Robuste und elastische Kofaktoren
Würfelförmige Eisen-Schwefel-Cluster stecken Eisen-Stickstoff-Mehrfachbindung locker weg …
In vielen biologischen Reaktionen spielen Eisen-Schwefel-Cluster als Kofaktoren von Enzymen eine große Rolle. Forschende haben nun entdeckt, dass würfelförmige Cluster ungewöhnliche Bindungszustände eingehen können. Wie eine Studie in der Zeitschrift Angewandte Chemie belegt, hält ein Eisen-Schwefel-Clustern sogar die Mehrfachbindung eines Eisen- mit einem Stickstoffatoms ohne große Strukturveränderung aus. Solche Bindungsarten werden als Teil der biologischen Stickstofffixierung vermutet.
Eisen-Schwefel-Cluster dienen in vielen Enzymen als wichtige Kofaktoren, besonders in biologischen Reaktionen, bei denen Elektronen übertragen werden. Mit Eisen-Schwefel-Clustern wandeln beispielsweise Bakterien den Stickstoff aus der Luft in verwertbare Stickstoffverbindungen um. Um diesen wichtigen biologischen Prozess erklären zu können, versuchen Wissenschaftler:innen zu verstehen, welche chemischen Verhältnisse in diesen Clustern zwischen Eisen und Stickstoff möglich sind.
Daniel Suess und Kolleg:innen am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (USA) haben nun untersucht, inwiefern der Cluster eine Doppelbindung zwischen Eisen und Stickstoff eingehen kann. Eine solche Doppelbindung (Imid) könnte bei der Stickstofffixierung eine Rolle spielen.
Um ein solches Imid aufzubauen, stellte die Gruppe zunächst einen würfelförmigen Eisen-Schwefel-Cluster her. Bei diesem Cluster sind die acht Ecken abwechselnd mit einem Eisen- und einem Schwefelatome besetzt. Drei der Eisenatome schützte das Team mit Liganden, also chemischen Gruppen, die nicht direkt an die Atome binden, sondern sie lediglich abschirmen. Das restliche, nicht abgeschirmte Eisenatom des Clusters war zunächst an ein Chloridion gebunden. Durch geschickte Wahl der Reagenzien tauschten die Wissenschaftler:innen das Chloridion aus und erzeugten durch Oxidation des Eisens mit einem stickstoffhaltigen Reagenz schließlich die schwierige Doppelbindung zum Stickstoffatom.
Sie erwarteten, dass der Cluster durch die Doppelbindung eine stark verzerrte Form aufweisen würde. Überraschenderweise blieb er jedoch annähernd würfelförmig. Eine spektroskopische Analyse erklärte den Befund: Die elektronenreiche Imidgruppe drückte Elektronendichte von den umliegenden Schwefel- und Eisenatomen weg. „Viele kleine Effekte bewirken in Summe, dass der Cluster die Imidbindung gut aufnehmen kann“, meint Süss. Das zeige das dynamische Zusammenspiel von Eisen-Stickstoff-, Eisen-Schwefel- und Eisen-Eisen-Bindungen, lautet das Fazit der Autor:innen.
Der neue Imido-gebundene Eisen-Schwefel-Cluster reagierte mit organischen Reagenzien und spaltete schwache Kohlenstoff-Wasserstoff-Bindungen in diesen Substanzen. Mit den Studien als Ausgangspunkt möchten die Autor:innen die Reaktivität von Eisen-Schwefel-Clustern weiter erforschen. „Hier sehen wir deutlich, wie lohnenswert es sein kann, sich die Synergie zwischen robuster Struktur und elektronischer Flexibilität dieser fundamentalen Kofaktoren zunutze zu machen“, schließt Suess.
Angewandte Chemie: Presseinfo 10/2021
Autor: Daniel Suess, Massachusetts Institute of Technology (USA), http://suessgroup.mit.edu/
Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany
Originalpublikation:
https://doi.org/10.1002/ange.202102603
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