Quellen für Smog in Peking identifiziert

Kaspar Dällenbach will mit seiner Forschung dazu beitragen, dass sich die Luftqualität weltweit verbessert.
(c) Markus Fischer / Paul Scherrer Institut PSI

Eine internationale Studie unter der Leitung von Forschenden des Paul Scherrer Instituts PSI hat mit einem neuen Verfahren die unterschiedlichen Feinstaubquellen identifiziert, die für den Smog in Peking verantwortlich sind.

Luftverschmutzung verursacht – nach Schätzungen verschiedener Studien – jährlich weltweit mehrere Millionen Todesfälle. Um Massnahmen zur Luftreinhaltung zu ergreifen, ist es wichtig zu wissen, woher die Schadstoffe stammen. Die genauen Quellen dieser Schadstoffe zu lokalisieren, ist jedoch nach wie vor eine Herausforderung. Diese Hürde hat nun ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Kaspar Dällenbach, Umwelt-Naturwissenschaftler am Paul Scherrer Institut PSI in Zusammenarbeit mit der Beijing University of Chemical Technology und der Universität Helsinki überwunden. Mithilfe einer neuen Methode untersuchten die Forschenden den Smog über Peking. Sie stellten fest, dass die Schadstoffe, die den Smog über der Metropole ausmachen, im Sommer und im Winter aus jeweils unterschiedlichen Quellen und Regionen stammen. Dazu setzten sie ein neues, mobil einsetzbares Aerosol-Massenspektrometer ein. «Mit diesem neuen Ansatz können wir Smog auf molekularer Ebene analysieren und so seine Quellen und seine Entstehung in bislang unerreichtem Detail verstehen», erklärt Dällenbach. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden in der Fachzeitschrift Nature Geoscience.

Gefährdung der menschlichen Gesundheit

Die Gefährdung der menschlichen Gesundheit ist überall dort gravierend, wo eine hohe Schadstoffbelastung auf eine sehr grosse Bevölkerungszahl trifft – wie etwa im ostchinesischen Mega-Ballungsraum im Umkreis von rund 600 Kilometer um Peking. Wegen der grossen Zahl der betroffenen Menschen hält es Dällenbach für besonders wichtig, den berüchtigten Smog in Chinas Hauptstadt genauer zu untersuchen, um damit die Datenbasis über Massnahmen für die Verbesserung der Luftqualität zu erweitern. Denn obwohl die Region den Ausstoss von Schadstoffen, etwa Schwefeldioxid aus der Kohleverbrennung, reduziert hat, ist ein grosser Teil der Bevölkerung des Landes nach wie vor einer schlechten Luftqualität ausgesetzt. Es ist jedoch extrem anspruchsvoll, die Herkunft der Schadstoffe zu ermitteln, da sich deren Zusammensetzung auf ihrem langen Weg durch die Atmosphäre durch chemische Reaktionen stetig verändert. Das Signal, das an einer Messstation ankommt, ist verwaschen und die Ursprungsmoleküle und damit die Verschmutzungsquellen lassen sich nur noch schwer ermitteln.

Woher stammen die Schadstoffe?

Um herauszufinden, woher die Schadstoffe stammen, sammelten die Forschenden in einem vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierten Projekt auf dem Dach der Beijing University of Chemical Technology Luftdaten und verglichen die Quellen des Smogs im Sommer und Winter. Dabei kam ein neuartiges Massenspektrometer zum Einsatz, das die molekulare Zusammensetzung des Feinstaubs in der Aussenluft in Echtzeit analysieren kann. Mit diesen molekularen Informationen ist es möglich, die Verschmutzungsquellen zu identifizieren. Die Forschenden unterscheiden zwischen primärem Feinstaub – also ausgestossenen festen und flüssigen Schwebeteilchen – und sekundären Aerosolen – Schwebeteilchen, die sich auf dem Weg durch die Atmosphäre gebildet haben. Letztere sind in Peking besonders wichtig.

Unterschiede zwischen Sommer und Winter

Dällenbach und seine Mitarbeitenden entdeckten, dass die Quellen von Feinstaub weit über die Hauptstadt hinausreichen und dass die Emissionen im Sommer und im Winter durch chemisch und geografisch unterschiedliche Quellen verursacht werden. Im Winter stammt der sekundäre organische Feinstaub aus der Verbrennung von Holz und Kohle und hauptsächlich aus der Grossregion Peking-Tianjin-Hebei. Im Sommer bei Luftströmungen aus dem Süden herrschen hingegen städtische Emissionen zum Beispiel aus dem Verkehr und der Industrie vor, die vermutlich aus dem Gürtel Xi’an-Shanghai-Peking stammen.

«Unsere Arbeit belegt, dass wir uns zwar auf die Verschmutzung innerhalb Pekings konzentrieren, der Smog jedoch ein grossräumiges regionales Phänomen ist, bei dem Feinstaub über Hunderte von Kilometern transportiert wird», erklärt Dällenbach. Um die Luftverschmutzung zu reduzieren, seien daher koordinierte und gross angelegte Massnahmen im gesamten Mega-Ballungsraum um Peking erforderlich. Mit den entwickelten Methoden arbeiten Dällenbach und seine Forschungsgruppe auch daran, Smog in Europa, aber auch in unterrepräsentierten Ballungsräumen im globalen Süden zu verstehen.

Text: Werner Siefer

Über das PSI

Das Paul Scherrer Institut PSI entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Zukunftstechnologien, Energie und Klima, Health Innovation und Grundlagen der Natur. Die Ausbildung von jungen Menschen ist ein zentrales Anliegen des PSI. Deshalb sind etwa ein Viertel unserer Mitarbeitenden Postdoktorierende, Doktorierende oder Lernende. Insgesamt beschäftigt das PSI 2300 Mitarbeitende, das damit das grösste Forschungsinstitut der Schweiz ist. Das Jahresbudget beträgt rund CHF 460 Mio. Das PSI ist Teil des ETH-Bereichs, dem auch die ETH Zürich und die ETH Lausanne angehören sowie die Forschungsinstitute Eawag, Empa und WSL.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Kaspar Rudolf Dällenbach
Labor für Atmosphärenchemie
PSI Center for Energy and Environmental Sciences
Paul Scherrer Institut PSI
+41 56 310 49 67
kaspar.daellenbach@psi.ch
[Deutsch, Englisch]

Originalpublikation:

Substantial contribution of transported emissions to organic aerosol in Beijing
Kaspar R. Daellenbach et al.
Nature Geoscience, 08.08.2024
DOI: 10.1038/s41561-024-01493-3

Weitere Informationen:

https://i.psi.ch/4MI – Medienmitteilung auf der Webseite des Paul Scherrer Instituts PSI

Media Contact

Dr. Mirjam van Daalen Abteilung Kommunikation
Paul Scherrer Institut (PSI)

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