KI zur intelligenten Überwachung von Windenergieanlagen nutzen
HKA und EnBW präsentieren gemeinsames Projekt auf dem Digital-Gipfel der Bundesregierung.
Prof. Dr. Christine Preisach aus der Fakultät für Informatik und Wirtschaftsinformatik der Hochschule Karlsruhe (Die HKA) und Dr. Martin Kato, Lead Data Scientist der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, konnten das gemeinsame Projekt „AutoDiagCM“ am 20. November 2023 auf dem Digital-Gipfel der Bundesregierung u. a. mit Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Verkehrsminister Volker Wissing in der Session „Wertschöpfungskette im Fokus: Wie digitale Prozesse und Produkte Anwenderunternehmen im globalen Wettbewerb erfolgreich machen“ vorstellen.
Prof. Dr. Christine Preisach und Dr. Martin Kato bei der Präsentation des Projekts „AutoDiagCM“ während des Digital-Gipfels der Bundesregierung. Foto: Meik Schlechtingen, EnBW
Um die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung und der Europäischen Union bei den erneuerbaren Energien zu erreichen, gilt es, die Ressourcen für die Energieversorgung effizient zu nutzen. Die Zustandsüberwachung von Windenergieanalgen spielt dabei eine wichtige Rolle, da sie Stillstandzeiten und Folgeschäden verhindern kann. Darüber hinaus ermöglicht eine präzise Fehlerfrüherkennung eine Steigerung des Energieertrags und den Übergang von einer rein reaktiven zu einer zustandsbasierten Instandhaltung der Anlagen.
Die Leistungsfähigkeit erneuerbarer Erzeugungsanlagen ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, wodurch auch zunehmend mehr Informationen verfügbar sind. Jede neue Analyse, Überwachungsmethode oder ein neuer Kennwert erhöht jedoch den Aufwand in deren Bewertung durch Experten. Mit zunehmender Anzahl der zu überwachenden Anlagen, Kennwerte und verfügbaren Signale wird auch die Verwaltung und Aktualisierung von Schwellenwerten zur Erkennung von Abweichungen immer komplexer und zeitintensiver. Ohne automatisierte und damit maschinelle Unterstützung wird es dadurch immer schwieriger, den Zustand der Anlagen zu beurteilen.
Da Schäden selten und sehr vielfältig auftreten können, benötigen selbstlernende Verfahren viele charakterisierende Schadensdaten. Diese Daten fehlen in der Praxis, wodurch solche Verfahren in der Regel nur allgemeine Aussagen über den Zustand einer Anlage erlauben, bspw. dass die Anlage auffällig ist. Notwendig wird dann eine manuelle Analyse, um auf bestimmte defekte Komponenten zu schließen.
Um die Ziele des Ausbaus erneuerbarer Energieerzeugung und die Optimierung der Instandhaltungskosten zu erreichen, ist daher die Entwicklung von skalierbaren Überwachungsmethoden notwendig. Der Überwachungsaufwand darf sich mit steigendem Ausbau solchern Anlagen nicht weiter erhöhen. Dies erfordert automatisierte Diagnosen von Schäden und den Austausch von Erkenntnissen zwischen Anlagen.
An der Entwicklung eines solchen Systems arbeiten Expert*innen der HKA und der EnBW derzeit mit Hochdruck im Projekt „Condition Monitoring 4.0 bei Windenergieanlagen (AutoDiagCM)“, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit rund 1,34 Mio. Euro bis Ende September 2025 gefördert wird.
Eine moderne Windenergieanlage verfügt heute über knapp 2000 Betriebsdatenpunkte bzgl. Temperaturen, Druckverhältnisse oder Ströme. Hinzu kommen Messdaten und Ergebnisse von Spezialsystemen wie Rotorblatt-, Struktur- oder Triebstrangüberwachung. Will man alle diese Daten aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten, Abweichungen von deren Normalzuständen interpretieren oder müssen diese Daten für unterschiedliche Überwachungsaufgaben speziell aufbereitet und weiterverarbeitet werden, entstehen schnell zehntausende von Parametern pro Anlage, die überwacht werden müssen. Werden diese vielen Parameter allerdings mit Schäden und Ereignissen kombiniert, wie sie sich z. B. aus Instandsetzungsprotokollen ergeben, entstehen Datensätze, mit denen maschinelles Lernen möglich wird.
Deutlich wird dieses Prinzip z. B. bei der Betrachtung eines defekten Windgeschwindigkeitssensors. Das Signal „Windgeschwindigkeit“ kann aus verschieden Richtungen eingeordnet werden:
- Passt die Windgeschwindigkeit noch zur Leistung?
- Verhält sich das Signal an sich auffällig (bspw. träger oder im Niveau verändert)?
- Bei zwei verbauten Sensoren: Weicht die Windgeschwindigkeit A von der
Windgeschwindigkeit B an der gleichen Anlage ab? - Hat sich das Verhältnis der Windgeschwindigkeit von der einen Anlage zur
Windgeschwindigkeit der Nachbaranlage geändert?
All diese Fragen lassen sich mit modernen Überwachungsmethoden beantworten und in Form von Parametern ausdrücken, die eine Abweichung beschreiben. Problematisch ist allerdings dabei, dass jede Überwachungsmethode nicht zu 100 % genau und damit fehleranfällig ist. Ein solches System produziert ohne weitere Nachbearbeitung bei entsprechend großer Abweichung eine Vielzahl von Alarmen, die nur für den Einzelfall händisch analysierbar sind und zur richtigen Diagnose führen.
Angewendet auf eine Vielzahl von Anlagen versagt dieser Ansatz schlicht schon aufgrund der absoluten Fallzahl und des zu bearbeitenden Datenvolumens. Die Verknüpfung der Vielzahl an Informationen mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) könnte hier helfen, das Problem zu lösen.
Gemeinsam möchten nun HKA und EnBW im Projekt AutoDiagCM mit maschinellem Lernen KI dazu einsetzen, ein System zur intelligenten Überwachung von Windenergieanlagen zu entwickeln, um folgende Ziele zu erreichen:
- eine hohe Überwachungsbreite und -tiefe
- eine Automatisierung des Diagnoseprozesses
- eine kontinuierliche Weiterentwicklung auf Basis historischer und bereits erkannter Schäden
- eine Übertragbarkeit von Erkenntnissen und Fehlern auf Anlagen des gleichen Typs
- eine flexible Erweiterbarkeit, indem zusätzliche Datenquellen und Analysemethoden integriert werden können
Durch die Verfolgung dieser Ziele wird eine ganzheitliche und fortschrittliche Überwachungslösung angestrebt, die den manuellen Überwachungsaufwand deutlich senkt.
Originalpublikation:
https://h-ka.statusinfo.live/newsdetails/ki-zur-intelligenten-ueberwachung-von-w…
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