Innovatives Konzept macht Kraftstoff aus Biomasse wirtschaftlich
Grundsteinlegung der Pilotanlage im Forschungszentrum Karlsruhe
Stroh und Holz sollen in Zukunft Lieferanten von hochwertigem Treibstoff werden. Ein deutsches Pilotprojekt will nun zeigen, wie aus bisher ungenutzten organischen Stoffen wie Stroh oder Holz günstig High-Tech-Kraftstoff hergestellt werden kann. Ein im Forschungszentrum Karlsruhe entwickeltes Verfahren namens „bioliq“ löst die bisherigen Probleme – und führt zu Kraftstoffen höchster Qualität, die auch für die künftige Motorengeneration hervorragend geeignet sind. Allein in Deutschland könnten vorhandene ungenutzte Nebenprodukte in Zukunft mehr als zehn Prozent des derzeitigen Kraftstoffbedarfs aus Biomasse decken. Die Grundsteinlegung der Anlage fand gestern, Freitag, statt.
„Die Nutzung scheiterte bisher daran, dass Biomasse auf große Flächen verteilt und wegen der langen Transportwege nicht wirtschaftlich zu verwerten war“, erklärt Eckhard Dinjus, Leiter des Instituts für Technische Chemie des Forschungszentrums Karlsruhe im pressetext-Interview. Ein zweistufiger „Biomass To Liquid“-Prozess soll zwei Probleme nun lösen: einerseits das verteilte Aufkommen als auch dem niedrigen Energieinhalt der Biomasse. „Beim bioliq-Verfahren wird in der ersten Stufe aus der anfallenden Biomasse durch dezentrale Schnellpyrolyse-Anlagen ein transportfähiges flüssiges Zwischenprodukt hoher Energiedichte erzeugt“, so Dinjus. „Vom Stroh mit 1,5 Gigajoule pro Kubikmeter Energiedichte wird Pyrolysekoks, so genannter Slurry, mit 25 Gigajoule pro Kubikmeter hergestellt. Jährlich stehen in Deutschland 200.000 Tonnen Stroh zur Verfügung“, erklärt der Forscher. Haupteinsatzstoffe für das Verfahren sind Stroh und andere Lignozellulose, die mehr als 90 Prozent der Landbiomasse ausmachen. Rindenfreies, hochwertiges Holz ist zwar leichter einzusetzen, für das Verfahren aber nicht erforderlich.
„Da die organischen Einsatzstoffe sehr geringe Energiedichten haben, können sie wirtschaftlich nur über kurze Distanzen transportiert werden“, führt der Experte aus. „In einem dezentralen Verfahrensschritt mit Kleinanlagen zu denen die Erzeuger höchstens 25 Kilometer fahren müssen, wird deshalb zunächst das Zwischenprodukt höherer Energiedichte erzeugt.“ In der zweiten Stufe wird dieses Produkt mit geringen Transportkosten in einer zentralen Großanlage zur Gaserzeugung und Synthese von Kraftstoffen angeliefert. „Der Slurry wird in einem speziellen Flugstromvergaser bei Temperaturen um 1.200 Grad und bei Drücken von 80 bar zu einem teerfreien Synthesegas umgesetzt“, führt der Experte aus. Daraus lassen sich alle wichtigen chemischen Grundbaustoffe herstellen.
„Die Verarbeitungskosten der Biomasse für den High-Tech-Kraftstoff liegen unter 50 Eurocent. Hinzu kommen noch Kosten für die Ausgangsmaterialien, die derzeit in der gleichen Größenordnung liegen. Damit bliebe der Preis für einen Liter High-Tech-Kraftstoff unter einem Euro“, führt der Wissenschaftler aus. In anderen Ländern könne dieser Preis deutlich darunter liegen. „Wie zum Beispiel in China, das sich für diese Art der Treibstofferzeugung sehr interessiert“.
„Alle entscheidenden Einzelschritte, die das „bioliq“-Verfahren enthält, wurden vom Forschungszentrum inzwischen entwickelt und erprobt“, erklärt der Forscher. Nun soll der Gesamtprozess in einer Pilotanlage zusammen geführt werden. Biomasse sei die Energie der Zukunft, zeigt sich der Wissenschaftler überzeugt.
Am „bioliq“-Verfahren sind zwei Unternehmen maßgeblich beteiligt: die Lurgi AG aus Frankfurt am Main liefert das für petrochemische Reststoffe entwickelte Verfahren für Schnellpyrolyse, das Unternehmen Future Energy aus Freiberg, Tochter der Schweizer Sustec, ist führend auf dem Gebiet der Flugstrom-Druckvergasung.
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