Ribosomen: Molekularer Keil hilft beim Recycling

Das Protein UFM1 wirkt als molekularer Keil mit dessen Hilfe der Kanal Sec abgespalten wird.
© T. Becker, Nature 2024

Forschende der LMU und der Stanford University zeigen, wie Zellen Proteinfabriken am endoplasmatischen Retikulum regenerieren.

Die Synthese von Proteinen in der Zelle, die Translation, ist ein zentraler Prozess des Lebens. Dabei wird der genetische Code des Erbguts in die Aminosäuresequenz der Proteine übersetzt. Der Vorgang ist komplex – und wird seit Jahrzehnten im Detail untersucht.

Durchgeführt wird die Proteinbiosynthese von speziellen molekularen Maschinen, den Ribosomen, die aus einer großen und einer kleinen Untereinheit bestehen. Am Ende der Proteinbiosynthese müssen diese Proteinfabriken in ihre Einzelteile zerlegt (recycled) werden, damit sie die nächste Runde der Translation durchlaufen können.

Jetzt hat ein Team um Professor Roland Beckmann, Dr. Thomas Becker und Ivan Penchev vom Genzentrum der LMU zusammen mit Forschenden der Stanford University um Professor Ron Kopito gezeigt, wie das Recycling von Ribosomen, die am sogenannten endoplasmatischen Retikulum (ER) lokalisiert sind, abläuft. Sie entschlüsseln dabei die Rolle eines Enzyms, einer speziellen E3-Ligase, die eine kleine Proteinmodifikation namens UFM1 mit der großen ribosomalen Untereinheit verknüpft, als zentralen Mechanismus des Recyclings. Details der Untersuchung wurden im renommierten Fachmagazin Nature veröffentlicht.

Detaillierte Einblicke in das Recycling von Ribosomen

Zu finden sind Ribosomen meist frei im Zytoplasma. „Hier wissen wir recht genau, wie das Recycling funktioniert“, sagt Becker. Teilweise sind sie jedoch am endoplasmatischen Retikulum zu finden, einer Membran, welche die Zelle durchzieht.

Viele Proteine entstehen zwar im Zytosol, müssen dann aber in andere Organellen gebracht werden, beispielsweise in das Mitochondrium, in Chloroplasten und in viele mehr. Wird ein Protein an der ER-Membran synthetisiert, so wird die gesamte Translationsmaschinerie auf die ER-Membran gedockt. Dies erfolgt mit Hilfe eines Protein-leitenden Kanals (SEC61), der Proteine schon während ihrer Synthese durch die Membran schleusen oder in die Membran einlagern kann.

Nach Abschluss der Translation bringt das einen weiteren Recycling-Schritt mit sich, der spezifisch für die ER-Membran ist: Am Ende muss die große Untereinheit des Ribosoms vom Protein-leitenden Kanal wieder abgelöst werden. Beckmanns Team konnte nun zeigen, wie dieser Teilschritt abläuft: Wenn die Translation abgeschlossen ist, wird die große Untereinheit der Ribosomen von der E3-Ligase erkannt. „Sie platziert – bildlich gesprochen – einen kleinen Keil, das Protein UFM1, an der großen Untereinheit“, erklärt Becker. „Dadurch bildet sich ein stabiler Komplex aus der modifizierten 60S-Untereineinheit und der E3-Ligase aus. Das führt zeitgleich dazu, dass die große Untereinheit sich von SEC61 ablöst. Dies ist ein sehr wichtiger Schritt, um die große Untereinheit wieder im Zytosol für die nächste Runde verfügbar zu haben.“

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Roland Beckmann
Genzentrum der LMU
81377 München
Tel.: +49-89-218076900
beckmann@genzentrum.lmu.de

Originalpublikation:

Paul A. DaRosa, Ivan Penchev, Samantha C. Gumbin, Francesco Scavone, Magda Wąchalska, Joao A. Paulo, Alban Ordureau, Joshua J. Peter, Yogesh Kulathu, J. Wade Harper, Thomas Becker, Roland Beckmann & Ron R. Kopito: UFM1 E3 ligase promotes recycling of 60S ribosomal subunits from the ER. Nature 2024
https://doi.org/10.1038/s41586-024-07073-0

https://www.lmu.de/de/newsroom/newsuebersicht/news/ribosomen-molekularer-keil-hilft-beim-recycling.html

Media Contact

LMU Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Die Roboterhand lernt zu fühlen

Fraunhofer IWS kombiniert Konzepte aus der Natur mit Sensorik und 3D-Druck. Damit Ernteroboter, U-Boot-Greifer und autonome Rover auf fernen Planeten künftig universeller einsetzbar und selbstständiger werden, bringen Forschende des Fraunhofer-Instituts…

Regenschutz für Rotorblätter

Kleine Tropfen, große Wirkung: Regen kann auf Dauer die Oberflächen von Rotorblättern beschädigen, die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit von Windenergieanlagen können sinken, vor allem auf See. Durch die Entwicklung innovativer Reparaturlösungen…

Materialforschung: Überraschung an der Korngrenze

Mithilfe modernster Mikroskopie- und Simulationstechniken konnte ein internationales Forschungsteam erstmals beobachten, wie gelöste Elemente neue Korngrenzphasen bilden. Mit modernsten Mikroskopie- und Simulationstechniken hat ein internationales Forscherteam systematisch beobachtet, wie Eisenatome…