Warum Vögel das Lassafieber nicht übertragen

Die Mikroskop Aufnahme eines Lyosoms zeigt den neu entdeckten Rezeptor LAMP1, der maßgeblich für eine Infektion beispielsweise mit dem Lassavirus verantwortlich ist. Foto/Copyright: Markus Damme/CAU

Eine internationale Forschungsgruppe unter Beteiligung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) hat das fast 30-jährige Rätsel gelöst, warum Vögel das für den Menschen oft tödliche Lassavirus nicht übertragen können. Die Erkenntnisse führen zu einem besseren Verständnis, wie das Virus Säugetiere infiziert. Zur Überraschung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler benötigt das Virus einen zweiten Rezeptor im Inneren der Zelle, um die Infektion auszulösen. Die Ergebnisse werden am Freitag, 27. Juni, in der internationalen Fachzeitschrift Science veröffentlicht. 

Das Lassavirus ist ein gefährliches Virus, welches besonders häufig in Westafrika auftritt. Es wird durch Nagetiere übertragen, eine Infektion von Menschen ist mit einem schweren und oft tödlich verlaufenden Fieber verbunden. „Vor mehr als 30 Jahren entdeckten Forscher, dass das Virus eine große Bandbreite von Zellen infizieren kann, aber Hühnerzellen scheinbar immun sind“, berichtet der Co-Autor der Studie, Professor Paul Saftig vom Biochemischen Institut der CAU und Exzellenzcluster „Inflammation at Interfaces“. 

Das Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Thijn Brummelkamp (Niederländisches Institut für Krebsforschung) fand nun durch genetische Verfahren heraus, dass ein Membranprotein namens LAMP1 maßgeblich für die Infektion von Zellen mit dem Virus verantwortlich ist.

Wenn Lassaviren sich an den Rezeptor einer Zelle hängen, wird das Virus zunächst ins Zellinnere zu Strukturen transportiert, die Lysosomen heißen. Lysosomen werden oft als eine Art Abfallbehälter für Zellen betrachtet. Um eine Zelle zu infizieren, muss das Lassavirus den Lysosomen entkommen. Das Virus nutzt das natürliche Vorkommen des LAMP1 Proteins in Lysosomen aus, um an dieses Protein zu binden und damit die Zellen effizient zu infizieren. 

„Aus virologischer Sicht ist diese zweite Entdeckung die spannendste“, sagt Lucas Jae, der Erstautor der Studie. „Der Rezeptor an der Zelloberfläche ist seit 15 Jahren bekannt, aber niemand erwartete einen zweiten Rezeptor innerhalb der Zelle“. Forschungsteam stellte vor drei Jahren fest, dass auch das Ebolavirus einen ähnlichen Mechanismus nutzt, um Zellen zu infizieren. Das Team vermutet, dass mehr Viren als bisher bekannt einen ähnlich komplexen Mechanismus zur Zellinfektion nutzen wie das Lassa- und das Ebolavirus. 

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten außerdem zeigen, dass der Unterschied zwischen dem menschlichen LAMP1 und dem von Vögeln in einer einzigen Zuckerverbindung liegt. Diese Struktur kommt bei Menschen und Mäusen vor, fehlt aber bei Vögeln. Mit Hilfe von Kolleginnen und Kollegen aus Harvard und Kiel konnte an Mäusen, denen das LAMP1 Protein fehlte, gezeigt werden, dass diese immun gegen das Lassavirus waren.

„Unsere Erkenntnisse zeigen, warum Menschen, aber nicht Vögel mit dem Lassavirus infiziert werden“, fasst Studienleiter Brummelkamp zusammen. „Unsere weiteren Untersuchungen sollen jetzt zeigen, ob der doppelte Rezeptormechanismus auch bei anderen Viren existiert.“ Durch diese Entdeckung sind in der Zukunft auch neue Perspektiven für die Therapie und Prävention dieser Virenerkrankungen denkbar.  

Originalpublikation: Jae, L.T., Raaben, M., Herbert, A.S., Kuehne, A.I., Wirchnianski, A.S., Soh, T.K., Stubbs, S.H., Janssen,H., Damme, M., Saftig, P., Whelan, S.P., Dye, J.M. and Brummelkamp, T.R. (2014): Lassa virus entry requires a trigger-induced receptor switch. Science, http://dx.doi.org/doi/10.1126/science.1252480 (ab 27.6.2014) 

Kontakt: Prof. Dr. Paul Saftig Biochemisches Institut der CAU Telefon: +49 431 880-2216 Email: psaftig@biochem.uni-kiel.de 

Dr. Tebke Böschen Exzellenzcluster „Entzündung an Grenzflächen“ Telefon: +49 431 880-4682 Email: tboeschen@uv.uni-kiel.de

Media Contact

Dr. Boris Pawlowski Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Weitere Informationen:

http://www.uni-kiel.de

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