Schadtier und Nützling zugleich – Pflanzenwespen in Afrika untersucht
Das westafrikanische Benin lebt von seiner Landwirtschaft: Rund zwei Drittel aller Beniner arbeiten im landwirtschaftlichen Betrieb und erwirtschaften dabei etwa ein Drittel des Bruttoinlandsproduktes. Umso wichtiger ist es potentielle Schädlinge an Lebensmittel- oder Futterpflanzen frühzeitig zu erkennen.
„Wir haben deshalb westafrikanische Pflanzenwespen untersucht, deren Larven als landwirtschaftliche Schadinsekten verdächtigt werden“, erzählt Andrew Liston vom Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut in Müncheberg und resümiert: „Unsere Studie zeigt, dass die von uns untersuchten Insekten alle mehr oder weniger Einfluss auf die Ernteergebnisse haben.“
Pflanzenwespen gehören zwar zur Gruppe der Wespen, haben aber im Gegensatz zu ihren gelb-schwarz gestreiften Verwandten keine sogenannte „Wespentaille“. Die Larven der Wespen leben meist auf Pflanzen und ähneln optisch den Schmetterlingsraupen. Zahlreiche Arten der Pflanzenwespe sind in den gemäßigten Klimaregionen beheimatet, „aber auch in Afrika gibt es eine Vielzahl von Pflanzenwespen-Arten“, ergänzt Liston.
Während in Europa der potentielle Schädling als sehr gut untersucht gilt, sind die afrikanischen Pflanzenwespen nahezu unerforscht. „Und das obwohl die beiden häufigsten Arten der afrikanischen Gattung Xenapates (X. braunsi und X. gaullei) schon 1896 von einem deutschen Wissenschaftler beschrieben wurden“, fügt der Müncheberger Entomologe hinzu.
Liston hat mit seinen Kollegen Dr. Georg Goergen vom „International Institute of Tropical Agriculture“ in Benin und Dr. Frank Koch vom Museum für Naturkunde in Berlin nun diese beiden weit verbreiteten Pflanzenwespen-Arten genauer unter die Lupe genommen.
„Wir haben sowohl die Morphologie der Tiere als auch ihre Lebensräume und Ernährungsgewohnheiten untersucht“, erläutert Liston. Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass sich die Larven der Pflanzenwespe Xenapates braunsi von verschiedenen Gräsern ernährt, unter anderem von Mais – einem wichtigen Bestandteil der afrikanischen Landwirtschaft. „Die Pflanzenwespenart ist bisher die einzig bekannte, die sich von dieser wichtigen Futterpflanze ernährt“, erklärt Liston.
Die Larven von Xenapates gaullei dagegen fressen bevorzugt Tagblumen (Commelina) und nehmen so ebenfalls direkten Einfluss auf die Landwirtschaft: die Blätter dieser meist blau blühenden Pflanzen werden in afrikanischen Ländern als Gemüsebeilage gegessen.
Doch auch Commelina communis steht auf dem Speiseplan der gefräßigen Raupen, „diese Pflanze breitete sich invasiv in Europa und Nordamerika aus. In den USA steht sie in einigen Ländern auf der „schwarzen Liste“ für gefährliche invasive Pflanzenarten“, ergänzt Liston. Einen Einsatz der Pflanzenwespe zur biologischen Kontrolle der Ausbreitung von Commelina communis schließt der Müncheberger Wissenschaftler nicht aus.
Kontakt
Andrew Liston
Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut
Tel. 033432- 736983734
andrew.liston@senckenberg.de
Judith Jördens
Pressestelle
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Tel. 069- 7542 1434
pressestelle@senckenberg.de
Publikation
Liston A, Goergen G, Koch F (2015) The immature stages and biology of two Xenapates species in West Africa (Hymenoptera, Tenthredinidae). Deutsche Entomologische Zeitschrift 62(1): 9-17.
doi: 10.3897/dez.62.8922
Die Natur mit ihrer unendlichen Vielfalt an Lebensformen zu erforschen und zu verstehen, um sie als Lebensgrundlage für zukünftige Generationen erhalten und nachhaltig nutzen zu können – dafür arbeitet die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung seit nunmehr fast 200 Jahren. Diese integrative „Geobiodiversitätsforschung“ sowie die Vermittlung von Forschung und Wissenschaft sind die Aufgaben Senckenbergs. Drei Naturmuseen in Frankfurt, Görlitz und Dresden zeigen die Vielfalt des Lebens und die Entwicklung der Erde über Jahrmillionen. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main wird von der Stadt Frankfurt am Main sowie vielen weiteren Partnern gefördert.
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