Sprach-Elemente im Vogelgezwitscher entdeckt

Rotscheitelsäbler Lucy Browning

Nur ein Laut ändert sich, und aus der «T»atze wird eine «K»atze. Die menschliche Sprache zeichnet sich durch kleinste bedeutungsunterscheidende akustische Einheiten aus. Nun haben Evolutionsbiologen der Universitäten Zürich und Exeter entdeckt, dass auch der Rotscheitelsäbler, der im australischen Outback lebt, diese Fähigkeit hat. Er ordnet in seinen Rufen bedeutungslose Laute neu an und vermittelt dadurch eine andere Bedeutung.

Bereits frühere Studien wiesen darauf hin, dass Vögel verschiedene Laute als Teil eines komplexen Liedes aneinanderreihen können. Doch mangelt es diesen Liedern im Allgemeinen an einer spezifischen Bedeutung und die veränderte Lautanordnung in einem Lied scheint die Botschaft insgesamt nicht zu verändern.

Im Gegensatz zu den meisten Singvögeln singen Rotscheitelsäbler nicht. Stattdessen zeichnet sich ihr umfassendes stimmliches Repertoire durch einzelne Rufe aus, die aus kleineren, akustisch getrennten einzelnen Lauten bestehen.

Bedeutungsvolle Unterschiede zwischen den einzelnen Ruflauten

Die Forscher bemerkten, dass die Rotscheitelsäbler bei bestimmten Verhaltensmustern zwei unterschiedliche Laute «A» und «B» in verschiedenen Anordnungen nutzten. Beim Fliegen produzierten die Vögel einen Flugruf «AB», beim Füttern der Jungen im Nest gaben sie dagegen die Aufforderungsrufe «BAB» von sich. Als die Forscher die Laute zurück spielten, konnten sie den verschiedenen Rufarten unterscheiden.

Sie blickten in die Nester, wenn sie den Aufforderungsruf zum Füttern hörten und suchten nach ankommenden Vögeln, wenn sie einen Flugruf hörten. Dies war auch der Fall, als die Forscher die Elemente zwischen den beiden Rufen vertauschten: Sie machten Flugrufe aus Aufforderungselementen und Aufforderungsrufe aus Flugelementen.

Diese Beobachtungen weisen laut Sabrina Engesser, Evolutionsbiologin an der Universität Zürich, darauf hin, dass die beiden Rufe aus einer Neuanordnung derselben Laute erzeugt wurden. Mitautor Simon Townsend von der Universität Zürich ergänzt: «Auch wenn die beiden Vogelrufe strukturell sehr ähnlich sind, werden sie in total unterschiedlichen Verhaltenszusammenhängen produziert und zuhörende Vögel können sie unterscheiden.»

Die Autoren gehen davon aus, dass beim Rotscheitelsäbler das erste Lautelement «B» offensichtlich die Bedeutung zwischen Flug- und Aufforderungsvokalisierung unterscheidet, ähnlich wie «mein» und «ein» im Deutschen, wo das «m» das bedeutungsunterscheidende Element oder Phonem darstellt. Laut Simon Townsend ist diese Phonem-Struktur zwar sehr einfach, trotzdem veranschaulicht sie, wie sich die Fähigkeit, neue Bedeutung zu erzeugen, anfangs beim Menschen entwickelt hat.

«Wir denken, dass das Kombinieren von zwei vorhandenen Lauten schneller ist als die Entwicklung eines neuen Lauts, und die Rotscheitelsäbler deshalb die Laute neu ordnen», schliesst Mitautor Andy Russell, Professor an der Universität Exeter.

Literatur:

Engesser S, Crane JMS, Savage JL, Russell AF, Townsend SW. Experimental Evidence for Phonemic Contrasts in a Nonhuman Vocal System. PLoS Biol 13(6). Doi:10.1371/journal.pbio.1002171

http://www.mediadesk.uzh.ch

Media Contact

Beat Müller Universität Zürich

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Spitzenforschung in der Bioprozesstechnik

Das IMC Krems University of Applied Sciences (IMC Krems) hat sich im Bereich Bioprocess Engineering (Bioprozess- oder Prozesstechnik) als Institution mit herausragender Expertise im Bereich Fermentationstechnologie etabliert. Unter der Leitung…

Datensammler am Meeresgrund

Neuer Messknoten vor Boknis Eck wurde heute installiert. In der Eckernförder Bucht, knapp zwei Kilometer vor der Küste, befindet sich eine der ältesten marinen Zeitserienstationen weltweit: Boknis Eck. Seit 1957…

Rotorblätter für Mega-Windkraftanlagen optimiert

Ein internationales Forschungsteam an der Fachhochschule (FH) Kiel hat die aerodynamischen Profile von Rotorblättern von Mega-Windkraftanlagen optimiert. Hierfür analysierte das Team den Übergangsbereich von Rotorblättern direkt an der Rotornabe, der…