Ökostrom in Gas speichern: Innovatives Energiespeicherkonzept koppelt Stromerzeugung mit Biogasanlagen

Die Zukunft der Energieversorgung: Energie aus Ökostrom, gespeichert in Gas (© TU Wien)

Die Technische Universität Wien (www.tuwien.ac.at) bietet jetzt einen neuen Ansatz für die CO2-neutrale Ausbeute und bedarfsgerechte Speicherung von Alternativenergie, der die von Sonne und Wind abhängige Photovoltaik und Windkraft zur ökologischen Stromgewinnung zuverlässig und ideal ergänzt.

Das Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften an der TU Wien entwickelte eine Methode, mit der sich umweltfreundlich und wirtschaftlich Energie speichern lässt.

Mit dem neuen Energiespeicherkonzept lässt sich Ökostrom dafür nutzen, um aus Biomasse zusätzliches wertvolles Methan herzustellen. Man koppelt alternative Stromerzeugung mit Biogasanlagen und verwendet die überschüssige elektrische Energie in Zeiten von Produktionsspitzen dazu, um Wasserstoff zu erzeugen, der mit CO2 aus den Bioabfällen zum hochreinen und umweltfreundlichen Brennstoff Methan umgesetzt wird. Auf diese Weise lässt sich Energie nicht nur CO2-neutral und mit hohem Wirkungsgrad speichern, sondern auch mit relativ geringen Investitionen für Infrastruktur in bereits bestehende Erdgasnetze einspeisen.

Das zur Hannover Messe 2015 erstmals öffentlich vorgestellte „Power to Gas Energiespeicherkonzept“ zielt auf die Betreiber von Biogasanlagen, auf Stromproduzenten und Netzbetreiber, die nach Möglichkeiten der flexiblen Speicherung von Überschussstrom suchen, sowie auf Planer und Anlagenbauer.

Das Herzstück der Anlage ist die an der TU Wien entwickelte spezielle Gas-Filtertechnologie, die auf Gaspermeation beruht. Hierbei kommen besondere Membranen zum Einsatz, die das wertvolle Methan aus dem Biogas herausfiltern.

Der Erfolg dieser Technik wurde bereits in großen Versuchsanlagen im Industriemaßstab nachgewiesen. Die effiziente Membran-Filtertechnik ermöglicht die Gewinnung sehr reinen Methans, das die bestehenden Richtlinien und Grenzwerte für die Einspeisung von Gas in lokale Erdgasnetze einhält.

Kohlendioxid zu Methan umwandeln

Zusätzlich zum Herausfiltern des Methans entwickelte im Forschungsbereich Thermische Verfahrenstechnik & Simulation die Arbeitsgruppe um Prof. Michael Harasek eine Methode, mit der sich auch das Kohlendioxid als zweiter Hauptbestandteil von Biogas nutzen lässt. Durch die Methanisierung von CO2 kann die Methanausbeute aus der Biogasproduktion verdoppelt werden.

„Ökostrom wird genutzt, um Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufzuspalten“, erläutert Prof. Harasek das Prinzip, „den dabei gewonnenen Wasserstoff setzen wir mit dem aus dem Biogas abgeschiedenen Kohlendioxid um und gewinnen dabei nochmals Methan.“

CO2-Methanisierung verdoppelt die Methanausbeute aus Biogasproduktion

Eine Biogasanlage liefert rund um die Uhr gleichmäßig Methan und CO2. Die elektrische Energie, die aus Photovoltaik, Windkraft oder anderen alternativen Stromquellen kommt, kann hingegen stark schwanken.

„Das ist kein Problem, wir können das CO2 einfach zwischenspeichern und überschüssigen Strom in Spitzenzeiten zur Elektrolyse verwenden“, sagt Michael Harasek. Letzten Endes wird die elektrische Energie in Form von Methan gespeichert, das als hochreiner und umweltfreundlicher Brennstoff problemlos und ohne zusätzliche Infrastruktur in das bereits bestehende Erdgasnetz eingespeist werden kann.

Die Filtertechnologie kommt dabei auf zweifache Weise zum Einsatz – abhängig davon, ob gerade überschüssiger Strom für die Elektrolyse zur Verfügung steht oder nicht. Dieselbe Membran filtert einerseits das Biogas und andererseits das Gas, das bei der Methanisierung von CO2 entsteht. Nur das Methan wird separiert; die Anteile von nicht umgesetztem Kohlendioxid und Wasserstoff werden wieder zurückgeführt, sodass das gesamte CO2 schließlich Schritt für Schritt vollständig methanisiert werden kann.

Erfolgreiche Tests mit unterschiedlichen Gasmischungen für die beiden Prozessvarianten liegen bereits vor. Groß angelegte Pilot-Tests werden im Rahmen der Research Studio Austria Projekte „EE-Methan aus CO2“ und „OptFuel“ in enger Kooperation mit dem Institut für Verfahrenstechnik der Montanuniversität Leoben und dem Energieinstitut der Johannes Kepler Universität Linz stattfinden. Dabei werden die Prozesskombination Methanisierung-Gasaufbereitung sowie mit Biogas-Methanisierung-Gasaufbereitung ab Juli 2015 im Detail untersucht.

