Positionspapier: Sichere Infrastruktur für Wasserstoff

Wasserstoff sicher speichern, transportieren und verteilen: Dazu braucht es widerstandsfähige Werkstoffe und Sensorik für eine zuverlässige Leckagedetektion.
© Fraunhofer IPM

Forschungsprojekt TransHyDE…

Hohe Sicherheitsstandards sind Voraussetzung, um Wasserstoff als Energieträger zu nutzen. Ein jüngst erschienenes Positionspapier gibt Einblick in den Stand der Technik und definiert zugleich Maßnahmen und Technologien, die für den Aufbau einer sicheren Wasserstoff-Infrastruktur erforderlich sind. Die Publikation »Die Wasserstoff-Infrastruktur in Deutschland: Sicher in die Zukunft« entstand im Rahmen des vom BMBF geförderten Wasserstoff-Leitprojekts TransHyDE.

Mehrere Teams aus Forschenden dreier Fraunhofer-Institute und Industriepartnern widmeten sich in den vergangenen drei Jahren den unterschiedlichen Aspekten einer sicheren Wasserstoff-Infrastruktur. Untersucht wurden u. a. die Wasserstofftauglichkeit von Werkstoffen, Speicherkonzepte sowie Technologien, die die Betriebssicherheit und Qualität bei der Produktion und Verteilung von Wasserstoff gewährleisten sollen.

Werkstoffe und Komponenten: Neue Sicherheitsstandards und Prüfverfahren gefragt

Für eine breite Nutzung und Akzeptanz von Wasserstoff müssen das vorhandene Erdgasnetz und die lokale Infrastruktur bei Verbraucherinnen und Verbrauchern hohe Sicherheitsstandards erfüllen. Dazu bedarf es neuer standardisierter Verfahren, nach denen Rohrleitungswerkstoffe und Peripheriekomponenten geprüft werden, argumentieren die Forschenden. Sie haben vorhandene Prüfverfahren evaluiert und den Rahmen für notwendige neue Prüfverfahren und Richtlinien abgesteckt, zu denen beispielsweise Untersuchungen zur Materialversprödung durch Wasserstoff gehören.

Speicherung: Viel Speicherpotenzial für H2 im geologischen Untergrund

Ebenfalls untersucht wurden verschiedene Speichermethoden für Wasserstoff. Das Positionspapier gibt einen umfassenden Überblick über die Vor- und Nachteile von Druckbehältern, Untertagespeichern sowie flüssiger und chemischer Speicherung von Wasserstoff. Das größte Potenzial für die großvolumige Speicherung bietet in Deutschland der geologische Untergrund. Für die unterirdische Speicherung von H2 im großen Stil müssen nach Ansicht der Forschenden jedoch eine Reihe technologischer Fragen geklärt werden, denn die Erfahrungen mit der Speicherung von Erdgas sind auf Wasserstoff nicht ohne Weiteres übertragbar: Welche geologischen Formationen sind unter ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Gesichtspunkten am besten geeignet für die Speicherung von Wasserstoff? Wie groß ist die Kapazität dieser möglichen Lagerstätten in Deutschland? Wie müssen Barriereelemente beschaffen sein, um das unkontrollierte Austreten des unter hohem Druck gespeicherten Gases zu verhindern? Erste Antworten auf diese Fragen geben die Autorinnen und Autoren in ihrer Publikation, konstatieren aber zugleich, dass weitere Forschung notwendig ist.

Betriebssicherheit: Sensorik zur Leckagedetektion und Qualitätsüberwachung

Eine permanente Überwachung wasserstoffführender Systeme ist nötig, um Brände oder Explosionen zu verhindern. Dazu braucht es fest installierte H2-Warnsensoren und Sensorsysteme für die Ferndetektion, die Leckagen innerhalb kürzester Zeit zuverlässig entdecken. Im Positionspapier erörtern die Autorinnen und Autoren Vor- und Nachteile aller wesentlichen Messprinzipien zur Detektion von Wasserstoff. Neuartige Sensoren sind ihrer Ansicht nach nötig: Erstens, um H2 flächendeckend, kostengünstig und zuverlässig zu detektieren; zweitens, um die Qualität des Gases, das aus unterschiedlichen Quellen kommt, zu bestimmen. Das Positionspapier gibt einen umfassenden Überblick über mögliche Verunreinigungen von H2 und geeignete Messverfahren zur Bestimmung der Gasreinheit, die vor allem beim Einsatz von Wasserstoff in Brennstoffzellen eine wichtige Rolle spielt.

