Fortschritt bei der Kernfusion: Frankreich bietet ITER-Standort


Über Jahre hinweg stockte der politische Entscheidungsprozess zur Realisierung des nächsten großen Schrittes in der kontrollierten Kernfusion. In einer weltumspannenden Zusammenarbeit sollte längst die Entscheidung zum Bau eines ersten energieliefernden Experimentalreaktors gefallen sein. Dazu hatten die Partner Europa, Japan, Russland und USA das Projekt ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor) gegründet.

Mit ITER wollen die Forscher demonstrieren, dass die Prozesse, die im Sonneninneren die Energie liefern, auch auf der Erde nachgebildet werden können, um damit eine neue Energiequelle der Menschheit nutzbar zu machen. Die für den Fusionsprozess benötigten Rohstoffe Deuterium und Lithium sind nach menschlichen Maßstäben unerschöpflich und weltweit gleichermaßen zugänglich. Sauberkeit (kein Treibhausgas) und Sicherheit (keine Kettenreaktion) sind weitere Pluspunkte der Fusionsenergie.

Ein neuer Konstruktionsentwurf für ITER liegt nun auf dem Tisch, der die ursprünglich angesetzten Investitionen etwa halbiert, womit Hoffnung besteht, den vor kurzem ausgestiegenen Partner USA wieder mit ins Boot zu bekommen. Mit etwas reduzierten Zielen soll ITER für unter 4 Milliarden Euro gebaut werden, was keine übermäßige Anstrengung für die nationalen Forschungsetats bedeutet würde, angesichts der starken Partner und eines Zeitraums von etwa zehn Jahren für den Bau.

Keiner der Partner hatte aber bisher einen Standort für ITER offeriert. Nur der Außenseiter Kanada bot Anfang des Jahres einen attraktiven Bauplatz in der Nähe von Toronto an. Nun haben die Franzosen überraschenderweise offiziell Interesse an einem Standort im südfranzösischen Cadarache bekundet, womit das ITER Projekt wieder deutlich an Fahrt gewinnt.

Die deutschen Fusionsforscher begrüßen die französische Initiative und erwarten, dass die Franzosen die Zeit ihrer EU-Präsidentschaft in diesem Halbjahr zur Förderung des ITER-Projekts nutzen werden. Europa ist führend in der Fusionsforschung und wird es wohl mit einem europäischen Standort weiterhin bleiben. Auch die Fusionsforscher im Forschungszentrum Jülich, das über internationale Kooperationen am ITER-Projekt beteiligt ist, zeigten sich über die Nachricht erfreut: „Das Angebot für einen Projektstandort bedeutet für die Kernfusion einen wichtigen Fortschritt“, erläutert Prof. Ulrich Samm vom Jülicher Institut für Plasmaphysik. „Die Ergebnisse, die von ITER zu erwarten sind, werden Meilensteine in der Energieforschung darstellen, wenn sich beweisen lässt, dass kontrollierte Kernfusion tatsächlich eine neue Option zur Energieversorgung ist. Dann endlich können wir die Früchte Jahrzehnte langer Arbeit ernten.“

Weitere Informationen finden Sie im WWW:

Media Contact

Peter Schaefer

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Energie und Elektrotechnik

Dieser Fachbereich umfasst die Erzeugung, Übertragung und Umformung von Energie, die Effizienz von Energieerzeugung, Energieumwandlung, Energietransport und letztlich die Energienutzung.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Windenergie, Brennstoffzellen, Sonnenenergie, Erdwärme, Erdöl, Gas, Atomtechnik, Alternative Energie, Energieeinsparung, Fusionstechnologie, Wasserstofftechnik und Supraleittechnik.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen

An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…

Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean

20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….

Resistente Bakterien in der Ostsee

Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…