Photokatalyse im Rampenlicht
Physikochemie-Team der Universität Jena und des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien e. V. mit dem Thüringer Forschungspreis für Angewandte Forschung ausgezeichnet.
Das bisher Unsichtbare sichtbar machen – das gelingt einem Forschungsteam des Instituts für Physikalische Chemie der Universität Jena und des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien e. V.: Mittels neu entwickelter spektroskopischer Methoden können die Forschenden die bei der Photokatalyse ablaufenden Prozesse in bisher nicht erreichter zeitlicher Auflösung und Genauigkeit beobachten. Dafür sind Prof. Dr. Benjamin Dietzek-Ivanšić, Dr. Linda Zedler und Dr. Carolin Müller mit dem diesjährigen Thüringer Forschungspreis in der Kategorie Angewandte Forschung ausgezeichnet worden. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert und wurde heute (19. April) von Wissenschaftsminister Wolfgang Tiefensee an der Universität in Jena überreicht.
Prof. Dietzek-Ivanšić zeigt sich erfreut über die Preisverleihung an sein Team. „Das ist eine tolle Motivation für die weitere Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen des Sonderforschungsbereichs ,CataLight‘, um neue Einblicke in die Funktionsweise von molekularen Photokatalysatoren zu gewinnen.“ Teamkollegin Dr. Linda Zedler sieht die Auszeichnung „als Krönung eines langen und auch sehr steinigen Weges eines großartigen Teams.“
Energiegewinnung nach dem Vorbild der Natur
Den wachsenden Energiebedarf der Menschheit langfristig und nachhaltig zu decken, kann nur durch erneuerbare Energiequellen gelingen. Eine zentrale Rolle im regenerativen Energiemix spielt die Sonnenenergie. Daher suchen Forschende weltweit nach neuen Wegen, die Sonnenenergie nutzbar zu machen. „Wie das funktionieren kann, macht uns die Natur vor“, sagt Prof. Dietzek-Ivanšić. Bäume und andere grüne Pflanzen nutzen die Energie des Sonnenlichts für die Photosynthese. Dabei spielen natürliche Lichtfänger-Moleküle eine Rolle, sogenannte Photokatalysatoren. Diese nehmen die Energie auf und nutzen sie für die Synthese energiereicher Moleküle. Auf diese Weise entsteht aus CO2 und Licht in der Pflanze Glukose und Sauerstoff.
Während die molekularen Prozesse der Photosynthese gut verstanden sind, stellt sich die Entwicklung von Katalysatoren für die Licht-Energie-Wandlung als herausfordernd dar, insbesondere für die physikalische Chemie, die Methoden und Werkzeuge bereitstellt, um die Struktur und Funktionsweise solcher Katalysatoren zu verstehen. Und hier setzen die Arbeiten von Dietzek-Ivanšić und seinem Team an, die nun mit dem Thüringer Forschungspreis ausgezeichnet wurden. „Insbesondere wollen wir untersuchen, wie die Absorption von Licht in den Zwischenprodukten der photokatalytischen Reaktionen abläuft und zu welchen chemischen Umlagerungen diese führt“, erläutert Dietzek-Ivanšić. Diese Frage ließ sich bisher nur unzureichend beantworten. „Erst wenn diese grundlegenden Mechanismen aufgeklärt sind, können wir Katalysatoren und Reaktionsbedingungen gezielt anpassen, um effizientere Photokatalyse-Systeme zu entwickeln.“
Neue Fenster zur Beobachtung licht-getriebener Prozesse
Mit der „zeitaufgelösten Absorptionsspektroelektrochemie“ und der „in operando Absorptionsspektroskopie“ haben die Forschenden zwei experimentelle Methoden entwickelt, mit deren Hilfe es erstmals möglich ist, die extrem kurzlebigen Zwischenprodukte sowie den Verlauf photokatalytischer Reaktionen genau zu beobachten.
Für die „zeitaufgelöste Absorptionsspektroelektrochemie“ verbanden die Forschenden zwei Methoden, die aus unterschiedlichen Bereichen der Materialcharakterisierung stammen: die Elektrochemie und die zeitaufgelöste optische Spektroskopie. Dabei werden zunächst die zu untersuchenden Moleküle elektrisch „beladen“ – chemisch oxidiert oder reduziert. Die so vorbereiteten Moleküle haben dieselben chemischen Eigenschaften wie die Zwischenprodukte photokatalytischer Prozesse, nur, dass sie in der speziell entwickelten Elektrochemiezelle viel langlebiger sind und sich in höherer Konzentration anreichern lassen. Damit sind sie für die nachfolgende optische Spektroskopie wesentlich besser zugänglich und die licht-induzierten Prozesse und strukturellen Umlagerungen in den Molekülen lassen sich detailgenau untersuchen.
Auch mit der „in operando Absorptionsspektroskopie“ lassen sich die chemisch instabilen Photokatalysatoren praktisch „bei der Arbeit“ beobachten. Hierbei wird die Photokatalyse durch Lichteinstrahlung initiiert und während der ablaufenden Prozesse zu unterschiedlichen Zeitpunkten Absorptionsexperimente durchgeführt. Auf diese Weise erhalten die Forschenden Momentaufnahmen, die den Verlauf der Katalyse in verschiedenen Stadien abbilden.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Benjamin Dietzek-Ivanšić
Institut für Physikalische Chemie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Leibniz-Institut für Photonische Technologien Jena e. V.
Helmholtzweg 4, 07743 Jena
Tel.: +49 3641 9 48360
E-Mail: benjamin.dietzek@uni-jena.de
Dr. Linda Zedler
Leibniz-Institut für Photonische Technologien Jena e. V.
Albert-Einstein-Straße 9 07745 Jena
Tel.: +49 3641 206162
E-Mail: linda.zedler@leibniz-ipht.de
http://www.uni-jena.de/
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen
An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…
Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean
20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….
Resistente Bakterien in der Ostsee
Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…