Erste konkrete Ergebnisse aus dem Projekt TransHyDE stellt das Positionspapier vor: Fraunhofer IPM entwickelte ein kostengünstiges Raman-Spektrometer für die selektive Wasserstoffdetektion sowie einen photoakustischen Sensor zur Echtzeit-Messung der Reinheit von Wasserstoff. Mit dem RMA-H2-Loop entstand der weltweit größte Wasserstoffprüfstand für Gasmengenzähler beim Industriepartner RMA Rheinau. Im Teilprojekt H2Direkt konnten die Projektpartner zeigen, dass das bestehende Erdgasnetz grundsätzlich mit 100 Prozent Wasserstoff betrieben werden kann. Dazu koppelten sie einen Netzbereich für zunächst 18 Monate ab und versorgten zehn Haushalte und einen Gewerbekunden erfolgreich mit Wasserstoff.

Wasserstoff-Leitprojekt TransHyDE

TransHyDE ist eines von vier Wasserstoff-Leitprojekten, einer Förderinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) mit einem Gesamtvolumen von ca. 740 Mio. Euro.

Im Rahmen von TransHyDE werden Lösungen für den Transport von Wasserstoff konzipiert und bewertet. TransHyDE umfasst die vier Demonstrationsprojekte: Wasserstofftransport in Hochdruckbehältern, Flüssigwasserstofftransport, Wasserstofftransport in bestehenden und neuen Gasleitungen, Transport von in Ammoniak oder dem Trägermedium LOHC gebundenem Wasserstoff. Fünf zusätzliche wissenschaftliche Projekte widmen sich dem systemischen Rahmen einer zukünftigen Wasserstoff-Infrastruktur. Neben den Themen »Erstellung einer Roadmap für eine zukünftige Wasserstoff-Infrastruktur«; »Erarbeitung von Standards, Normen und Sicherheitsvorschriften«; »Lösung von Wasserstoff aus Ammoniak« oder »Betanken von Behältern mit flüssigem Wasserstoff« geht es auch um die »Sicherheit beim Wasserstoff-Transport«.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr.-Ing. Carolin Pannek, Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM carolin.pannek@ipm.fraunhofer.de

Originalpublikation:

TransHyDE. Die Wasserstoff-Infrastruktur in Deutschland: Sicher in die Zukunft.
Pannek, Carolin; Wanzenberg, Elke; Michler, Thorsten; Schweizer, Frank; Alms, Katharina; Hoefer, Ulrich; Bolwien, Carsten; König, Jan; Wöllenstein, Jürgen; Dues, Sabine; Weber, Christian; Plocher, Thomas; Erb, Tanja; Wanke, Elke; Gaßner, Manuel; Edenhofer, Thorsten; Zigelli, Niklas; Engelhaupt, Swen
https://doi.org/10.24406/publica-3126

Weitere Informationen:

http://www.ipm.fraunhofer.de Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM

https://www.ipm.fraunhofer.de/de/presse_publikationen/Presseinformationen/wasserstoff-infrastruktur-positionspapier.html

Media Contact

Holger Kock Kommunikation und Medien
Fraunhofer IPM

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Energie und Elektrotechnik

Dieser Fachbereich umfasst die Erzeugung, Übertragung und Umformung von Energie, die Effizienz von Energieerzeugung, Energieumwandlung, Energietransport und letztlich die Energienutzung.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Windenergie, Brennstoffzellen, Sonnenenergie, Erdwärme, Erdöl, Gas, Atomtechnik, Alternative Energie, Energieeinsparung, Fusionstechnologie, Wasserstofftechnik und Supraleittechnik.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Die Roboterhand lernt zu fühlen

Fraunhofer IWS kombiniert Konzepte aus der Natur mit Sensorik und 3D-Druck. Damit Ernteroboter, U-Boot-Greifer und autonome Rover auf fernen Planeten künftig universeller einsetzbar und selbstständiger werden, bringen Forschende des Fraunhofer-Instituts…

Regenschutz für Rotorblätter

Kleine Tropfen, große Wirkung: Regen kann auf Dauer die Oberflächen von Rotorblättern beschädigen, die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit von Windenergieanlagen können sinken, vor allem auf See. Durch die Entwicklung innovativer Reparaturlösungen…

Materialforschung: Überraschung an der Korngrenze

Mithilfe modernster Mikroskopie- und Simulationstechniken konnte ein internationales Forschungsteam erstmals beobachten, wie gelöste Elemente neue Korngrenzphasen bilden. Mit modernsten Mikroskopie- und Simulationstechniken hat ein internationales Forscherteam systematisch beobachtet, wie Eisenatome…