Lautsprechertechnologie – energieeffiziente Mikrolautsprecher für In-Ohr-Kopfhörer

In-Ohr-Kopfhörer, die kabellos in den Gehörgang gesteckt werden, könnten das Smartphone künftig ablösen. Die Basis dafür legte ein Forscherteam des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme IPMS und der Bosch Sensortec GmbH mit einer neuartigen Technologie für die integrierten Mikrolautsprecher – und erhält dafür den Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2023.

Sollte uns das Handy anfangs lediglich das Telefonieren unterwegs ermöglichen, vereint es mittlerweile Bankfiliale, Einkaufscenter, Musikanlage, Navigationssystem, Fernseher und vieles mehr. Und die technologische Entwicklung geht weiter: Den Platz des Smartphones könnten künftig intelligente In-Ohr-Kopfhörer mit direkter Internetschnittstelle einnehmen. Elementar dafür sind ein minimaler Energieverbrauch und ein geringes Bauvolumen, eine geringe Leistungsaufnahme bei hohem Schalldruck sowie niedrige Produktionskosten. Dafür bieten sich Mikroelektromechanische Systeme, kurz MEMS, an. Doch bislang mangelte es am Herzstück solcher In-Ohr-Kopfhörer: der geeigneten Lautsprechertechnologie. Die Technologien, die es derzeit auf dem Markt gibt, sind für solche anspruchsvollen Anwendungen noch nicht geeignet – sei es aufgrund des Miniaturisierungsgrads, der Integrationsfähigkeit, der Kostenreduktion, der Skalierbarkeit der Produktion oder der Leistungsaufnahme bei hohen Schalldrücken.

Mikrolautsprecher – erstmals funktional und sparsam

Forschende des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme IPMS haben nun einen wichtigen Schritt in Richtung eines intelligenten In-Ohr-Kopfhörers gemacht – und entwickelten das fehlende Herzstück: Mini-Lautsprecher, die sich über Mikroelektronik-Technologien herstellen lassen und die vom Markt geforderte Lautheit von 120 Dezibel ohne hohen Energiebedarf erreichen. Für ihre Entwicklung erhalten Dr. Bert Kaiser und Dr. Sergiu Langa vom Fraunhofer IPMS sowie Holger Conrad von der Bosch Sensortec GmbH den Joseph-von-Fraunhofer-Preis.

Neue Ansätze bei Design und Antriebstechnologie

Die Entwicklung der Mini-Lautsprecher gelang aufgrund von zwei neuartigen wissenschaftlichen Ansätzen: Einerseits einem gänzlich neuen Design des Lautsprechers, der nicht wie üblich auf einer vertikal auslenkbaren Membran beruht, sondern bei dem sich die schallverdrängenden Elemente senkrecht in einem Silizium-Chip befinden. Andererseits auf einer neuen Antriebstechnologie für diese Elemente, den Nano e-drive-Aktoren, die die Schallerzeugung erst möglich machen. Beide Neuerungen sind kaum voneinander zu trennen. »Mit der Aktorik, einem elektrostatischen Hebel, haben wir ein grundlegendes Problem gelöst: Man kann damit sehr große Auslenkungen und somit große Lautstärken realisieren«, sagt Bert Kaiser. Legt man eine Spannung an, bewegt sich der Hebel – wie ein elektrostatischer Muskel. Auf diese Weise konnten die Forschenden mit kleinen Spaltabständen große Bewegungen realisieren. Wie dieser Hebel genau aussehen muss, damit er sich besonders effizient und mit großen Auslenkungen bewegt, untersuchte Bert Kaiser in seiner Dissertation. Zahlreiche solcher Hebel stapelten die Forschenden hochkant in den Chip. Sie bilden quasi eine Lautsprechermembran, allerdings nicht wie bisher an der Oberfläche, sondern in das Volumen des Chips hinein. Bewegen sich die Hebel angeregt durch eine Spannung, pressen sie das Luftvolumen über eine Auslassöffnung aus dem Chip heraus und erzeugen somit die Töne. Diese Idee wurde in zahlreiche Diskussionen auch mit dem Institutsleiter des Fraunhofer IPMS, Prof. Harald Schenk, geboren.

Um die Lautsprecher zu vermarkten, wurde 2019 die Arioso Systems GmbH als Spin-off des Fraunhofer IPMS und der Forschungsarbeiten an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg gegründet. Wesentliche Beiträge zu diesem Erfolg, so-wohl auf Technologie- als auch auf Modellierungsseite, lieferte auch Dr. Hermann Schenk während seiner Zeit am Fraunhofer IPMS sowie später als Geschäftsführer der Ausgründung. Die Arioso Systems GmbH wurde wiederum im Sommer 2022 von der Bosch Sensortec GmbH übernommen – mit dem Ziel, Spitzenprodukte auf Grundlage der MEMS-Lautsprechertechnologie für den globalen Massenmarkt zu entwickeln.

Joseph-von-Fraunhofer-Preis

Seit 1978 verleiht die Fraunhofer-Gesellschaft jährlich Preise für herausragende wissenschaftliche Leistungen ihrer Mitarbeitenden, die anwendungsnahe Probleme lösen.
In diesem Jahr werden drei Preise mit jeweils 50 000 Euro an Forschergruppen aus unterschiedlichen Instituten vergeben.

Originalpublikation:

https://www.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/2023/mai-2023/lautsprech…

 

Media Contact

Roman Möhlmann Kommunikation
Fraunhofer-Gesellschaft

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