Regulation der Stammzellen in Pflanzenwurzeln
Forschende des Instituts für Entwicklungsgenetik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) untersuchten molekulare Faktoren, die den Erhalt der Stammzellen in Pflanzen steuern. Dass wesentliche Bereiche der darin involvierte Transkriptionsfaktoren der sogenannten PLETHORA-Familie eine Prion-ähnliche Struktur haben, beschreiben sie in der Titelgeschichte der Fachzeitschrift EMBO reports vom 7. Juni 2022.
Aus den sogenannten Stammzellen entwickeln sich im Laufe des Lebens alle Organe eines Organismus. Auch Pflanzen besitzen solche Stammzellen, mit denen sie – im Gegensatz zu uns Menschen – während ihres ganzen Lebens immer wieder neue Organe und Gewebe hervorbringen können.
Wie aber genau funktioniert die dynamische Regulation von der Stammzelle zur differenzierten Zelle. Und wie reagiert die Pflanze dabei auf sich ändernde Umweltreize? Diesen Fragen stellte sich Prof. Dr. Yvonne Stahl und ihr Team vom Institut für Entwicklungsgenetik mit Unterstützung des Center for Advanced Imaging (CAi) der HHU.
In der bereits online erschienenen Veröffentlichung in den EMBO reports zeigten sie, wie wichtige molekulare Faktoren miteinander interagieren. Das Hauptaugenmerk lag auf den sogenannten Transkriptionsfaktoren WOX5 und PLETHORA. Dabei handelt es sich um Proteine, die dafür sorgen, dass bestimmte Bereiche des Erbmoleküls DNA in Form von RNA-Molekülen ausgelesen – transkribiert – werden. Diese RNA-Moleküle werden aus dem Zellkern ausgeschleust und bewirken die eigentliche Reaktion der Zelle auf bestimmte Ereignisse.
Untersucht wurden die Wurzeln der Modellpflanze Arabidopsis thaliana, der Ackerschmalwand. Es stellte sich heraus, dass die PLETHORA-Transkriptionsfaktoren in kleinen Kondensaten im Zellkern (sognannten Kernkörperchen) dynamisch lokalisiert sind und dort mit festlegen, wieweit eine Zelle differenziert ist – ob sie also eine zur weiteren Differenzierung fähige Stammzelle bleibt oder sich in eine bestimmte Gewebeart entwickelt.
Der Aufbau dieser Transkriptionsfaktoren – die Abfolge der Proteine in ihnen – weist bestimmte Bereiche (Domänen) auf, die „Prionen“ ähneln. Sie bestehen unter anderem aus vielen hintereinander angeordneten Glutamin-Aminosäuren. Ähnliche Prionen-Strukturen sind auch aus anderen Kontexten bekannt; bei Menschen hängen sie mit schweren neurodegenerativen Erkrankungen wie Chorea Huntington zusammen.
In der Pflanze scheint dieses Strukturmerkmal für die Funktion in der Wurzelentwicklung wichtig zu sein. Dazu Prof. Stahl: „Unsere Ergebnisse weisen auf einen weiteren Weg der Regulation von grundlegenden Prozessen des Stammzellerhaltes hin, bei dem eine dynamische Änderung der subzellulären Lokalisation eine Rolle spielt. Hierbei können dabei physikalische Prozess der Phasenseparation als schnelle Reaktion auf bestimmte äußere Faktoren wie Temperatur oder Säuregehalt der Umgebung eine Rolle spielen.“
Diese grundlegenden Erkenntnisse können auch für die Pflanzenzüchtung von Bedeutung sein. Denn zur Sicherung der Ernährung ist es wichtig zu verstehen, wie Pflanzen aufgrund des fortschreitenden Klimawandels auf sich immer weiter ändernde Umweltbedingungen reagieren; zum Beispiel, wie sie ihr Wurzelsystem anpassen.
Bildunterschrift:
Lokalisation des PLETHORA3-Proteins (PLT3), welches mittels eines Fluoreszenzproteins gelb markiert wurde, in einer Wurzel von Arabidopsis thaliana. In einer Zelle der Columella-Stammzellen liegt PLT3 in Kernkörperchen vor. Rechts: vergrößerte Darstellung. Der Maßstabsbalken entspricht jeweils 10 µm. (Foto: HHU / Rebecca Burkart)
Originalpublikation:
Rebecca C Burkart, Vivien I Strotmann, Gwendolyn K Kirschner, Abdullah Akinci, Laura Czempik, Anika Dolata, Alexis Maizel, Stefanie Weidtkamp-Peters, Yvonne Stahl, PLETHORA-WOX5 interaction and subnuclear localization control Arabidopsis root stem cell maintenance, EMBO Reports (2022) e54105.
https://www.hhu.de/news-einzelansicht/regulation-der-stammzellen-in-pflanzenwurzeln
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