Veränderung der Landnutzung fördert die biologische Vielfalt

<br>

Weltweit wird die Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung als die grösste Bedrohung für die Artenvielfalt erachtet. Frühere Studien über die Auswirkungen der Landnutzungsintensität auf die Biodiversität beschränkten sich nur auf einzelne oder kleine Gruppen von Organismen.

Die Effekte unterschiedlicher Nutzungen auf einzelne Arten können jedoch sehr unterschiedlich sein. Dies bedeutet, dass die Auswirkungen von Landnutzung auf die biologische Vielfalt oft nicht klar sind.

Eine in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlichte Studie, die von den Berner Professoren Eric Allan und Markus Fischer geleitet wurde, zeigt nun, dass Landwirte durch Änderungen der Bewirtschaftungsintensität über die Zeit zum Schutz der biologischen Vielfalt im Grünland beitragen können. Diese Änderungen können einige der negativen Auswirkungen der intensiven Landnutzung reduzieren, insbesondere für seltene Arten.

Neuer Index charakterisiert Biodiversität eines Ökosystems

Ein Team von 58 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Schweiz und Deutschland erstellte einen einzigartig umfassenden Datensatz über die Biodiversität von 49 Organismengruppen, von Bakterien bis zu Vögeln. Die Forschenden verwendeten Daten von Untersuchungsflächen, die sie in 150 unterschiedlich genutzten Grünlandflächen in drei Regionen in Deutschland, den sogenannten Biodiversitäts-Exploratorien, eingerichtet hatten.

Die Landnutzung der Flächen variierte von extensiver Beweidung bis zu intensiver Mahd oder Beweidung mit hohem Düngereinsatz. Aus diesen Daten erstellten die Forschenden einen neuen «Multidiversitäts-Index», womit die gesamte Biodiversität eines Ökosystems charakterisiert werden kann.

«Die Studie zeigte, dass die biologische Vielfalt mit zunehmender Landnutzungsintensität sehr stark abnahm und dass seltenere Arten besonders stark beeinträchtigt wurden», erklärt Eric Allan vom Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Bern. Die Vielfalt von Pflanzen, Heuschrecken und Schmetterlingen sei insgesamt am stärksten durch eine intensive Landnutzung gesunken.

Die Ergebnisse unterstreichen laut Eric Allan die ausserordentliche Bedeutung von extensiv bewirtschaftetem Grünland für den Naturschutz: «Dieser neue Index bietet ein einziges Mass der gesamten Biodiversität eines Ökosystems und sollte es in Zukunft einfacher machen, die Auswirkungen von Naturschutz-Massnahmen oder Renaturierungs-Bemühungen auf die biologische Vielfalt zu beurteilen.»

Variation der Nutzungsintensität als neue Strategie

Interessanterweise fanden die Wissenschaftler eine viel höhere Artenvielfalt auf Flächen, bei denen die Landnutzungsintensität in den letzten Jahren variiert wurde als in Flächen mit gleichbleibender Landnutzungsintensität. «Dies deutet darauf hin, dass eine Variation der Bewirtschaftungsintensität über die Zeit eine neue Strategie sein könnte, die biologische Vielfalt von Grünländern zu erhalten, zum Beispiel durch die Änderung der Anzahl von Weidetieren oder der Mahd-Häufigkeit zwischen den Jahren», so Markus Fischer

Die in der Studie untersuchten seltenen Arten profitierten besonders von Landnutzungsänderungen über die Zeit: Bei mittlerer Landnutzungsintensität war die Vielfalt solcher seltenen Arten fast doppelt so hoch, wenn die Landnutzungsintensität zwischen den Jahren variiert wurde.

«Dieses Ergebnis zeigt, dass die Landwirte bereits zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen könnten, wenn sie einfach die Intensität der Landnutzung zwischen den Jahren variieren würden, solange die mittlere Intensität der Landnutzung nicht zu hoch wird», sagt Eric Allan.

Angaben zur Publikation

Allan E, Bossdorf O, Dormann CF, Prati D, Gossner M, Blüthgen N, Barto K, Bellach M, Birkhofer K, Boch S, Böhm S, Börschig C, Chatzinotas A, Christ S, Daniel R, Diekoetter T, Fischer C, Friedl T, Glaser K, Hallman C, Hodaĉ L, Hölzel N, Jung K, Klein AM, Klaus V, Kleinebecker T, Krauss J, Lange M, Müller J, Nacke H, Pašaliæ E, Rillig M, Rothenwöhrer C, Schall P, Scherber C, Schulze W, Socher S, Steckel J, Steffan-Dewenter I, Türke M, Tscharntke T, Weiner C, Werner M, Westphal C, Wolters V, Wubet T, Gockel S, Gorke M, Hemp A, Renner SC, Schöning I, Pfeiffer S, König-Ries B, Buscot F, Linsenmair KE, Schulze ED, Weisser WW, Fischer M: Interannual variation in land-use intensity enhances grassland multidiversity, PNAS, in press, doi: 10.1073/pnas.1312213111.

Media Contact

Nathalie Matter Universität Bern

Weitere Informationen:

http://www.unibe.ch

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen

An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…

Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean

20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….

Resistente Bakterien in der Ostsee

Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…