Warum Pflanzen im Dunkeln Sprossen bilden

Im Labor lassen Ute Krämer und Scott Sinclair Samen unter verschiedenen Bedingungen keimen. © RUB, Marquard

Der Artikel des Teams um Prof. Dr. Ute Krämer und Dr. Scott Sinclair von der Ruhr-Universität Bochum, Prof. Dr. Dominik Begerow, ebenfalls aus Bochum, sowie Kollegen aus Australien, Frankreich, der Schweiz und vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln erschien am 2. November 2017 online.

Zellwände sind nicht nur Stützen für die Zelle

„Zellwände werden oft als totes Material betrachtet, das den Zellen nur ihre Festigkeit gibt“, sagt Ute Krämer, Leiterin des Bochumer Lehrstuhls für Molekulargenetik und Physiologie der Pflanzen. „Diese Sichtweise ändert sich seit einigen Jahren.“ Die aktuelle Studie zeigt, dass die Zellwand der Pflanze unterschiedliche Entwicklungsprogramme schalten kann.

Die Forscherinnen und Forscher untersuchten mehrere Mutanten der Ackerschmalwand, deren Zellwände anders zusammengesetzt sind als normalerweise. Ihre Entwicklung verglichen sie mit der von genetisch unveränderten Pflanzen.

Dunkelprogramm sichert Überleben des Keimlings

Eine normale Ackerschmalwand mit intakter Zellwand bildet im Dunkeln Sprossen. „Dadurch erhöht sich die Chance, dass der Keimling die Erdoberfläche erreicht, um an das für die Fotosynthese nötige Licht heranzukommen, bevor die im Samen gespeicherten Energiereserven zu Ende gehen“, erklärt Scott Sinclair.

Mutanten mit veränderter Zellwand waren nicht in der Lage, dieses Dunkelprogramm einzuschalten. Sie entwickelten sich im Dunkeln so wie normale Pflanzen bei Licht. Weitere Untersuchungen zeigten, dass ihnen bestimmte Abbauprodukte von Pektin fehlten, einem komplexen Zuckermolekül, das im Haushalt oft als Geliermittel zum Einsatz kommt. Durch diese Abbauprodukte – so vermuten die Forscher – teilen Pflanzenzellen anderen Pflanzenzellen mit, dass es dunkel ist.

Förderung

Die Studie wurde unterstützt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Kr1967/5-1 und 15-1; INST 213/803-1 FUGG), der Ruhr-Universität Bochum, der EU im siebten Forschungsrahmenprogramm (PIIF-GA-2008-219457, PIEF-GA-2012-331680) sowie Calipso (312284).

Originalveröffentlichung

Scott Sinclair et al.: Etiolated seedling development requires repression of photomorphogenesis by a small cell-wall-derived dark signal, Current Biology, 2017, DOI: 10.1016/j.cub.2017.09.063

Pressekontakt

Prof. Dr. Ute Krämer
Lehrstuhl für Molekulargenetik und Physiologie der Pflanzen
Fakultät für Biologie und Biotechnologie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: 0234 32 28004
E-Mail: ute.kraemer@rub.de

Media Contact

Dr. Julia Weiler idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.ruhr-uni-bochum.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

3D-Tumormodell für Retinoblastomforschung mit Fokus auf Tumor-Umgebungs-Interaktionen.

Retinoblastom: Aufschlussreiche Untersuchung von Tumorzellen der Netzhaut

Ein Forschungsteam der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und des Universitätsklinikums Essen hat ein neues Zellkulturmodell entwickelt, mit dem die Wechselwirkungen zwischen Tumorzellen und ihrer Umgebung beim Retinoblastom besser untersucht…

Private Brunnen als Notwasserversorgung zur Stärkung der Katastrophenresilienz.

Eine gut erledigte Aufgabe: Wie Hiroshimas Grundwasserstrategie bei der Bewältigung von Überschwemmungen half

Grundwasser und multilaterale Zusammenarbeit in den Wiederaufbaubemühungen milderten die Wasserkrise nach der Überschwemmung. Katastrophen in Chancen umwandeln Die Gesellschaft ist oft anfällig für Katastrophen, aber wie Menschen während und nach…

DNA Origami-Strukturen steuern biologische Membranen für gezielte Medikamentenabgabe

Die Zukunft gestalten: DNA-Nanoroboter, die synthetische Zellen modifizieren können

Wissenschaftler der Universität Stuttgart haben es geschafft, die Struktur und Funktion biologischer Membranen mithilfe von „DNA-Origami“ zu kontrollieren. Das von ihnen entwickelte System könnte den Transport großer therapeutischer Lasten in…