Rätsel um eine Bienenseuche

Honigbienen gelten als das drittwichtigste „Nutztier“ auf der Welt: Rund 80 Prozent aller Nutzpflanzen sind auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen – den Löwenanteil davon übernehmen die Bienen.

Daher ist es alarmierend, dass jedes Jahr im Mittel bis zu 30 Prozent der Bienenvölker den Winter nicht überleben und die Völker auch im Sommer, während der Bienensaison, immer wieder von verschiedenen Pathogenen, die z.T. tödliche Krankheiten verursachen, heimgesucht werden.

Eines der wichtigsten Bienen-Pathogene ist das Bakterium Paenibacillus larvae, der Erreger der sogenannten Amerikanischen Faulbrut (AFB) der Bienen, einer weltweit vorkommenden, anzeigepflichtigen Tierseuche mit jährlich ca. 250 Ausbrüchen allein in Deutschland.

Die Amerikanische Faulbrut ist eine mikrobielle Erkrankung, die innerhalb weniger Wochen zum völligen Aussterben (Wegfaulen) der Bienenlarven führt. Die Ammenbienen füttern die Larven mit den Sporen dieser Bakterien und stecken sie so an; erwachsene Bienen sind immun gegen diese Krankheit. Trotz der enormen Schäden, die dieser Erreger anrichtet, sind die molekularen Vorgänge dahinter weitgehend unerforscht.

Damit wird die Bekämpfung dieser Krankheit nahezu unmöglich. Dem Team um Prof. Dr. Roderich Süßmuth, Institut für Chemie der TU Berlin, und Dr. Elke Genersch, Länderinstitut für Bienenkunde in Hohen Neuendorf, gelang es jetzt, wichtige Stoffwechselwege des Bakteriums zu charakterisieren und somit weitere wichtige Puzzlestücke der molekularen Pathogenese dieser tödlichen Bienenkrankheit aufzuklären.

„In diesem Fall war der entscheidende Schritt, sich mit den ungewöhnlichen oder einzigartigen Stoffwechselprodukten des Erregers zu befassen“, erläutert Prof. Dr. Roderich Süßmuth. „Das Genom des Erregers war bereits komplett sequenziert. Zu-sammen mit dem Bieneninstitut haben wir eine Gensequenz identifiziert, die auf einen ungewöhnlichen und neuartigen Sekundärmetaboliten schließen ließ. Dieser musste in irgendeiner Weise an der Infektion und der Ausbreitung der Amerikanischen Faulbrut beteiligt sein.“

Häufig sind diese Sekundärstoffe essentiell für den Erfolg der Erreger und eignen sich daher gut als Entwicklungsansatz für mögliche Pestizide, die das Bakterium bekämpfen können.

Die Vorgehensweise gleicht Detektivarbeit: Anhand der Gensequenz wer-den einige ungefähre Eigenschaften des gesuchten Moleküls abgeleitet wie zum Beispiel die Größe. Danach wird eine Bakterienkultur mittels Massenspektrometrie nach Molekülen mit der gesuchten Molekülgröße untersucht. Die Fraktionen, deren Größe dem des erwarteten Sekundärmetaboliten ungefähr entsprechen, werden mit verschiedensten Methoden weiter analysiert.

„So haben wir die Fraktionen unter anderem auf ihre antibakterielle Wirkung untersucht. Schließlich konnten wir einen sehr ungewöhnlich aufgebauten Sekundärmetaboliten identifizieren und den Biosyntheseweg klären“, erzählt Süßmuth. „Entsprechende Tests zeigen, dass dieses Paenilamicin getaufte Antibiotikum nicht direkt an der Zerstörung der Bienenlarven beteiligt ist. Vielmehr wurden Hinweise gefunden, dass seine antibakterielle Wirkung dem Bakterium hilft, sich gegen andere mikrobielle Konkurrenten im Larven-Darm durchzusetzen“, so Süßmuth.

Jetzt testen die Wissenschaftler, wie dieses Wissen im Kampf gegen das Bienensterben eingesetzt werden kann. Die Substanz hat auch noch einen interessanten Nebeneffekt: Die antibakteriellen Eigenschaften der Paenilamicine werden auf ihre eventuelle Wirksamkeit in der Human- oder Tiermedizin untersucht. 

Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Prof. Dr. Roderich Süßmuth, Rudolf-Wiechert-Professur für Biologische Chemie, Institut für Chemie der TU Berlin, Straße des 17. Juni 124, 10623 Berlin, Tel.: 030/314- 24205, E-Mail: suessmuth@chem.tu-berlin.de

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Stefanie Terp idw - Informationsdienst Wissenschaft

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