Kernpunkte und Innovationen des neuen Konzeptes:

Im Vergleich zu bestehenden Power-to-Gas-Verfahren bietet das neue System zur flexiblen Speicherung von elektrischem Strom folgende Vorteile:

* Gut in bestehende Biogasanlagen (mit Membranaufbereitung) integrierbar.
* Duale Nutzung der Membran-Aufbereitungsanlage für Biogas sowie Gas aus der Methanisierung.
* Verdopplung der Biomethanproduktion am Standort einer Biogasanlage möglich – durch Methanisierung des CO2 aus dem Biogas mit erneuerbarem Wasserstoff.
* Hohe Prozesssicherheit auch bei schwankender Verfügbarkeit von billigem Überschuss-Strom.
* Wertvolle Prozesswärme auf hohem Temperatur-Niveau aus der Methanisierung nutzbar für Biogasbetrieb.
* Zwischenspeicherung von CO2 und H2 ermöglicht die flexible Betriebsweise für eine zeitlich schwankende Methanisierung.
* Automatische Zuschaltbarkeit der Methanisierung.
* Robuste und vielfach erprobte Membrantrenntechnik sichert hohe Methanqualität und –ausbeute für die Gasnetzeinspeisung.
* Verfügbarkeit einer höchst effizienten, hochdynamischen und kostengünstigen Entschwefelungstechnologie (Entwicklung der TU Wien).
* Kostengünstiger Retrofit und flexible Zusatznutzung von bestehenden Biogas-Standorten mit Membran-Aufbereitungsanlagen zur Biomethan-Netzeinspeisung.
* Geringe Investitions- und Betriebskosten – z.B. einstufige Methanisierung mit um bis zu 25% geringeren Investitionskosten.
* Einhaltung strenger EU-Normen für die Produktion von Biomethan und anderen länderspezifischen Gasqualitäten bis zu einem Gehalt von 99,5% Methan.
* Problemfreies Einhalten von Grenzwerten für H2, CO2 und CO gemäß regionaler Einspeiserichtlinien.

„Das Ziel unserer Arbeitsgruppe ist es gewesen, ein energetisch und wirtschaftlich effizientes sowie ökologisch nachhaltiges Gesamtkonzept für den Power-to-Gas-Ansatz zu entwickeln“, resümiert Prof. Harasek, „unsere jahrelang vorangetriebene Erforschung von Gastrenntechniken an der TU Wien hatte zur Entwicklung von neuen, hoch effizienten Prozessschaltungen mit geringer Membranfläche und niedrigem Energieverbrauch geführt, die sich dann als prädestiniert für den Einsatz in dem angestrebten neuen Power-to-Gas-Konzept erweisen sollten.“

Und blickt der Professor erwartungsvoll in die Zukunft: „Die realistische Vision, die sich mit unserem neuen Konzept eröffnet, sind viele kleine dezentrale umweltfreundliche Kraftwerksanlagen, die auf CO2-neutrale Weise und angepasst an den aktuellen Bedarf Strom und Erdgas liefern.“

Über die TU Wien

Die Technische Universität Wien ist mit 4.500 MitarbeiterInnen und 28.000 Studierenden (29% aus dem Ausland) die größte naturwissenschaftlich-technische Universität in Österreich.
Die TU Wien ist eine Forschungsuniversität mit intensiver Grundlagenforschung, hoher Ingenieurskompetenz und enger Kooperation zwischen den verschiedenen Disziplinen. Das mit externen Firmenpartnern und Fördereinrichtungen abgewickelte Projektvolumen erreicht über 1/3 der staatlichen Basisfinanzierung.

Die TU Wien liefert nicht nur Forschungsergebnisse, sondern auch einsatzbereite Technologien.
Der Forschungsbereich Thermische Verfahrenstechnik & Simulation wird von Prof. Dr. Anton Friedl geleitet und befasst sich mit der energie- und ressourceneffizienten Gestaltung von Prozessen und Technologien, die in der chemischen, biochemischen und Umwelt-Verfahrenstechnik angewandt werden.

Ein Schwerpunkt sind thermische Trenntechnik – beispielsweise Membrantrennverfahren – sowie Absorption, Extraktion und Rektifikation. Zu den Anwendungsgebieten zählen die Reinigung und Trennung von gasförmigen und flüssigen Fermentationsprodukten (Biogas, Biowasserstoff, Bioethanol; ABE-Fermentationsprozess), Wasser- und Abwasserbehandlung, Bioraffinerien sowie industrielle Produktionsprozesse.

In der Forschung und für Entwicklungen werden Prozess-Simulation, fluiddynamische Simulation und multivariate Datenanalyse eingesetzt bzw. weiterentwickelt.

Der Forschungsbereich ist Teil des Institutes für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften der TU Wien. Einige neue Verfahren und Produkte dieses Institutes sind beschrieben unter www.tuwien.ac.at/HM2015 .

Kontakt Institut:
Prof. Michael Harasek
TU Wien – Institut für Verfahrenstechnik,
Umwelttechnik und Techn. Biowissenschaften
Getreidemarkt 9 /166, 1060 Wien, Österreich
T: +43 (0)1-58801-166 202
michael.harasek@tuwien.ac.at

Kontakt Marketing:
Dipl.-Ing. Peter Heimerl
TU Wien – Forschungsmarketing
Karlsplatz 13 /E006A, 1040 Wien, Österreich
T: +43 (0)1-58801-406110
M: +43 (0)664-605 88 3320
peter.heimerl@tuwien.ac.at

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Doris Kucera TU Wien

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