Obstschädlinge – Kirschessigfliegen ticken anders
Die Kirschessigfliege D. suzukii hat bei der Eiablage andere Präferenzen als verwandte Fruchtfliegenarten: Während diese Obst favorisieren, das bereits fault, legt D. suzukii ihre Eier in reife Früchte, die in vollem Saft stehen – durch den Larvenfraß und Infektionen an der Einstichstelle dann aber rasch verfaulen.
Dadurch richtet sie in der Landwirtschaft verheerende Schäden an bei Früchten wie Kirschen, Himbeeren, Pfirsichen, Trauben oder Erdbeeren. LMU-Biologen um Professor Nicolas Gompel haben in Zusammenarbeit mit Dr. Benjamin Prud’homme (CNRS) und Professor Ilona Grunwald Kadow (TU München) nun untersucht, welche evolutiven Veränderungen diesem Verhalten zugrunde liegen. Über ihre Ergebnisse berichten sie in der aktuellen Ausgabe des Magazins Current Biology.
Für ihre Studie haben die Forscher Verhaltensexperimente und genetische Methoden kombiniert und untersucht, anhand welcher Reize die eng verwandten Fruchtfliegenarten D. melanogaster, D. biarmipes und D. suzukii den idealen Ort für die Eiablage finden.
Dabei zeigte sich, dass sowohl die Festigkeit des Obstes als auch seine chemische Zusammensetzung und Düfte eine Rolle spielen – die Fliegen fühlen, riechen und „schmecken“ die jeweils bevorzugte Stelle. D. melanogaster legt ihre Eier ausschließlich in faulende, schon etwas matschige Früchte, während D. suzukii die straffe Haut reifer Früchte bevorzugt – angezogen werden sie von dem chemischen Duft-Cocktail, der für das jeweilige Reifestadium typisch ist.
Die Vorlieben von D. biarmipes liegen dazwischen: Die Fliegen sind nicht so fixiert auf faulendes Obst wie D. melanogaster, können ihre Eier aber aufgrund der Anatomie ihres Legestachels nur in weiche oder beschädigte Früchte legen.
„Aus unseren Ergebnissen schließen wir, dass sich im Verlauf der Evolution der Wahrnehmungsapparat von D. suzukii zunehmend verändert hat, sodass die Fliegen eine Vorliebe für die typischen Eigenschaften reifer Früchte entwickelten“, sagt Gompel. Die Fliege können diese ökologische Nische nutzen, weil sie einen vergrößerten Legestachel besitzen, mit dem sie die straffe Haut reifer Früchte durchstechen können.
„Die Verhaltensänderung und die anatomische Veränderung haben sich gemeinsam herausgebildet“, sagt Gompel. „Dabei war der vergrößerte Legestachel unserer Ansicht nach die sekundäre Errungenschaft – eine ähnliche Entwicklung wie bei Säugetieren, bei denen sich die Zahnmorphologie den veränderten Ernährungsgewohnheiten anpasste.“
Als nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler die genetischen Grundlagen der veränderten Wahrnehmung untersuchen. „Möglicherweise beruhen sie auf Modifikationen in Genen, die für Rezeptoren der Sinneswahrnehmung codieren“, sagt Gompel. „Wir wollen auch erforschen, wie sich diese Modifikationen auf die beteiligten Nervenzellen auswirken.“
Current Biology 2017
Publikation:
Evolution of multiple sensory systems drives novel egg-laying behavior in the fruitpest Drosophila suzukii
Marianthi Karageorgi, Lasse B. Bräcker, Sébastien Lebreton, Caroline Minervino, Matthieu Cavey, K.P. Siju, Ilona C. Grunwald Kadow, Nicolas Gompel* & Benjamin Prud’homme*
Current Biology 2017
*co-corresponding authors
Kontakt:
Prof. Dr. Nicolas Gompel
Chair of Evolutionary Ecology
Phone: +49 89 218074-202
Email: gompel@bio.lmu.de
Media Contact
Weitere Informationen:
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