Autofähre: Kabellose Stromversorgung per Induktion

Die Illustration von HTWG-Student Tarek Sadek zeigt, wie sich der Landungssteg passgenau auf das Deck des Fährschiffs absenkt. Über Induktionsplatten wird die kabellose Stromversorgung der Fähre während der Liegezeit im Hafen mit Landstrom möglich.
Illustration: Tarek Sadek

Studierende der HTWG Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung haben auf Anregung der Stadtwerke Konstanz ein Konzept dafür entwickelt, wie die Bordstromversorgung der Bodensee-Autofähren zwischen Konstanz und Meersburg lokal emissionsfrei per Induktion über die Fährbrücke erfolgen kann. Damit können potentiell bis zu 20 Tonnen CO2 pro Fährschiff pro Jahr eingespart werden. Die Stadtwerke Konstanz wollen das Konzept umsetzen.

Als Versuchsträger für den Dauertest eignet sich die Autofähre FS Meersburg. Die Energieversorgung dieser Fähre ist modular aufgebaut. Sie verfügt über zwei getrennte Stromkreisläufe bzw. Dieselgeneratoren.
(c) Stadtwerke Konstanz

Die Autofähren zwischen Konstanz und Meersburg benötigen neben Antriebsenergie auch Strom beispielsweise für Beleuchtung, Messinstrumente auf der Brücke und Bordgastronomie. Der hierfür benötigte Strom wird von einem Dieselgenerator an Bord erzeugt. Studierende der HTWG Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung haben auf Anregung der Stadtwerke Konstanz ein Konzept dafür entwickelt, wie die Bordstromversorgung lokal emissionsfrei per Induktion über die Fährbrücke erfolgen kann.

„Das ist gut durchdacht, smart und hat uns absolut überzeugt“, sagt Christoph Witte, technischer Leiter der Stadtwerke-Fähren. Er kündigt an, das Konzept mit einer ersten Fähre umsetzen zu wollen. Derzeit werden noch die Fördergelder hierfür beantragt. „Es wird ein erster Baustein unserer Maßnahmen sein, CO2-Emissionen im Fährbetrieb einzusparen“, erläutert er. „Der große Gedanke dahinter ist, die automatische Ladetechnologie für die Fähren der Zukunft zu entwickeln, das heißt vollelektrische Schiffe, bei denen während der kurzen Umschlagszeiten die Akkumulatoren automatisch nachgeladen werden.“

Das Konzept der Studierenden sieht das Anbringen jeweils einer Induktionsplatte auf dem Landungssteg sowie auf dem Deck vor. So wird die kontaktlose Stromversorgung der Fähre direkt über die Landungsbrücke von der Anlandung bis zur Abfahrt möglich. „Das Vorgehen ist bestechend einfach und überzeugt durch seine hohe Sicherheit“, sagt Daniel Kirch, Projektleiter bei den Stadtwerken Konstanz.

Die Stromversorgung ohne offenliegende elektrische Kontakte sei die Ideallösung in einer den Witterungseinflüssen ungeschützt ausgesetzten Umgebung. „Es gibt ohne Stecker und Buchsen keine offenen Kontakte, keinen Funkenüberschlag, keinen Kurzschluss“, zählt Maschinenbau-Student Tarek Sadek auf.

Die Positionierung ist unabhängig vom Pegelstand optimal, da sich die Fährbrücke dem Wasserstand anpasst. Zudem sei die Induktionsvorrichtung robust und von langer Lebensdauer, der Wartungsaufwand sowie die Ausfallwahrscheinlichkeit gering, betont Maschinenbau-Professor Dr. Peter Stein. Prof. Dr. Heinz Rebholz, Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik, ergänzt: „Die Stromversorgung per Induktion erfüllt die gesetzlichen Anforderungen, so dass gesundheitliche Gefahren ausgeschlossen sind.“

