Auf Ackerflächen doppelt ernten

Agri-PV-Pilotanlage in Heggelbach.
Fraunhofer ISE

Leitfaden zur Agri-Photovoltaik erschienen

Mit der Agri-Photovoltaik (Agri-PV) können Landwirte Ackerflächen doppelt nutzen: Am Boden wachsen die Kulturpflanzen, darüber erzeugen Solarmodule erneuerbaren Strom. Der Ansatz erhöht die Flächeneffizienz und könnte künftig Konflikte um den Gebrauch von landwirtschaftlichen Böden entschärfen.

Aktuelle Informationen über die Technologie, ihr Potenzial sowie den aktuellen Entwicklungsstand beleuchtet jetzt ein neuer Leitfaden. Ziel ist, Landwirten, Kommunen und Unternehmen praktische Hinweise zur Nutzung der Agri-PV an die Hand zu geben. Auch Vorschläge für eine Anpassung des rechtlichen Rahmens sind in dem Werk enthalten.

Herausgeber ist das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Das Forschungsinstitut hat die Technologie in Deutschland erstmals umfassend erprobt. Die Publikation umfasst 56 Seiten, ist kostenfrei und steht nun online auf Deutsch und Englisch zum Download bereit.

Die Agri-Photovoltaik bringt Solarstromerzeugung und Landwirtschaft unter einen Hut. Eine Fläche kann so gleichzeitig der landwirtschaftlichen Nahrungs- und Futtermittelproduktion als auch der Solarstromerzeugung dienen. »Das reduziert die Konkurrenz um landwirtschaftliche Flächen und trägt zu einer effizienteren Landnutzung bei«, sagt Max Trommsdorff, Gruppenleiter Agri-Photovoltaik am Fraunhofer ISE. »Darüber hinaus kann die Agri-PV Schutz vor Hagel-, Frost- und Dürreschäden bieten und macht Schutzfolien und andere Materialien überflüssig. Auch kann eine Reduktion der Windlasten und der Sonneneinstrahlung zu einem geringeren Wasserverbrauch in der Landwirtschaft beitragen.«

Bei manchen Ackerfrüchten können die aufgeständerten Solarmodule sogar zu einem Anstieg der landwirtschaftlichen Erträge führen, haben Forschungsprojekte wie APV-RESOLA gezeigt. Darüber hinaus schafft die Solarstromerzeugung stabile zusätzliche Einkommensquellen für Landwirtschaftsbetriebe und erhöht damit die Resilienz vieler Höfe gegenüber Ernteausfällen.

Nachschlagewerk zeigt Chancen für Landwirtschaft und Energiewende auf

Das Potenzial der Technologie ist hoch: Unter allen Photovoltaikanwendungen birgt die Agri-PV besonders große Chancen. Nur rund vier Prozent der deutschen Ackerflächen würden ausreichen, um mit ihr bilanziell den gesamten aktuellen Strombedarf in Deutschland zu decken. Dafür wären rund 500 Gigawatt installierte Leistung nötig. Auch die Kosten können sich inzwischen sehen lassen. Mit Stromgestehungskosten zwischen sieben und zwölf Cent pro Kilowattstunde ist die Agri-PV heute schon kostengünstig.

Der Leitfaden beschreibt die internationale Entwicklung der noch jungen Technologie etwa in den USA, Frankreich oder Chile und zeigt erfolgreiche Anwendungsbeispiele. Dabei weist er auch auf Hürden für die Nutzung von Agri-PV in Deutschland hin. So erhalten Agri-PV-Anlagen aktuell in den meisten Fällen keine kostendeckende Einspeisevergütung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und die landwirtschaftliche Nutzung fällt aus der EU-Agrarförderung. Auch wird die flächenneutrale Agri-PV im Baugesetzbuch nicht privilegiert. All dies hemmt die Nutzung der Technologie.

Um die Hemmnisse zu beseitigen, schlagen die Autorinnen und Autoren des Leitfadens Änderungen vor, die die Agri-PV besser in den ordnungspolitischen Rahmen einbetten sollen. Auch die frühzeitige Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort als entscheidendes Erfolgskriterium wird im Agri-PV-Leitfaden herausgestellt. »Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen könnte das enorme Potenzial der Agri-PV erfolgversprechend erschlossen werden«, ist sich Max Trommsdorff sicher. »Für das Klima und die Landwirtschaft wäre das eine gute Nachricht.«

Wissen aus Forschung und Praxis

Die Autorinnen und Autoren des Leitfadens kommen von den Forschungsinstituten Fraunhofer ISE und Karlsruher Institut für Technologie KIT, der Universität Hohenheim, der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf sowie dem Unternehmen BayWa r.e. und der Kanzlei Becker Büttner Held Rechtsanwälte (BBH). Bundesforschungsministerin Anja Karliczek und Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner schrieben das Vorwort und würdigen darin die Agri-PV als ein wichtiges Instrument, um die energie- und klimapolitischen Ziele – denen auch die Landwirtschaft verpflichtet ist – zu erreichen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Maximilian Trommsdorff: Maximilian.trommsdorff@ise.fraunhofer.de

Originalpublikation:

https://www.ise.fraunhofer.de/content/dam/ise/de/documents/publications/studies/…

Weitere Informationen:

https://www.ise.fraunhofer.de/de/geschaeftsfelder/photovoltaik/photovoltaische-m… Mehr Informationen zur Agri-Photovoltaik

Media Contact

Karin Schneider Presse und Public Relations
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Energie und Elektrotechnik

Dieser Fachbereich umfasst die Erzeugung, Übertragung und Umformung von Energie, die Effizienz von Energieerzeugung, Energieumwandlung, Energietransport und letztlich die Energienutzung.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Windenergie, Brennstoffzellen, Sonnenenergie, Erdwärme, Erdöl, Gas, Atomtechnik, Alternative Energie, Energieeinsparung, Fusionstechnologie, Wasserstofftechnik und Supraleittechnik.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Spitzenforschung in der Bioprozesstechnik

Das IMC Krems University of Applied Sciences (IMC Krems) hat sich im Bereich Bioprocess Engineering (Bioprozess- oder Prozesstechnik) als Institution mit herausragender Expertise im Bereich Fermentationstechnologie etabliert. Unter der Leitung…

Datensammler am Meeresgrund

Neuer Messknoten vor Boknis Eck wurde heute installiert. In der Eckernförder Bucht, knapp zwei Kilometer vor der Küste, befindet sich eine der ältesten marinen Zeitserienstationen weltweit: Boknis Eck. Seit 1957…

Rotorblätter für Mega-Windkraftanlagen optimiert

Ein internationales Forschungsteam an der Fachhochschule (FH) Kiel hat die aerodynamischen Profile von Rotorblättern von Mega-Windkraftanlagen optimiert. Hierfür analysierte das Team den Übergangsbereich von Rotorblättern direkt an der Rotornabe, der…