Rätsel um Therapieansprechen beim kleinzelligen Lungenkrebs entschlüsselt
Kölner Wissenschaftler*innen haben in einem langjährigen Forschungsprojekt die Tumorentwicklung im Therapieverlauf untersucht. Sie identifizierten verschiedene Populationen von Tumorzellen, die sehr unterschiedlich auf die Chemotherapie in der Frühphase der Krankheit sowie auf weitere Therapien im Krankheitsverlauf reagieren / Veröffentlichung in „Nature“.
Das kleinzellige Lungenkarzinom (Small Cell Lung Cancer, SCLC) ist ein hochaggressiver Tumor der Lunge, der vor allem bei starken Raucher*innen auftritt. Aufgrund der schnellen Ausbreitung dieser Tumorerkrankung können die meisten Patient*innen nur mit einer Chemotherapie behandelt werden, die zunächst auch sehr gut anschlägt. Im weiteren Verlauf kommt es jedoch häufig zu einem Rückfall. Ein Kölner Forschungsteam um Professor Dr. Roman Thomas, Direktor der Abteilung Translationale Genomik und Sprecher des Sonderforschungsbereichs 1399 (SFB 1399, Mechanismen der Medikamenten-Empfindlichkeit und -Resistenz beim kleinzelligen Bronchialkarzinom), hat nun erstmals den Grund dafür identifiziert: Aufgrund einer bei Diagnosestellung vorherrschenden Population an therapieempfindlichen Krebszellen ist die Therapie zu Anfang sehr wirksam. Weiterhin zeigt das Team, dass sich unter dieser großen empfindlichen Population an Zellen zahlreiche weitere, sehr unterschiedlicher Krebszellen verbirgt. Diese Krebszellen entstehen meist aus frühen Vorstufen der ursprünglichen Zellen, sie sind therapieresistent und können sich nach einer erfolgreichen Behandlung ungebremst vermehren. Die Studie „Evolutionary Trajectories of Small Cell Lung Cancer under Therapy” ist in der Fachzeitschrift Nature erschienen.
Entwicklung verstehen, um zielgerichtet behandeln zu können
„Es war eine große Herausforderung und ein wichtiges Ziel, die Entwicklung von Tumoren in einzelnen Patienten im Verlauf unter dem Einfluss von Therapien und bei Rückfällen genau zu verstehen. Unsere Analysen zeigen Mechanismen auf, die wahrscheinlich für viele Krebsarten im fortgeschrittenen Stadium relevant sind“, sagt Professorin Dr. Julie George, Erstautorin und Leiterin der Studie, sowie Co-Sprecherin des SFB 1399.
So zeigte sich bei der Rückkehr des Tumors – zu dem es bei fast allen Patient*innen kommt – meist eine andere dominante Zellpopulation. Bei weiteren Behandlungen im Therapieverlauf, zum Beispiel mit Bestrahlung, wiesen die Krebszellen Merkmale der genetischen Schädigung durch die erste Chemotherapie auf. Außerdem konnten die Forscher*innen in den Tumorzellen einzelne genetische Merkmale nachweisen, die mit einer besonderen Resistenz gegen Chemotherapie einhergehen.
Die Erkenntnisse der Studie legen nahe, dass mögliche Erfolge weiterer Therapieentwicklungen immer durch die große Zahl therapieresistenter Tumorzellen begrenzt sein könnte. Ein Therapieansatz wäre demnach eine möglichst intensive Erstbehandlung, um die Zahl der Krebszellen, aus denen sich später Resistenzen entwickeln können, so gering wie möglich zu halten.
„Wir sind einen entscheidenden Schritt im Verständnis dieser Erkrankung weitergekommen und hoffen sehr, dass wir damit die Entwicklung neuer Therapiestrategien ermöglichen können, die zu einem längeren Überleben der betroffenen Patienten führen“, sagt Professor Dr. Roman Thomas. „Obwohl die Resultate einerseits ernüchternd sind, lassen sie doch auf neue Behandlungsoptionen in der Zukunft hoffen.“
Originalpublikation:
https://www.nature.com/articles/s41586-024-07177-7
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