Intelligentes Stromnetz für Elektro-Fuhrpark
Das Tankstellennetz für Elektroautos wird enger. In Deutschland kommt derzeit eine E-Ladestation auf zwei Stromer. Besonders in Großstädten und Ballungsräumen treiben Energieunternehmen den Ausbau voran.
Über 2000 E-Zapfsäulen sind hierzulande bereits installiert. Die bundesweit größte Stromtankstelle befindet sich am Fraunhofer-Institutszentrum in Stuttgart: Im Parkhaus des Fraunhofer-Campus können bis zu 30 Elektrofahrzeuge Strom zapfen. 30 Wechselstrom-Ladestationen und eine Gleichstrom-Schnellladestation mit einer Leistung von 50 Kilowatt liefern die Energie.
Damit kann ein Auto innerhalb von 20 Minuten volltanken. Sind alle Zapfsäulen belegt, fließen bis zu 340 Kilowatt. Das entspricht in etwa 20 Prozent der Last des gesamten Institutszentrums mit seinen 1500 Mitarbeitern. »Die Anforderungen durch das Laden der Fuhrparkflotte an das Energiesystem sind groß. Ohne ein intelligentes Lade- und Lastmanagement lässt sich eine solche Stromtankstelle meist nicht realisieren«, sagt Dipl.-Ing. Hannes Rose vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO.
In ihrem »lebendigen Labor« erproben der Forscher und sein Team derzeit, wie sich E-Fuhrparks technisch managen lassen: Wie kann die Anlage möglichst effizient betrieben werden? Wie lässt sich sicherstellen, dass es zu Spitzenlastzeiten nicht zum Kurzschluss kommt? Wie muss ein intelligentes Stromnetz aufgebaut sein, um all diesen Anforderungen gerecht zu werden? Hierfür entwickeln die IAO-Wissenschaftler im Projekt »charge@work« gemeinsam mit der Daimler AG und dem Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement IAT der Universität Stuttgart die Ladeinfrastruktur und das Energiemanagement.
Ziel des Projekts: Ein Micro Smart Grid, sprich ein kleines, intelligentes Stromnetz, soll die Fahrzeugflotte mit Energie versorgen. Dabei setzen die Wissenschaftler ausschließlich auf regenerative Ressourcen: Im Lauf dieses Jahres werden am Institutszentrum eine Photovoltaik- und eine Kleinwindkraft-Anlage installiert, um den Fuhrpark zu betreiben. Zudem werden im Keller und auf dem Dach des IAO-Gebäudes ein Lithium-Ionen-Batteriespeicher sowie eine Redox-Flow-Batterie eingebaut, die Energie zwischenspeichern.
Bei dem 30 Meter hohen Windrad handelt es sich um ein vertikales System mit einer Leistung von 10 Kilowatt, das nicht nach dem Wind ausgerichtet werden muss und günstig in der Anschaffung ist. Das Micro Smart Grid lässt sich autonom neben dem Netz des Energieversorgungsunternehmens (EVU) betreiben. »Sollte die gespeicherte Energie nicht ausreichen, kann es aber mit dem Netz des EVU verbunden werden«, sagt der Abteilungsleiter.
Die Besonderheit: Das intelligente Netz arbeitet mit Gleichspannung. »Sowohl Photovoltaikanlagen als auch Batteriespeicher nutzen Gleichspannung. Da bei der Umwandlung zwischen Wechsel- und Gleichstrom hohe Verluste entstehen, haben wir uns entschieden, ein Gleichstromnetz zu konzipieren«, erläutert der Ingenieur. Die Forscher bauen dazu nicht nur eine Software zum Energiemanagement auf, sondern auch eine Simulationsumgebung. Mit deren Hilfe können sie das Micro Smart Grid vorab auslegen und verschiedene Szenarien wie unterschiedliche Wetterbedingungen durchspielen.
Bessere Versorgungssicherheit durch Micro Smart Grids
Im Aufbau einer dezentralen Stromversorgung sieht Rose zahlreiche Vorteile, allen voran: es sichert die Versorgung. »Durch die Energiewende wird dem deutschen Stromnetz immer mehr abverlangt. Wind- und Photovoltaikanlagen erzeugen diskontinuierlich Strom, was nicht immer mit dem Strombedarf der Kunden übereinstimmt. Das Netz muss diese Schwankungen ausgleichen, das Risiko von Ausfällen nimmt zu. Mit einer dezentralen Stromversorgung und durch Optimieren des Energiemanagements steuern wir diesem Risiko entgegen. Zudem machen wir uns unabhängiger von der Entwicklung der Energiepreise, da wir kaum Strom einkaufen müssen.«
Im nächsten Schritt wollen die IAO-Forscher mit ihrem »lebendigen Labor« eine Testumgebung für Industriebetriebe, Systemanbieter, Stadtwerke, Kommunen und Verteilnetzbetreiber schaffen und das Potenzial der kleinen unabhängigen Netze ausloten: Im Innovationsnetzwerk Micro Smart Grid sollen in den kommenden zwei Jahren Interessierte die Möglichkeit erhalten, neuartige Konfigurationen und Betriebsstrategien zu erarbeiten. Am Fraunhofer Demonstrator können die Projektpartner ihre Hard- und Softwarekomponenten testen oder untersuchen, wie sich das Netz mit anderen Verbrauchern verbinden lässt, etwa um die Klimaanlage eines Gebäudes zu betreiben oder weitere Produktionsanlagen zu integrieren. »Langfristiges Ziel ist es, einzelne, lokale Energienetze zu einem großen Smart Grid zusammenzuführen«, so Rose. Ein virtuelles Modell ihres intelligenten Stromnetzes präsentieren die Forscher vom 7. bis 11. April auf der Hannover Messe am Fraunhofer-Gemeinschaftsstand in Halle 2, Stand D18.
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