese wissenschaftliche Sensation wirft ein völlig neues Licht auf das Verständnis von diesem einmaligen Lebensraum.
Über die Expedition und beteiligte Organisationen
Die Expedition des Schmidt Ocean Institute mit R/V Falkor (too) und dem ferngesteuerten Fahrzeug SuBastian brachte ein internationales Team von Wissenschafter*innen unter der Leitung von Monika Bright von der Universität Wien, finanziert durch den Österreichischen Wissenschaftsfonds und der Universität Wien, und Sabine Gollner vom Royal NIOZ zu einem besonderen Vulkan bei 9° 50′ Nord auf dem Ostpazifikanstieg.
Das Schmidt Ocean Institute wurde 2009 von Eric und Wendy Schmidt gegründet, um die Entdeckungen zu fördern, die notwendig sind, um unsere Ozeane zu verstehen, das Leben zu erhalten und die Gesundheit unseres Planeten zu sichern. Dies geschieht durch wirkungsvolle wissenschaftliche Forschung und intelligente Beobachtung, technologischen Fortschritt, offene Weitergabe von Informationen und öffentliches Engagement auf höchstem internationalen Niveau. Weitere Informationen finden Sie unter https://schmidtocean.org.
NIOZ, das Königliche Niederländische Institut für Meeresforschung, ist das nationale ozeanographische Institut und das niederländische Kompetenzzentrum für Ozean, Meer und Küste. Es fördert das grundlegende Verständnis der marinen Systeme, ihrer Veränderungen, ihrer Rolle für das Klima und die biologische Vielfalt und der Frage, wie sie der Gesellschaft in Zukunft nachhaltige Lösungen bieten können. Weitere Informationen finden Sie unter https://www.nioz.nl/en.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Univ.-Prof. Dr. Monika Bright
Department für Funktionelle und Evolutionäre Ökologie, Universität Wien
1030 Wien, Djerassiplatz 1
T +43-1-4277-76430
monika.bright@univie.ac.at
Weitere Informationen:
https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/a…
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen
An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…
Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean
20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….
Resistente Bakterien in der Ostsee
Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…