Das Projekt

Acht Student*innen der HTWG, Bachelor- und Masterstudierende aus der Fakultät Maschinenbau sowie der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik, haben das Konzept entwickelt. „Das Projekt zeigt die Innovationskraft der HTWG. Es ist eine beispielhafte Verbindung von praxisorientierter Lehre, angewandter Forschung und Transfer zugunsten regionaler Unternehmen und einer ressourcenschonenden Gesellschaft“, sagt Prof. Dr. Gunnar Schubert, Vizepräsident für Forschung, Transfer und Nachhaltigkeit. Die Stromversorgung über Induktion stand zu Beginn der Arbeit der Student*innen nicht alleine im Fokus. Unter anderem hatten sie die Stromzufuhr über Photovoltaikzellen auf dem Fährdach in Erwägung gezogen – was als Ergänzung der Stromversorgung nach wie vor vorstellbar ist.

„Die interdisziplinäre Zusammenarbeit sowie die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Stadtwerke war für alle Beteiligten eine Bereicherung. Die Studierenden lernten, das Thema durch verschiedene Brillen zu sehen“, sagt Prof. Dr. Heinz Rebholz. „Es war ein tolles Projekt. Wenn unsere Idee nun umgesetzt wird, freut mich das unglaublich“, sagt Maschinenbau-Student Tarek Sadek, der seine Bachelor-Arbeit zum Thema geschrieben hat. Als Versuchsträger für den Dauertest eignet sich die Autofähre FS Meersburg. Die Energieversorgung dieser Fähre ist modular aufgebaut. Sie verfügt über zwei getrennte Stromkreisläufe bzw. Dieselgeneratoren. So könne der Generator, der nicht mit dem Hauptantrieb verbunden ist, während der Liegezeit abgestellt werden.

So geht es weiter

Als nächster Schritt steht in Zusammenarbeit mit einem Industriepartner die Entwicklung einer geeigneten Induktionsplatte an. „Wenn wir den Einsatz des Stromgenerators während der Liegezeit am Landungssteg mit Landstrom ersetzen, können wir während des Kursbetriebs am Tag bis zu etwa 50 Prozent des Dieselverbrauchs einsparen, der für die Stromversorgung der Fähre nötig ist“, rechnet Daniel Kirch vor. Das wären beim nun gemessenen Verbrauch von 25kW und zwei Überfahrten pro Stunde mit je 15 Minuten Liegezeit ca. 20 Liter Diesel pro Fähre und Tag, was wiederum im Jahr bis zu 20 Tonnen CO2 pro Fährschiff entspräche.

Das Konzept lässt sich weiter ausbauen, blickt Christoph Witte voraus: So könnte über eine Batterie an Bord der Dieselgenerator für die Bordstromversorgung komplett ersetzt werden. „Hierfür würde eine Batterie der Größe wie sie im Renault Zoe verbaut sind, ausreichen“, sagt Maschinenbau-Professor Dr. Peter Stein. Die darauffolgende Ausbaustufe wäre die Ladung eines komplett mit elektrischer Energie angetriebenen Fährschiffs.

Auch das HTWG-Forschungsschiff „Solgenia“ wird von dem entwickelten Konzept profitieren. An dem Schiff mit einem Photovoltaik-Wasserstoff-Hybridantrieb soll das induktive Ladesystem zunächst erprobt werden.

Info: Kabellose Stromversorgung per Induktion

Das Funktionsprinzip der drahtlosen Energieübertragung ist in der Elektrotechnik schon seit langem bekannt. Magnetische Felder transportieren dabei die Energie von einer Sendespule zur Empfängerspule. Die Funktionsweise ist vergleichbar mit einem Transformator, nur ohne Gehäuse. Dies funktioniert umso besser, je geringer der Abstand zwischen den Spulen ist. Magnetisch gekoppelte Systeme finden sich mittlerweile in vielen Bereichen des täglichen Lebens wie bei elektrischen Zahnbürsten, induktiven Kochfeldern und dem drahtlosen Aufladen von Smartphones oder Autoschlüsseln.

Weitere Informationen:

http://www.htwg-konstanz.de Website der Hochschule Konstanz

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Anja Wischer Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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