Züchtung menschlicher Gewebemodelle für präklinische Tests

Arbeitsgruppenleiterin Prof. Dr. Ing. Laura De Laporte und Projektleiter Dr.-Ing. Abdolrahman Omidinia Anarkoli vom DWI - Leibniz-Institut für Interaktive Materialien
Fabio Sentek / ©DWI

Projektleiter Dr.-Ing. Abdolrahman Omidinia Anarkoli und Arbeitsgruppenleiterin Prof. Dr.-Ing. Laura De Laporte vom DWI – Leibniz-Institut für Interaktive Materialien haben für ihr Projekt „AnisoPlate“ einen Proof Concept Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) erhalten. Ihr Ziel ist es, das technische und kommerzielle Potenzial ihres neu entwickelten Geräts zu untersuchen.

Mit dieser Technologie wollen sie dreidimensionale, hydrogelbasierte humane Gewebemodelle im Hochdurchsatz herstellen, die eine kontrollierbare räumliche Orientierung und makroporöse Strukturen aufweisen. Die derzeitig kommerziell verfügbaren Zell- und Gewebemodelle werden der ausrichtungsabhängigen Komplexität natürlicher menschlicher Gewebe nämlich nicht gerecht. Denn bei diesen kann weder die Expansion und die Differenzierung von Stammzellen noch die Gewebestrukturierung gesteuert werden kann. Dies kann zu unzuverlässigen präklinischen Ergebnissen führen, wodurch viel Potential bei der Erforschung und Prüfung von Arzneistoffen verloren geht.

AnisoPlate soll Abhilfe schaffen: Die handliche Konstruktion besteht aus speziell für dieses Projekt hergestellten Platten, auf denen standardisierte Kulturplatten platziert werden können, um Zellen und Gewebe in dreidimensionalen Hydrogelen zu züchten. Dazu wird ein externes Magnetfeld passend angelegt, sodass die magnetischen Mikrostäbchen im Hydrogel entlang des Feldes ausgerichtet werden. Anschließend geliert die Lösung, wodurch die Stäbchen fixiert werden. Aus vorherigen Arbeiten der Forschungsgruppe von De Laporte ist bekannt, dass sich die räumliche Expansion und Orientierung von Zellen sowie die Porosität von Hydrogel-Konstrukten durch die Ausrichtung und Anordnung der stäbchenförmigen Magnetpartikel beeinflussen lassen. Mit diesem Ansatz wollen sie eine Technologie bereitstellen, mit der Kunden auf einfache Weise strukturierte Gewebemodelle herstellen können, die der Komplexität von natürlichem Gewebe näherkommen.

Ziel des Forschungsprojekts AnisoPlate ist es daher, in Kombination mit den AnisoGel-Materialien, eine Plattformtechnologie zu etablieren. Mit dieser wäre es der pharmazeutischen Industrie und Forschenden möglich, relevante biologische Informationen in standardisierter und reproduzierbarer Weise zu gewinnen, beispielsweise für präklinische Studien von Medikamenten. Dies könnte zu erheblichen Kosten- und Zeiteinsparungen führen. Damit würde diese Technologie indirekt auch den Patienten zugutekommen. Das Forschungsprojekt wird vom Europäischen Forschungsrat über einen Zeitraum von 18 Monaten gefördert.

Über Laura De Laporte
Laura De Laporte hat Chemieingenieurwesen an der Universität Gent (Belgien) studiert. Sie promovierte an der Northwestern University (Evanston, USA) in der Gruppe von Prof. Lonnie Shea und entwickelte dort Implantate für die Nervenregeneration. An der EPFL (Lausanne, Schweiz) erforschte sie in der Gruppe von Prof. Jeffrey Hubbell regenerative Hydrogele. Von 2013 bis 2018 leitete Laura De Laporte eine Nachwuchsgruppe am DWI – Leibniz-Institut für Interaktive Materialien in Aachen und wurde 2015 mit einem Starting Grant des Europäischen Forschungsrates ausgezeichnet. Im Oktober 2017 hat sie ihre Habilitation im Fachbereich Chemie der RWTH Aachen abgeschlossen. 2018 erhielt sie als eine von fünf exzellenten Wissenschaftlerinnen eine Förderung aus dem Leibniz-Programm für Professorinnen und wurde assoziierte Professorin im Fachbereich Chemie mit dem Lehr- und Forschungsgebiet Advanced Materials for Biomedicine. Seit 2021 ist sie zudem Teil des Instituts für Angewandte Medizintechnik und ist zusätzlich affiliiert an die Uniklinik RWTH Aachen. Im Jahr 2022 erhielt De Laporte einen ERC Consolidator Grant für das Projekt „Heartbeat“.

Über Abdolrahman Omidinia Anarkoli
Abdolrahman Omidinia Anarkoli promovierte an der RWTH Aachen in der Gruppe von Prof. De Laporte, wo er das AnisoGel für die Nervenregeneration entwickelte. Er ist einer der Erfinder der patentierten Technologie und verfügt über das Know-how und die Expertise in den Bereichen Magnetfeldsimulation, Faserspinntechnik, 3D-Bioprinting und Millifluidik. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich der biotechnologisch hergestellten Gewebe mit biomimetischer Architektur für den Einsatz als In-vitro-Gewebsmodelle und regenerative Biomaterialien in vivo.

Über ERC Proof of Concept Grants
Die Pionierforschung bringt oft bahnbrechende neue Ideen hervor, die Innovation und unternehmerischen Erfindungsgeist vorantreiben und gesellschaftliche Herausforderungen bewältigen. Die ERC PoC Grants sollen die Untersuchung des kommerziellen und sozialen Innovationspotenzials der vom ERC geförderten Forschung erleichtern und stehen daher nur Wissenschaftler*innen zur Verfügung, deren Vorschläge sich wesentlich auf ihre vom ERC geförderte Forschung stützen. Mit den Proof of Concept Grants soll der Wert der vom ERC geförderten exzellenten Forschung maximiert werden, indem weitere Arbeiten finanziert werden (d. h. Aktivitäten, die nicht für die Finanzierung durch die ursprüngliche ERC-Finanzhilfe für Pionierforschung vorgesehen waren), um das Innovationspotenzial von Ideen aus ERC-geförderten Projekten zu verifizieren.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr.-Ing Abdolrahman Omidinia Anarkoli
omidinia@dwi.rwth-aachen.de

Prof. Dr.-Ing. Laura De Laporte
delaporte@dwi.rwth-aachen.de

https://www.dwi.rwth-aachen.de

Media Contact

Fabio Sentek Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
DWI - Leibniz-Institut für Interaktive Materialien

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Spitzenforschung in der Bioprozesstechnik

Das IMC Krems University of Applied Sciences (IMC Krems) hat sich im Bereich Bioprocess Engineering (Bioprozess- oder Prozesstechnik) als Institution mit herausragender Expertise im Bereich Fermentationstechnologie etabliert. Unter der Leitung…

Datensammler am Meeresgrund

Neuer Messknoten vor Boknis Eck wurde heute installiert. In der Eckernförder Bucht, knapp zwei Kilometer vor der Küste, befindet sich eine der ältesten marinen Zeitserienstationen weltweit: Boknis Eck. Seit 1957…

Rotorblätter für Mega-Windkraftanlagen optimiert

Ein internationales Forschungsteam an der Fachhochschule (FH) Kiel hat die aerodynamischen Profile von Rotorblättern von Mega-Windkraftanlagen optimiert. Hierfür analysierte das Team den Übergangsbereich von Rotorblättern direkt an der Rotornabe, der…